Pharmazeutische Zeitung online
Arzneimittelausgaben

VFA fordert Abschaffung der Richtgrößen

06.07.2010  16:33 Uhr

Von Martina Janning, Berlin / Im Jahr 2009 sind die Kassenkosten für Arzneimittel um knapp 1,5 Milliarden auf 30,7 Milliarden Euro gestiegen. Die vereinbarten Richtgrößen wurden in ganz Deutschland überschritten. Die Pharmaindustrie fordert, die Soll-Vorgaben abzuschaffen.

Die Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) haben im Jahr 2009 rund 1,5 Milliarden Euro mehr für Arzneimittel ausgegeben als im Vorjahr. Das bedeutet eine Steigerung von 5,2 Prozent. Die GKV-Ausgaben für Arzneimittel betrugen damit 30,7 Milliarden Euro. Das ist das Ergebnis des Arzneimittel-Atlas 2010, den der Verband forschender Arzneimittelsteller (VFA) vorige Woche in Berlin vorab vorstellte. Der Band erscheint am 31. August 2010.

 

Mehr Pillen für alternde Gesellschaft

 

Der Anstieg der Arzneimittelausgaben entspreche dem Trend der vergangenen Jahre, erläuterte Professor Dr. Bertram Häussler vom Berliner Institut IGES, das den Arzneimittel-Atlas für den VFA erstellt hat. Für die Mehrkosten sei vor allem ein gewachsener Verbrauch verantwortlich – er schlug mit 1,1 Milliarden Euro zu Buche. Der Zuwachs resultiere aus dem steigenden medizinischen Bedarf einer alternden Gesellschaft und zunehmenden Behandlungsmöglichkeiten durch Medikamente.

Neue Wirkstoffe führten der Analyse zufolge zu einem Kostenplus von rund 400 Millionen Euro. Sehr teure Krebs­medi­kamente hätten daran bloß einen geringen Anteil von fünf Prozent gehabt, berichtete Häussler. Zum Vergleich: Für das Volksleiden Bluthoch­druck wandten die Kassen zwölf Prozent ihrer Arznei­mit­tel­ausgaben auf. Dieses Ergebnis widerspreche der verbreiteten Annahme, dass die extrem hohen Therapiekosten neuer Medikamente das Budget der Kassen zu sprengen drohten, betonte der IGES-Chef.

 

An manchen Stellen mussten die Kas­sen auch weniger Geld für Medikamen­te ausgeben: So führten größere Packun­gen zu Einsparungen von 45 Millionen Euro – zehn Millionen weniger als im Jahr 2008. Parallelimporte ersparten den Kassen im vorigen Jahr 72 Millionen Euro. Aber auch hier ist der Umfang zurückgegangen: im Jahr 2008 waren es noch 114 Millionen Euro. Generika sorgten für Einsparungen von 141 Millionen Euro – etwa 50 Prozent weniger als in den Vorjahren.

 

Die IGES-Analyse ergab weiter, dass die Ausgabengrenzen für Medikamente – die Arzneimittelrichtgrößen, die Kassenärztliche Vereinigungen und Kassenverbände aushandeln – in keiner Region Deutschlands eingehalten werden. Das sei kein Versagen der Ärzte, sondern »das Resultat von unrealistischen Vorgaben«, sagte Häussler. Sie stünden in keinem Zusammenhang zum tatsächlichen Bedarf an Arzneimitteln. Bei den Großstädten falle zum Beispiel unter den Tisch, dass sie auch das Umland versorgen. Das führe etwa in Berlin dazu, dass die Vorgaben »ganz ungerecht« seien. Der VFA-Vorsitzende Dr. Wolfgang Plischke forderte, die Arzneimittelrichtgrößen abzuschaffen.

 

Innerhalb Deutschlands variieren die Richtgrößen stark: In Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sollen die Ärzte pro Versichertem bis zu 122 Euro im Jahr einsparen, in Nordrhein, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern sind es lediglich 40 Euro jährlich. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 60 Euro pro Jahr. Nach Angaben des Arzneimittel-Atlas überschritten Ärzte den vereinbarten Wert in Berlin 2009 um knapp 24 Prozent, in Niedersachsen und Schleswig-Holstein jeweils um fast 21 Prozent. Die niedergelassenen Mediziner gäben die Sparvorgaben nicht an ihre Patienten weiter, sagte Häussler. Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Regressdrohungen schmälerten aber die Berufszufriedenheit der Ärzte.

 

Plischke erinnerte die Regierung an die von ihr angekündigte Deregulierung im Gesundheitsbereich. »Die vorhandenen Lenkungsinstrumente im Arzneimittelmarkt müssen nüchtern bewertet und Unnötiges und Unwirksames gestrichen werden«, forderte der VFA-Vorsitzende. Er warf der Bundesregierung »wenig Mut zum Markt« vor.

 

Gesundheitssystem »zu staatsnah«

 

Den vom Kabinett beschlossenen Zwangsrabatt und den Preisstopp bezeichnete er als schweren »Kommunikationsfehler«. »Unter Investoren wird so das Vorurteil von dem allzu staatsnahen deutschen Gesundheitssystem weiter genährt. Für das Image des Pharma-Standortes Deutschland ist das alles andere als gut.«

 

Dem geplanten Gesetz zur Neuordnung des GKV-Arzneimittelmarkts (AMNOG) attestierte der VFA-Vorsitzende, dass die »Richtung stimmt«.

 

Kritik übte er aber an der Rolle des GKV-Spitzenverbandes, der die Verhandlungen mit den Herstellern führen soll. Hier werde ein Nachfragemonopol aufgebaut. Plischke sprach sich dafür aus, entweder das Wettbewerbs- und Kartellrecht auf den Spitzenverband anzuwenden oder aber Verträge zwischen einzelnen Firmen und Kassen zuzulassen. /

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa