Antiepileptikum aus Osteuropa bei Junkies beliebt |
19.07.2011 13:30 Uhr |
Von Annette Mende / Das in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion als Antiepileptikum zugelassene Benzodiazepin Phenazepam findet anscheinend auch in der westeuropäischen Drogenszene immer breitere Anwendung. Süchtige besorgen sich den Wirkstoff über Internetversand.
Phenazepam wurde in den 1970er-Jahren entwickelt zur Behandlung von Epilepsie, Alkoholentzugserscheinungen, Schlaflosigkeit und Angststörungen. Da der Wirkstoff in den ehemaligen Ostblock-Staaten als Antiepileptikum auf dem Markt ist, sind Phenazepam-haltige Präparate über das Internet relativ einfach zu bekommen. Wissenschaftler der Universität im schottischen Dundee weisen nun in einem Brief im »British Medical Journal« auf einen gestiegenen Phenazepam-Konsum hin (doi: 10.1136/bmj.d4207).
Die Forscher um Dr. Peter Maskell haben seit Beginn des Jahres in neun Fällen bei Blutuntersuchungen von verstorbenen Drogenabhängigen Phenazepam nachgewiesen. In keinem Fall war das Benzodiazepin dabei ursächlich für den Tod, die Befunde deuten aber darauf hin, dass seine Verwendung in der Drogenszene häufiger wird. »Anscheinend dient Phenazepam zunehmend als Ersatz für Diazepam«, erklärte Maskell in einer Pressemitteilung der Universität Dundee. Ob der Switch von Diazepam zu Phenazepam freiwillig erfolgt sei oder weil Dealer es neuerdings vermehrt verkaufen, sei unklar. Es gebe keinen Anlass zu der Vermutung, dass die leichte Verfügbarkeit von Phenazepam ganz allgemein zu einem gesteigerten Drogenkonsum geführt habe, betonte der Toxikologe. »Phenazepam ist keine Partydroge. Eher wird es von Personen konsumiert, die bereits eine Missbrauchskarriere mit härteren Drogen wie Heroin, Methadon oder anderen Opiaten hinter sich haben«, sagte Maskell.
Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) warnte in einer Pressemitteilung vor den Gefahren einer missbräuchlichen Anwendung von Phenazepam. Das Benzodiazepin habe ein hohes Abhängigkeitspotenzial, eine Überdosierung könne zu Herzstillstand oder Koma führen. In der Drogenszene kursierten hochriskante Empfehlungen, Phenazepam gegen Entzugssymptome, zur Entspannung oder in Kombination mit Alkohol als Schlafmittel einzunehmen, teilte die AMK mit. /