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Gesundheitspolitik

Die Pharmalobby muss umdenken

06.07.2010  19:43 Uhr

Von Nils Franke, Berlin / Die Lobby der pharmazeutischen Industrie hat mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) eine Niederlage eingesteckt, sagt die ehemalige Gesundheitsministerin Andrea Fischer. Und dies sei nicht die einzige Schlappe. Druck und öffentliche Kritik nähmen weiter zu.

Man höre, dass ins Bundesgesundheitsministerium derzeit nur wenige Pharmalobbyisten vordringen, sagte Andrea Fischer (Bündnis 90/Die Grüne) ein wenig schmunzelnd. »Weil man ahnt, was sie mit der Politik bereden wollen.« Die Pharmaindustrie habe diesmal nur ohnmächtig zusehen können, wie das AMNOG mit der darin festgeschriebenen Kosten-Nutzen-Bewertung von Minister Philipp Rösler (FDP) ihr Geschäftsmodell infrage stellte, so Fischer.

Nach etwas mehr als zwei Jahren im ersten Kabinett von Kanzler Gerhard Schröder war Fischer 2001 als Ge­sund­heitsministerin wegen Kritik an ihrem Umgang mit der BSE-Krise zurückgetreten. Vor Kurzem war sie zu Gast bei den Politologen am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Ber­lin und berichtete »aus dem Inneren des Haifischbeckens«.

 

Fischer war auch selbst Lobbyistin in der internationalen Gesundheitspoli­tik, arbeitete für die Agentur Pleon und ist jetzt als Beraterin für Gesund­heitspolitik und Gesundheitswirt­schaft selbstständig. Sie kennt beide Seiten. Ihr Blick auf die Branche erscheint differenziert.

 

Preisverhandlungen »revolutionär«

 

Einerseits sei die Pharmalobby in Deutschland »zweifellos eine richtig starke Lobby«, sagte Fischer. Sie habe ausgesprochen viele Arbeitsplätze hinter sich, sei forschungsintensiv. »Und sie ist auch deswegen so stark, weil Regierungen immer wieder einknickten.« Manche Sparversuche der Politik seien wenig rühmlich ausgegangen, etwa 2001, als die Industrie in der »Bordeaux-Runde« der Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder ein Reformvorhaben abkaufte.

 

Andererseits dürfe man die Politik nicht für ein willfähriges Ausführungsorgan der Pharmalobby halten. Ab nächstem Jahr sollen nach dem Willen der Bundesregierung die Preise für neue Medikamente in Verhandlungen mit den Krankenkassen festgelegt werden statt von den Unternehmen allein. Fischer hält das für »revolutionär«. Dass ihr dieser Schritt imponiert, will sie nicht verbergen, auch wenn sie damit den politischen Gegner lobt.

 

Die Ex-Ministerin will darin einen langfristigen Umschwung erkennen: Die Pharmalobby verliere an Einfluss. Ihr System »der freundlichen Belagerung« von Ärzten sei bereits stark in die öffentliche Kritik geraten. Um Ärzte zu Verschreibungen zu gewinnen, hätten Unternehmen Mediziner großzügig zu diversen Veranstaltungen eingeladen, die auch der Vergnügung dienten. Diese Praxis habe die Pharmaindustrie bereits erheblich ändern müssen. Mit einem freiwilligen Verhaltenskodex sei es nicht mehr getan. Der Druck wachse.

 

Über Priorisierung reden

 

»Meine Prognose ist, dass das auch so weitergehen wird. Da bewegt sich was.« Insbesondere das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) werde in Zukunft ein stärkerer Gegenspieler, indem es den Zusatznutzen von Arzneimitteln bewerten solle.

 

Dem amtierenden Gesundheitsminister warf Fischer vor, dass er die Diskussion um eine Priorisierung von Leistungen meide. Das sei ein Fehler. Gerade bei einem steigenden Anteil älterer Menschen müsse man darüber reden, was noch solidarisch zu finanzieren ist. Sie wünscht sich außerdem, dass er sich mehr für Patientenrechte und Transparenz einsetzt. Ihr Traum wäre eine große Patientenorganisation, die den anderen Verbänden machtvoll entgegentreten könnte. Das sei aber eben ein Traum, räumte sie ein, weil die meisten Menschen sich wenig engagierten, solange sie nicht selbst betroffen seien. / 

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