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Langzeiteinnahme von ASS

Nutzen überwiegt Risiken

12.08.2014  16:33 Uhr

Von Annette Mende / Wenn Menschen ab 50 sich etwas Gutes tun wollen, sollten sie täglich 75 bis 325 mg Acetylsalicylsäure (ASS) einnehmen, und zwar mindestens fünf, besser zehn Jahre lang. So lässt sich das Ergebnis einer aktuell im Fachjournal »Annals of Oncology« erschienenen Übersichtsarbeit zusammenfassen.

Die Autoren um Professor Dr. Jack Cuzick von der Queen Mary Universität London wägen darin den Nutzen der Langzeit-Einnahme von ASS gegen den möglichen Schaden ab. Auf der Negativ-Seite steht das bekannte Risiko für schwere Blutungen, insbesondere im Magen-Darm-Trakt. Schwerer wiegt allerdings neben der Reduktion des Herzinfarkt-Risikos vor allem eine Senkung der Krebs-Inzidenz und -Mortalität, die positiv zu Buche schlagen (doi: 10.1093/annonc/mdu225).

 

Nutzen gegen Krebs dominiert

 

Der Nutzen für den Anwender beruht dabei überwiegend auf der Schutzwirkung vor Krebs und nicht vor Herzinfarkt. Das überrascht bei diesem Arzneistoff, der aufgrund seiner Thrombozyten-Aggregations-hemmenden Wirkung seit Jahren zur Prophylaxe von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt wird, zur Krebs­prävention jedoch noch nicht standardmäßig empfohlen wird. Insbesondere bei Kolorektal-Karzinomen sei die Evidenz für eine Risikoreduktion durch ASS »überwältigend«, schreiben die Autoren.

 

Weniger gut belegt, aber laut Cuzick und Kollegen in mehreren Studien gezeigt wurde ein positiver Effekt auf die Inzidenz von Speiseröhren-Krebs. Bei anderen gastrointestinalen Tumoren seien die Daten weniger umfassend und teilweise widersprüchlich, auch das Ausmaß der Schutzwirkung scheine hier geringer zu sein. Als weitere Krebsformen, bei denen sich ASS geringfügig positiv auf die Erkrankungswahrscheinlichkeit auszuwirken scheint, nennen die Autoren Brust-, Prostata- und Lungenkrebs.

 

Schwere Blutungsepisoden sind zweifellos die gravierendste Nebenwirkung von ASS. Ihre Häufigkeit steigt unter Daueranwendung ausgehend von 0,57 bis 2,37 Prozent über einen 15-Jahreszeitraum vorsichtig geschätzt um 0,21 bis 1,05 Prozent. Im selben Zeitraum sinkt die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken oder einen Herz­infarkt oder Schlaganfall zu erleiden, abhängig vom Alter und dem Geschlecht zwischen 0,95 Prozent (Frauen, die als 50-Jährige mit der ASS-Einnahme beginnen) und 3,84 Prozent (Männer, die ab 65 Jahren ASS einnehmen), rechnen die Autoren vor.

 

Um einen Krebs- oder Herz-Kreislauf-bedingten Todesfall zu verhindern, müssten je nach Berechnungs-Modell und abhängig vom Geschlecht zwischen 46 und 213 Personen 20 Jahre lang ASS einnehmen. ASS habe damit einen Benefit in der Größenordnung der Statine, allerdings überwiegend aufgrund seiner Krebs-präventiven Wirkung und damit komplementär zu den Lipidsenkern, so die Autoren.

 

Offene Fragen

 

Obwohl ihre Ergebnisse die Langzeit­anwendung von ASS bei Älteren generell nahelegen, sehen die Autoren hinsichtlich mehrerer Fragestellungen weiteren Forschungsbedarf. Das betrifft erstens die Dauer der Anwendung: fünf Jahre, zehn Jahre oder gar noch länger? Auch ist unklar, ob es eine obere Altersgrenze gibt, ab der die Risiken den Nutzen überwiegen. Da sich das Blutungsrisiko mit jeder Lebensdekade annährend verdopple, sei eine Beschränkung der ASS-Prophylaxe in der Allgemeinbevölkerung auf Unter-70-Jährige bis zum Vorliegen weiterer Daten vermutlich sinnvoll, so Cuzick und Kollegen.

 

Künftige Studien sollten sich darüber hinaus der Frage widmen, ob zur Identifizierung von Personen mit erhöhtem Risiko für Magenblutungen alle Patienten vor Beginn der ASS-Langzeit-Prophylaxe standardmäßig auf Helicobacter pylori getestet werden sollten. Last but not least gelte es, die ideale Dosis für diese Art der ASS-Anwendung zu ermitteln.

 

Dass es aufgrund dieser Studie zu einer generellen Empfehlung der ASS-Prophylaxe kommen wird, ist allerdings fraglich. In der entsprechenden S3-Leitlinie heißt es: »Acetylsalicylsäure soll nicht zur Primärprävention des kolorektalen Karzinoms in der asymptomatischen Bevölkerung eingenommen werden.« Begründet wird das mit dem erhöhten Blutungsrisiko. Die Autoren der deutschen Leitlinie folgen damit einer Empfehlung der US-amerikanischen Preventive Services Task Force aus dem Jahr 2007. Es bleibt abzuwarten, ob die neuen Daten die Experten hierzulande und in Übersee überzeugen werden. /

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