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Neue Therapieoption

Blaues Licht lindert Rückenschmerzen

16.08.2011  14:15 Uhr

Von Christina Hohmann-Jeddi, Frankfurt am Main / Die Bestrahlung der Haut mit blauem Licht kann chronische Schmerzen lindern. Dabei induziert das Licht nicht nur Wärme und erhöht die Durchblutung, sondern hat noch antientzündliche und anti-apoptotische Eigenschaften.

Licht bestimmter Wellenlängen zu medizinischen Zwecken einzusetzen, ist nicht ganz neu: Mit Kunstlicht werden zum Beispiel Depressionen oder Psoriasis und mit Infrarotstrahlen Muskelverspannungen, Hexenschuss oder Mittelohrentzündungen behandelt. Bald könnte eine neue Möglichkeit, Licht zu nutzen, hinzukommen: Blaues LED-Licht gegen Rückenschmerzen.

»LED steht für lichtemittierende Dioden«, sagte Professor Dr. Matthias Born von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf auf einer Veranstaltung der Philips Light and Health Venture in Frankfurt am Main. LEDs seien effiziente, langlebige Lichtquellen, die ausschließlich Licht einer bestimmten Wellenlänge ausstrahlen und damit selektive Wirkungen in der Haut hervorrufen können. »Zum Beispiel blaues Licht der Wellenlänge 453 nm«, sagte Born. »Es hat zwar nur eine geringe Eindringtiefe von etwa 1 mm, entfaltet in der Haut aber spezifische Wirkungen.« Zum einen ist dies, wie bei anderen Strahlungsarten auch, die Wärmeproduktion. Das blaue Licht wird von Chromophoren absorbiert, dabei entsteht Wärme, die sich dann verteilt. Die Wärme führt zu einer Erweiterung der Blutgefäße und somit zu einer verbesserten Durchblutung. Zum anderen hat blaues Licht über die Wärmeproduktion hinaus noch weitere Wirkungen, sagte Born. In Versuchen mit Hautzellen zeigte sich, dass blaues Licht das Signalmolekül Stickstoffmonoxid (NO), das unter anderem ein Mediator der Vasodilatation ist, freisetzt. »UV-Licht hat diese Wirkung nachweislich auch«, sagte Born. Allerdings schade UV-Licht ab bestimmten Konzentrationen der Haut. »Dagegen ist blaues Licht unschädlich bis Dosen von 250 J/cm2«, so der Physiker. »Zum Vergleich: UV-Strahlung ist schon ab einer Dosis von 25 bis 30 J/cm2 schädlich.« Die Bestrahlung mit UV- oder blauem Licht führt zur nicht-enzymatischen Freisetzung von NO. Das Molekül verteilt sich im Gewebe und erhöht die Durchblutung mehr als die Wärme allein, so Born.

 

Auf die physiologische Bedeutung von Stickstoffmonoxid ging Professor Dr. Christoph Suschek vom Universitätsklinikum der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf näher ein. »NO wird im Körper durch sogenannte NO-Synthasen produziert, von denen bislang drei Isoformen bekannt sind.« Dies sind die endotheliale NO-Synthase (eNOS), die neuronale (nNOS) und die induzierbare (iNOS). Sie setzen NO bei der Oxidation von L-Arginin zu L-Ci­trullin frei. Das Signalmolekül NO hat eine ganze Reihe von Wirkungen: Es führt zur Erweiterung der Blutgefäße und verbessert den Blutfluss, es wirkt antithrombogen, anti-apoptotisch, steuert Entzündungsreaktionen, ist an der Schmerzmodulation beteiligt, bewirkt die Peniserektion und reguliert die Genexpression. »NO ist ein Tausendsassa«, sagte Suschek. »Etwa 30 Prozent unserer Gene werden von NO in irgendeiner Art beeinflusst.«

 

NO in der Haut

 

Erst seit wenigen Jahren ist bekannt, dass neben der enzymvermittelten auch eine enzymunabhängige NO-Synthese existiert. Sind Sauerstoffpartialdruck und pH-Wert niedrig, entstehe NO aus Nitrit (NO2-), so Suschek. Seine Arbeitsgruppe fand heraus, dass auch durch Lichtbestrahlung der Haut NO freigesetzt wird. Die Haut enthält viele Vorstufen von NO, vor allem Nitrit und S-nitrosierte Verbindungen, die unter Zufuhr von Lichtenergie zerfallen. Das dabei entstehende NO konnten die Forscher um Suschek auf der Haut nachweisen. Ob NO auch systemisch vorliegt, untersuchte seine Arbeitsgruppe in einem Solarium-Selbstversuch, bei dem sich Mitarbeiter einer UV-Ganzkörperbestrahlung aussetzten. »Der Gehalt an aktiven NO-Verbindungen im Blut stieg massiv an«, berichtete der Biologe. Dies führte sogar zu einer Absenkung des Blutdrucks, so Suschek. In anschließenden Untersuchungen wiesen die Forscher nach, dass die Bestrahlung mit blauem Licht den gleichen Effekt hat, obwohl die Strahlung einen deutlich niedrigeren Energiegehalt besitzt als UV.

Die Wirkung von blauem Licht auf chronische Schmerzen wurde in einer ersten kleinen Studie an Probanden mit Rückenschmerzen getestet. Die Teilnehmer berichteten von einer deutlichen Schmerzlinderung, die über zwei Stunden anhielt und besser war als bei Wärmebehandlung allein.

 

In der Pain-10-Studie wurde die Funktionalität eines mobilen Muskelschmerz-Behandlungsgerätes bei der Therapie von ansonsten gesunden Probanden mit moderaten bis mittelschweren Rückenschmerzen getestet. Dabei wurde der Effekt von blauem LED-Licht im Vergleich zu zwei Kontrollgruppen (grünes Licht und gar keine Bestrahlung) ermittelt. Die zweimal tägliche Bestrahlung mit blauem Licht für je 30 Minuten führte nach zehn Tagen zu einer deutlichen Verbesserung der Beschwerden im Vergleich zu den Kontrollgruppen. Eine weitere prospektive randomisierte placebo-kontrollierte Studie mit 170 Patienten ist gestartet, berichtete Suschek.

 

Noch arbeiten die Forscher mit einem Prototypen des Bestrahlungsgerätes. »Wir befinden uns gerade in der finalen Phase des Designs«, berichtete Gregor Jelen von Philips. Geplant sei ein mobiles, kleines Gerät mit LED-Lampen, die direkt am Körper anliegen, um möglichst viel Licht in die Haut eintragen zu können. Als Indikationen sind in erster Linie Muskelschmerzen gedacht, aber auch Psoriasis ist denkbar. /

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