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Multiple Sklerose

ASS hat Potenzial

14.07.2015  16:25 Uhr

Von Ulrike Viegener / Das therapeutische Potenzial der Acetyl­salicylsäure (ASS) scheint eine unendliche Geschichte zu ein. Jetzt wurde eine Übersichtsarbeit zu der Frage publiziert, inwieweit Patienten mit Multipler Sklerose (MS) möglicherweise von ASS profitieren könnten.

Die Pathogenese der MS ist hochkomplex: Abgesehen von den zentralen Pathophänomenen im ZNS – Entzündung, Demyelinisierung, Neurodegeneration – kommt es auch zu Störungen im Bereich der Blutgefäßsystems. So ist die Barrierefunktion der Blut-Hirn-Schranke gestört, und auch zerebrale Durchblutungsstörungen sind ein häufiger Befund. Dazu passen Studienergebnisse, denen zufolge MS-Patienten ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko tragen.

 

Verschiedene Faktoren

 

Das scheint besonders für Patienten mit erhöhten Antiphospholipid-Antikörpertitern zu gelten, und auch die eingeschränkte Mobilität vieler MS-Patienten könnte ein maßgeblicher kardiovasku­lärer Risikofaktor sein. Darüber hinaus könnten Nebenwirkungen gängiger MS-Medikamente eine Rolle spielen.

 

Wie der Publikation im Fachjournal »BMC Medicine« zu entnehmen ist, haben sich in verschiedenen Studien Hinweise auf ein erhöhtes Risiko ischämischer Hirninfarkte bei MS ergeben (DOI: 10.1186/s12916-015-0394-4). In einer Studie an MS-Patienten, die hospitalisiert werden mussten, wurde im ersten Jahr nach dem Klinikaufenthalt ein dreifach erhöhtes Risiko für ischämische Schlaganfälle festgestellt. Auch in puncto Herzinfarkt scheinen MS-Patienten gefährdet zu sein, schreiben die Autoren um Sheila Tsau von der Universität Kansas.

 

Definitiv erhöht ist laut übereinstimmender Aussage mehrerer Stu­dien das Risiko für Thromboembolien, was gut zusammenpasst mit dem MS-typischen Befund einer vermehrten Thrombozytenaggregation. Möglicherweise tragen die aktivierten Thrombozyten durch Ausschüttung proinflammatorischer Mediatoren zur Aufheizung entzündlicher Prozesse bei, die bei MS nicht nur im ZNS, sondern auch im Umfeld von Blutgefäßen nachweisbar sind.

 

Für das pathogenetische Szenario auf Gefäßebene wäre ASS eine interessante Wirksubstanz. Der Thrombozytenaggregationshemmer greift an einem Punkt an, der möglicherweise für die Gefäßkomplikationen im Rahmen der MS von zentraler Bedeutung ist. Von Vorteil im Hinblick auf eine mögliche Indikationsausweitung ist die Tat­sache, dass das präventive Potenzial der ASS hinsichtlich kardiovaskulärer Komplikationen durch große Studien gut belegt ist, zumindest was die Sekundär­prävention anbetrifft. Die Strategie würde wahrscheinlich darauf hinauslaufen, zunächst MS-spezifische kardiovaskuläre Risikofaktoren zu identifizieren und dann an entsprechenden Risikopatienten die Nutzen-Risiko- Relation einer Intervention mit ASS zu überprüfen.

 

Mögliche Remyelinisierung durch ASS

 

Dabei könnten auf der Nutzenseite noch weitere Effekte der ASS zu Buche schlagen: Das nicht steroidale Antirheumatikum kann möglicherweise auch das entzündliche Geschehen im ZNS günstig beeinflussen. In experimentellen Studien wurde gezeigt, dass ASS in der Lage ist, die Ausschüttung proinflammtorischer Mediatoren aus Gliazellen zu hemmen. Sehr interessant sind auch Hinweise, dass ASS möglicherweise Einfluss auf die Remyelinisierung nehmen kann. Der Wirkstoff scheint die Proliferation von Oligodentrozyten zu stimulieren, die für die Ausbildung der Myelinscheiden zuständig sind. Kürzlich wurde zudem gezeigt, dass ASS die Produktion des ziliären neurotrophen Faktors heraufreguliert, der bei der Myelinproduk­tion eine entscheidende Rolle spielt. Zudem bessert ASS die Fatigue, unter der viele MS-Patienten leiden. Das war zunächst episodisch aufgefallen und wurde inzwischen in ersten Studien bestätigt.

 

Aber die Anwendung von ASS könnte bei MS auch nachteilige Effekte haben. Es ist nicht auszuschließen, dass die Substanz die ohnehin gestörte Barrierefunktion der Blut-Hirn-Schranke weiter verschlechtert. Und auch die bei MS reduzierte Aktivität des mitochondrialen Komplex I könnte durch ASS weiter beeinträchtigt werden. Es ist also noch viel Forschungsarbeit zu leisten, bis die Nutzen-Risiko-Relation von ASS in dieser Indikation ausgelotet sein wird. /

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