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Alzheimer

Frühzeitiger Tod durch Neuroleptika

Datum 28.06.2007  14:42 Uhr

Alzheimer

<typohead type="3">Frühzeitiger Tod durch Neuroleptika

Von Bettina Wick-Urban

 

Viele Alzheimerpatienten entwickeln im Krankheitsverlauf Aggressionen und Halluzinationen. Zu deren Behandlung erhalten die Patienten oft Neuroleptika, obwohl die meisten Präparate nicht für die Behandlung bei Alzheimer zugelassen sind. Studien legen nahe, dass die Einnahme eine erhöhte Mortalität zur Folge hat.

 

Eine britische, prospektive Studie hat gezeigt, dass Alzheimerpatienten, die Neuroleptika einnahmen, früher starben als Patienten, die Placebo erhielten. Das Forscherteam um Professor Clive Ballard vom King College in London fand heraus, dass die Patienten im Durchschnitt sechs Monate früher starben. Die Studienergebnisse wurden Ende März anlässlich der Konferenz des britischen Alzheimer Research Trust in Edinburgh, Großbritannien vorgestellt.

 

In die Studie wurden 165 Alzheimer-Patienten aus 100 britischen Pflegeheimen eingeschlossen, die für mindestens drei Monate Chlorpromazin, Haloperidol, Risperidon, Thioridazin oder Trifluoperazin eingenommen hatten. Bei der Hälfte der Patienten wurde das Neuroleptikum abgesetzt und stattdessen zwölf Monate lang ein Placebo verabreicht. Die Patienten wurden insgesamt fünf Jahre beobachtet. Nach zwei Jahren waren 45 Prozent der Patienten, die weiter Neuroleptika erhalten hatten, gestorben, während in der Placebogruppe die Mortalitätsrate nur 22 Prozent betrug. Nach drei Jahren betrug die Mortalitätsrate 65 und 38 Prozent und nach 42 Monaten 75 und 60 Prozent. In der Patientengruppe, die Neuroleptika erhalten hatte, wurden auch mehr schwerwiegende Nebenwirkungen wie Schlaganfall, Lungenentzündungen und Stürze beobachtet.

 

Als mögliche Gründe für die höhere Sterblichkeit wurden die erhöhte Sturzgefahr und die sich anschließende Immobilität diskutiert, die zu Komplikationen wie Mangelernährung, Embolien und Lungenentzündungen führen kann. Neil Hunt, Vorsitzender der britischen Alzheimer Gesellschaft, vertrat die Ansicht, dass Neuroleptika viel zu oft verordnet würden. Schätzungsweise bis zu 45 Prozent der Alzheimerpatienten bekommen Neuroleptika, obwohl diese in Großbritannien nicht zur Behandlung von Demenz zugelassen sind.

 

Psychologische Betreuung statt Pillen

 

Gemäß Ballard bringt auch eine kurzzeitige Neuroleptika-Behandlung bei Alzheimerpatienten mit milden Verhaltensproblemen keinen Nutzen. Auch bei Patienten mit schweren Halluzinationen oder Aggressionen sollten sie nur als Mittel der letzten Wahl verordnet werden, wenn die Gefahr besteht, dass die Patienten sich selbst oder andere verletzen. Stattdessen sollten die Patienten psychologisch betreut werden. Rebecca Wood vom Alzheimer Research Trust ergänzte, dass auch das Pflegepersonal und die  Angehörigen im Umgang mit Patienten mit Verhaltensstörungen geschult werden sollten (1).

 

Zwei Metaanalysen, die 2005 veröffentlicht wurden, zeigten, dass bereits nach kurzer Einnahme die Sterblichkeit ansteigt. Schneider und Kollegen analysierten fünfzehn placebokontrollierte Studien mit atypischen Neuroleptika bei Alzheimerpatienten. 3353 Patienten hatten entweder Aripiprazol, Olanzapin, Quetiapin oder Risperidon über acht bis zwölf Wochen erhalten. 1757 Patienten hatten Placebo eingenommen. Die Analyse zeigte, dass selbst bei Patienten, die Neuroleptika über einen relativ kurzen Zeitraum von zwei bis drei Monaten erhielten, die Sterblichkeit bereits signifikant erhöht war. So starben 118 (3,5 Prozent) Patienten in der Neuroleptikagruppe, während es in der Placebogruppe (p = 0,02) 40 (2,3 Prozent) Todesfälle waren (2).

 

In einer von der amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA) durchgeführten Metaanalyse, die 17 Studien einschloss, war die Mortalität bei Patienten, die Risperidon, Olanzapin, Aripiprazol oder Quetiapin eingenommen hatten, im Vergleich zur Placebogruppe um das 1,7-Fache erhöht. Die häufigsten Todesursachen waren Herzversagen, plötzlicher Herztod und Infektionen, meist Lungenentzündung (3).

 

Die deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) empfiehlt in ihren Leitlinien zur Behandlung von Demenzen, erst Neuroleptika in niedriger Dosierung einzusetzen, wenn Änderungen von Umweltbedingungen keine Verbesserung bringen. Als Mittel der ersten Wahl wird Risperidon empfohlen, welches als einziger Arzneistoff zur Behandlung von chronischer, schwerer Aggressivität bei dementen Patienten in Deutschland zugelassen ist. Da die Symptome sich im Zuge der Krankheitsprogression ändern können, sollte die Notwendigkeit der Neuroleptika-Gabe wöchentlich überprüft werden. (4, 5).

Literatur

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N. N., Scrip 3249/50 (2007) 31.

Schneider, L.S., et al., JAMA 294 (2005)  1934-1943.

FDA, www.fda.gov/cder/drug/advisory/antipsychotics.htm, 11. April 2005.

Riepe, M., et al., DGN ­ Leitlinien zur Behandlung neurodegenerativer Demenzen, 15. Mai 2005.

Fachinformation Risperdal®, Stand Dezember 2006.

 

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