Diese Tipps helfen dagegen |
11.07.2017 12:13 Uhr |
Von Carolin Gieck / Schwitzige Hände, ein flauer Magen und das Herz schlägt bis zum Hals: So fühlen sich viele Studenten vor Klausuren. Richtig dosiert fördert Nervosität den Erfolg. Wenn die Aufregung aber zu groß wird, sollte man reagieren, um sich nicht selbst im Weg zu stehen. Strategien, Übungen und professionelle Hilfe bei Prüfungsangst gibt es zum Glück.
Der Körper reagiert auf Bedrohliches nach dem sogenannten Fight-or-Flight-Prinzip, um für die Flucht oder den Kampf alle Kräfte zu mobilisieren. Dabei wird mit Noradrenalin, Adrenalin und Cortisol ein Stresscocktail freigesetzt. Herzfrequenz und Blutdruck steigen an, vegetativ werden die Schweißdrüsen aktiviert und die Durchblutung im Darm gedrosselt – daher das flaue Gefühl im Bauch. Dass diese körperliche Alarmbereitschaft durchaus hilfreich ist, zeigt die Aktivations-Leistungs-Kurve nach Robert Yerkes und John D. Dodson. Bei steigender Nervosität nimmt die Leistung zunächst bis zu einem Maximum zu, ehe sie im weiteren Verlauf wieder abnimmt. Aufregung vor Prüfungen sorgt also erst einmal für die optimale Leistungsfähigkeit. Im Falle von Prüfungsangst bewirkt sie jedoch das Gegenteil: Dann blockiert sie und steht guten Prüfungsergebnissen entgegen.
Grundsätzlich kristallisieren sich bei Prüfungsangst zwei Typen heraus: Die Perfektionisten, die trotz Fleiß und intensiver Vorbereitung ein schlechtes Ergebnis fürchten, und die Last-Minute-Lerner, die tatsächlich dürftig auf die Prüfung vorbereitet sind. Bei Letzteren liegt die Lösung auf der Hand: Sie müssen »nur« das Lernen lernen oder am Zeitmanagement arbeiten. Oft ist dabei Prokrastination, also Aufschieberitis, das Problem. Das heißt, es besteht so lange ein Motivationsproblem, bis ein Zeitproblem daraus wird.
Leistungsdruck von innen
Doch selbst Studenten, die objektiv betrachtet hervorragend vorbereitet sind, können einer Prüfung mit Furcht und Panik entgegenblicken. Häufig ist da-ran der eigene hohe Anspruch schuld, der Leistungsdruck kommt von innen. Zusätzlich leiden viele darunter, wenn sie im Umfeld auf Unverständnis stoßen und Sätze fallen wie »Ach, du bestehst doch sowieso!« Gerade deshalb ist es im ersten Schritt wichtig, sich die Angst zuzugestehen und sie zu akzeptieren, statt sich dafür zu verurteilen. Anschließend können Betroffene im zweiten Schritt damit beginnen, bewusst mit ihren Ängsten umzugehen und sie zu reduzieren.
Ein Patentrezept dafür gibt es leider nicht. Oft hilft es, sich die bisherigen Erfolge oder die gründliche Vorbereitung vor Augen zu führen. Die Gewissheit, sein Bestes zu geben, kann ebenfalls Druck lindern. Schleichen sich Gedanken ein wie »Das schaffe ich nicht!«, dann durchbricht ein lautes »Stopp« die negative Spirale. Viel besser ist es, sich stattdessen eine Prüfungssituation vor dem inneren Auge auszumalen, die gut verläuft. Dabei sollte man sich auch vorstellen, wie unbeschwert und leicht man sich fühlen wird, wenn man endlich bestanden hat. Zudem können mutmachende Sätze vorgesprochen werden, etwa »Ich schaffe das!« oder »Ich bin gut vorbereitet!«.
Wem das nicht reicht, der kann zuvor das Worst-Case-Szenario durchspielen. Oft stellt sich dann nämlich heraus, dass eine misslungene Prüfung nicht das Ende der Welt ist. Die Wiederholung ist oft noch im gleichen Semester möglich, zur Not kann ein Semester angehängt werden. Freunde und Familie wird man dadurch bestimmt nicht verlieren. Unbekanntes führt ebenfalls zu Unsicherheit. Deshalb am besten vorher den Prüfer kennenlernen, wenn möglich die Räume besichtigen oder beispielsweise ein paar Minuten im Wartebereich verbringen. So kann man sich langsam an die Situation herantasten und ein bekanntes Umfeld schaffen.
Hilfe holen
Ist der Leidensdruck sehr groß ist oder lässt man wegen der Ängste sogar eine Prüfung sausen, sollte man Hilfe in Anspruch nehmen. Niedrigschwellig gibt es an den Unis psychologische Beratungsstellen, die häufig mit Prüfungsangst konfrontiert werden und kompetent helfen können. Sitzt die Ursache für Versagensangst tiefer, kann auch eine Psychotherapie nötig sein. Ebenfalls ein guter Ansprechpartner ist der Hausarzt. Denn in bestimmten Fällen können Betablocker, Antidepressiva oder pflanzliche Mittel die Beschwerden lindern. Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, dass sie keinesfalls die Ursache beheben. Hinzu kommt, dass sie oft erst mit Verzögerung wirken oder Nebenwirkungen wie Müdigkeit auftreten können. Deshalb sollte der Einsatz nicht nur gut bedacht, sondern auch gut getimt werden. Ferner helfen Basismaßnahmen wie regelmäßiger Sport, Entspannungs- und Atemübungen sowie eine gesunde Ernährung. /