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AMNOG

Wunsch nach einer Reform der Reform

05.07.2011  17:40 Uhr

Von Werner Kurzlechner, Berlin / Neben Apothekern sehen auch Krankenkassen dringenden Überarbeitungsbedarf beim seit Jahresbeginn geltenden AMNOG. Während Regelungen wie der Großhandelsabschlag längst für spürbare Probleme sorgen, nimmt die schnelle Nutzenbewertung von Arzneimitteln nur langsam Fahrt auf.

Seit einem halben Jahr erst ist das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) in Kraft. Dennoch lautete eine Leitfrage des Kongresses MCC Health World 2011 in Berlin, ob es schon Zeit sei für ein AMNOG II und ob an einer schnellen Reform der womöglich missratenen Reform kein Weg vorbeiführe. Nach gesundem Menschenverstand vielleicht ein absurde Idee; in der oft zur Flickschusterei neigenden Gesundheitspolitik indes eine durchaus berechtigte Frage.

Das verdeutlichte aus Apothekersicht Ralf Denda, Vertragsexperte bei der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände. Dreizehn Punkte seien aus Perspektive der Apotheken zu kritisieren, so Denda – unter anderem jener, dass sich der Gesetzgeber nicht zu einem Verbot von Pick-up-Stellen für Medikamente habe durchringen können. »Viele Regelungen mussten und müssen erst einmal praxis­tauglich gemacht werden«, sagte Denda.

 

Großhandel reicht Sparbetrag weiter

 

Ein besonderes Ärgernis für Apotheker stellt zweifellos der erhöhte Großhandelsabschlag dar. »De facto reicht der Großhandel den Betrag an uns weiter«, so Denda. Ein kleiner Mutmacher diesbezüglich, der zugleich den Bedarf einer Reform der Reform unterstreicht: »Wir sind in Verhandlungen mit der Politik, dass an dieser Stelle nachgebessert wird«, so Denda. Der von 2,30 auf 2,05 Euro gekürzte Apothekenabschlag bedeutet immerhin Budgetklarheit für dieses und das kommende Jahr. Aber noch immer sei die exakte Höhe dieses Postens für die Jahre 2009 und 2010 unklar. Damit seien die Apotheken nicht über ihre genauen Einnahmen in diesen beiden Jahren im Bilde.

 

Ab 2013 gelte wieder das Prinzip der Selbstverwaltung, wobei sich die Verhandlungen nach dem Willen des Gesetzgebers an den für dieses Jahr festgelegten Richtwerten zu orientieren hätten, so Denda. Hinzu kamen in den ersten sechs Monaten unter der Ägide des AMNOG die – erwartbaren – Probleme mit der Packungsgrößenverordnung und eine Fülle von Fehlmeldungen in den Software-Systemen.

 

So fällt die Bilanz über ein Gesetz, das bekanntlich keineswegs die Apotheken als Adressaten im Fokus hatte, ernüchternd aus. Laut Denda ist von den in der GKV eingesparten 1,5 Milliarden Euro das Gros bei Ärzten und Krankenkassen angekommen, während für die Apotheken ein Minus von 400 Millionen Euro oder – allein in den ersten vier Monaten des Jahres – von rund 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu Buche schlägt.

 

Denda erinnerte daran, dass das durchschnittliche jährliche Einkommenswachstum deutscher Apotheken von 4,5 Prozent in den vergangenen Jahren »nicht einmal die Inflationsrate« erreichte. Und so wundert es nicht, dass laut Denda in diesem Jahr bereits einige Dutzend Apotheken schließen mussten. »Vor allem solche, die auf dem flachen Land die Versorgung sicherstellen«, wie Denda bemerkte.

 

Auf dieser Ebene bewirkte das AMNOG also mit Sicherheit keine Verbesserungen. Aber sollte das Gesetz nicht vor allem dazu dienen, den Erstattungspreis für neue Arzneimittel dank früher Nutzenbewertung und anschließenden Verhandlungen zwischen Pharmaindustrie und GKV-Spitzenverband zu senken? Fürwahr, aber dazu ist bislang noch überhaupt kein Fazit möglich. Das war jedenfalls der Grundtenor des Vortrags von Professor Dr. Jürgen Windeler, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

 

Ohrfeigen für die Industrie

 

Windeler machte keinen Hehl daraus, dass er das Gesetz für im Kern geglückt hält. Er verwies indes darauf, dass das erste Prüfverfahren seines Instituts zum 1. Juli überhaupt erst begonnen habe. Zwei dezente Ohrfeigen verteilte Windeler an die Hersteller: Zum einen seien lancierte Gerüchte falsch, dass für bestimmte Wirkstoffe so gut wie sicher ein Zusatznutzen gegenüber bereits zugelassenen Medikamenten festgestellt werde. Zum anderen wiesen die von den Herstellern eingereichten Dossiers zum Teil erhebliche Lücken und elementare Mängel auf.

 

Dass nicht nur Apotheker Nachbesserungen beim AMNOG wünschen, verdeutlichte aus Sicht der Krankenkassen Dr. Christopher Hermann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg. »Gesetze leiden nicht unter Schwindsucht – die Bauchringe werden immer größer«, wetterte Hermann gegen Überbürokratisierung, für die das AMNOG ein weiteres Beispiel sei. So sei die Mehrkostenregelung der Versuch, Arzneimittel auf eine Stufe »mit den Joghurts im Supermarkt« zu stellen – und zugleich ein »Schlag ins Wasser«, weil sie praktisch völlig irrelevant sei.

 

Bis Anfang Juni habe es in seinem Kassenbereich 15 Millionen Verordnungen gegeben, keine tausendmal hätten die Patienten ihr Recht auf ein anderes Präparat als auf dem Rezept in Anspruch genommen. »Regelung streichen!«, empfahl Hermann lapidar.  / 

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