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Reisemedizin

Mit Rheuma unterwegs

13.09.2011  14:54 Uhr

Von Brigitte M. Gensthaler, München / Patienten mit rheumatischen Erkrankungen dürfen nahezu unbegrenzt reisen. Allerdings haben sie ein erhöhtes Erkrankungsrisiko bei Fernreisen und brauchen vorab eine gute Beratung. Auch in der Apotheke.

»In exotische Länder sollten Menschen mit rheumatischen Erkrankungen am besten in der Remissionsphase reisen«, sagte Professor Dr. Hans-Dieter Nothdurft auf einem Symposium beim Rheumatologenkongress in München. Auch in den ersten sechs Wochen nach der Neueinstellung auf ein DMARD (Disease Modifying Anti-Rheumatic Drug) oder ein Biological sollten sie möglichst nicht in die Ferne schweifen, damit der behandelnde Arzt die Therapie engmaschig überwachen und bei Nebenwirkungen rasch handeln kann.

 

Patienten, die Immunsuppressiva einnehmen, haben ein erhöhtes Risiko für Infektionen durch Viren, Bakterien, Pilze und Parasiten. Als Beispiele nannte der Münchner Tropenmediziner Tuberkulose, Malaria, Typhus, Shigellosen, Salmonellosen, Amöbiasis und Systemmykosen. Auch opportunistische Infektionen wie Leishmaniose, Toxoplasmose, Kryptosporidiose oder Cytomegalievirus-Infekte kämen bei immunsupprimierten Menschen häufiger vor.

 

Auf Reisen sollten sich Rheumapatienten besonders vor Magen-Darm-Infekten in Acht nehmen, riet Nothdurft. Denn infolge von Dehydratation, zum Beispiel durch starkes Erbrechen und Diarrhö, können die Blutspiegel von Immunsuppressiva und deren Nephro­toxizität ansteigen. Bei starkem Erbrechen sei die Resorption peroral applizierter Arzneistoffe gefährdet. Daher sollten die Patienten die allgemeinen Hygieneregeln zur Ernährung strikt beachten, mahnte Nothdurft. Das gilt natürlich auch für Trinkwasser. Also: keine Eiswürfel im Getränk.

Ebenfalls wichtig ist der Schutz vor Mückenstichen, da Mücken nicht nur Malaria, sondern auch arthrogene Viren übertragen können (siehe Kasten). Generell sollte man sich vor Verletzungen schützen, da schon kleine Hautrisse Eintrittspforte für Keime sein können. Der Tropenmediziner warnte daher vor dem Barfußlaufen. In Verbreitungsgebieten der Bilharziose sollte der Reisende keinesfalls in Süßwasser baden, da hier Larven der Pärchenegel leben können. Bei Kontakt bohren sie sich durch die Haut und infizieren den Menschen.

 

Wichtig für die Beratung zum Sonnenschutz: Arzneimittel wie Methotrexat und Ciclosporin können die Lichtempfindlichkeit erhöhen. Patienten mit Kollagenosen, zum Beispiel Lupus erythematodes, sollten starkes Sonnenlicht meiden, da es die Krankheit aktivieren kann.

 

Auf jeden Fall impfen

 

Reisende mit Rheuma brauchen die üblichen Standard- und Reiseimpfungen. Diese werden am besten in einer stabilen Krankheitsphase gespritzt (lesen Sie dazu auch Immunsuppression: Keine Angst vorm Impfen! PZ 22/2011). Die Angst, dass die Impfung Krankheitsschübe auslösen kann, ist unbegründet. »Totimpfstoffe sind unbedenklich für immundefiziente Menschen, aber die Immunantwort kann vermindert sein«, erklärte Nothdurft. Die Impfungen sollten möglichst vor einer geplanten immunsuppressiven Therapie gegeben werden. Ansonsten kann der Arzt den Impferfolg mittels Antikörperbestimmung kontrollieren. Ist eine Therapie mit B-Zell-depletierenden Arzneistoffen wie Rituximab geplant, muss vorher geimpft werden.

 

Lebendimpfstoffe sind während einer immunmodulatorischen Therapie kontraindiziert. Sie dürfen frühestens drei Monate nach Absetzen des Immunsuppressivums gespritzt werden. »Das gilt auch für niedrig dosiertes Methotrexat und Leflunomid.« Hat der Patient länger als 14 Tage hoch dosierte Glucocorticoide (mehr als 20 mg Prednisolon-Äquivalente pro Tag) eingenommen, sei eine Lebendimpfung frühestens nach einem Monat erlaubt. War die Einnahmezeit kürzer, darf die Impfung laut Nothdurft gleich nach dem Absetzen gegeben werden. Niedrig dosierte oder lokal applizierte Corticoide sind keine Kontraindikation. Nach Chemotherapie und Stammzelltransplantation muss man ein Jahr warten.

Arthritis nach Mückenstich

Infektionen mit bestimmten Viren können Arthritiden auslösen. Diese zeigen sich meist als akute, selbstlimitierende Polyarthritiden, die nicht zur Gelenkzerstörung führen. Oft leiden die Patienten zudem an Hautausschlägen und Fieber. »In der Regel sind die Erkrankungen mit nicht steroidalen Antirheumatika gut behandelbar«, erklärte Professor Dr. Andreas Krause, Berlin. Lange bekannt sind rheumatische Erkrankungen nach Infektionen mit Parvovirus B19 (Erreger der Ringelröteln), Rötelnvirus, Hepatitis-B- und -C-Virus oder HIV. Doch auch Infektionen mit Sindbis- und Chikungunya-Viren können heftige Gelenkbeschwerden auslösen. Diese von Stechmücken übertragenen Erreger kommen inzwischen auch in Mitteleuropa vor, so Krause.

In der Apotheke sollte man auf Inter­aktionen zwischen Medikamenten zur Malariaprophylaxe und der Rheumamedikation achten. Beispielsweise kann Chloroquin die Wirkung von Folsäure-Antagonisten wie Methotrexat verstärken und die Plasmakonzentra­tion von Ciclosporin erhöhen. Auch Doxycyclin kann die toxische Wirkung von Ciclosporin erhöhen.

 

Bekommt ein Patient Biologicals, muss die Apotheke ihn auf die Kühl­lagerung hinweisen. Im Internet berichten zwar zahlreiche Traveller von bis zu zwölfstündigen Unterbrechungen der Kühlkette, zum Beispiel bei Reisen in Indien. Ob dies jedoch ohne Wirkverlust erlaubt ist, ist im Einzelfall zu klären. In der Regel erteilen die Herstellerfirmen Auskünfte über Stabilitätsuntersuchungen ihrer Präparate auf Nachfrage.

 

Die Patienten sollten in die Reiseapotheke keine Acetylsalicylsäure zur Fiebersenkung einpacken, mahnte Nothdurft. Diese könnte die Gefahr von Hämorrhagien, zum Beispiel bei Malaria oder Denguefieber, erhöhen. Sein genereller Tipp: Arzneimittel in Deutschland oder Europa kaufen, um Fälschungen zu vermeiden. / 

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