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Heilquellen

Wasser ist kein Wunderelixier

19.08.2014  13:57 Uhr

Von Nicole Lücke / Seit Jahrhunderten nutzen Menschen Wasser für ihre Gesundheit. Über 350 Kurorte in Deutschland setzen Heil- und Thermalquellen therapeutisch ein. Sie können helfen, gesundheitliche Beschwerden zu lindern – mehr aber nicht.

Wasser scheint ein wahres Wunder­elixier zu sein – zumindest, wenn man den Worten der Marketingindustrie glaubt. Jede Quelle habe eine einzigartige Heilfraft, verspricht der Deutsche Heilbäderverband. Tatsächlich werden heiße und warme Quellen wegen ihres hohen Anteils an gelösten Mineralien für viele Therapien genutzt. Aufgrund seiner Herkunft aus tiefen Erd- und Gesteins­schichten ist Thermalwasser reich an Mineralstoffen wie zum Beispiel Schwefel, Calcium, Natrium, Fluor, Sulfaten und anderen Salzen, Kohlensäure und in geringen Dosen auch radioaktiven Elementen wie Radon. Mindestens 20 Grad Celsius muss das Wasser noch warm sein, wenn es an die Erdoberfläche tritt.

»Eine hohe Wassertemperatur fördert die Durchblutung«, sagt Dr. Johannes Naumann, Leiter des Interdisziplinären Behandlungs- und Forschungszentrums (IBF) Balneologie in Bad Krozingen. Ideal für Bäder sei eine Temperatur, die etwas niedriger sei als die des Körpers, etwa 34 Grad Celsius. »Obendrein fördert der Wasserdruck den Rückstrom des Blutes zum Herzen. Gleichzeitig wird der Blutdruck gesenkt.« Der natürliche Auftrieb sei zudem ideal für therapeutische Anwendungen bei Muskel- oder Gelenkbeschwerden. Allerdings treffe das auch auf jedes gut beheizte Hallenbad zu, eine Thermalquelle sei dafür nicht nötig. Haben die Inhaltsstoffe des Wassers keinen Effekt? »Sicherlich keinen großen«, sagt Naumann. Schließlich sei die Haut eine natürliche Barriere, »die ja gerade verhindern soll, dass fremde Stoffe in unseren Körper gelangen«. Wahrscheinlich könnten Mineralien dieses Hindernis daher so oder so nur im Promillebereich überwinden. Naumann kennt aber eine Ausnahme: Kohlendioxid (CO2). »Es wird über die Haut aufgenommen und fördert die Erweiterung winziger Gefäße, was weiter zu einem sinkenden Blutdruck beiträgt.« 

 

Kohlendioxid kann dem Wasser künstlich zugesetzt werden, der Effekt sei dann aber geringer, sagt Naumann, weil es sich etwa wie die Kohlensäure bei einer geöffneten Sprudelflasche schnell verflüchtige. Besser geeignet seien daher Thermalquellen mit permanent nachfließendem Frischwasser, das genug CO2 enthalte. Viele Thermalbäder vermitteln sogar den Eindruck, die Inhaltsstoffe ihrer Quellen hätten eine so intensive Wirkung, dass die Badezeit begrenzt werden müsste. »Wir haben diese Schilder in Bad Krotzingen längst abgeschraubt«, sagt Naumann. Badegäste sollten nur bei sehr hohen Temperaturen vorsichtig sein, denn das Schwimmen in über 40 Grad warmem Wasser könne den Kreislauf belasten. Spielen also die natürlichen Inhaltsstoffe im Wasser keine Rolle? Naumann möchte so weit nicht gehen. Traditionelles Wissen sollte man nicht unterschätzen, sagt er. »Schließlich fällt es uns in vielen Bereichen einfach schwer, die Wirkung nachzuweisen.« Als Beispiel nennt er das Moorwasser. Es gäbe Hinweise, dass hier die jeweilige Zusammen­setzung für die Haut eine Rolle spiele. Aber wie sollten Forscher beispielsweise mit Moorwasser eine Blind-Studie durchführen? Geruch, Farbe und Konsistenz ließen sich kaum nachahmen – die Kontrollgruppe würde merken, dass sie die Kontrollgruppe ist.

 

Patienten mit Neurodermitis oder Schuppenflechte profitieren allerdings von einem Inhaltsstoff im Thermalwasser, der ziemlich unangenehm riechen kann: Schwefel wirkt leicht entzündungshemmend, löst überflüssige Hautschuppen ab und aktiviert die Immunantwort der Haut. Die Beschwerden könnten sich deshalb zu Beginn der Behandlung sogar verstärken, »mittelfristig kann sich das Hautbild aber verbessern«, sagt Naumann. Leider sei das aber nicht immer der Fall.

Für Hautkrankheiten gelten Sole­bäder als die bessere Alternative. Sie zeichnen sich durch einen hohen Salzgehalt von bis zu 6 Gramm pro Liter aus. Kombiniert werden sie in der Regel mit UV-Licht. »Das Licht wird für diese Balneophototherapie entweder synchron zum Bad eingesetzt oder im Anschluss«, sagt Armin Faber, Geschäftsführer der Tomesa Fachklinik in Bad Salzschlirf, die auch mit Salz aus dem Toten Meer arbeitet. »Wir importieren dafür die Verkrustungen, die bei Verdunstungsprozessen entstehen.« Spurenelemente würden zum Teil noch künstlich zugesetzt, um die Zusammensetzung des Toten-Meer-Wassers möglichst genau zu imitieren. Es schwingt die Hoffnung mit, es möge Effekte geben, die nur noch nicht bewiesen sind. Sole-Therapien helfen in den meisten Fällen tatsächlich gut, allerdings nur für eine begrenzte Zeit, dann müssen sie wiederholt werden.

 

Innerlich angewendet, sind die Effekte von heilendem Wasser leichter messbar. Heilwasser fällt unter das Arzneimittelgesetz. Voraussetzung für die Zulassung als Arzneimittel ist der Nachweis einer vorbeugenden, lindernden oder heilenden Wirkung. Als Nahrungsergänzung lassen sich die Quellen gut einsetzen, etwa wenn Magnesium oder Calcium fehlen. Sulfathaltiges Mineralwasser fördert zum Beispiel die Verdauung, ein Zuviel kann aber auch leicht zu Durchfall führen. Deshalb sollte Heilwasser auch wie ein Arzneimittel behandelt und die Hinweise auf dem Flaschenetikett unbedingt beachtet werden. /

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