Nicht aus der Haut fahren |
16.06.2009 15:20 Uhr |
<typohead type="3">Nicht aus der Haut fahren
Neurodermitis ist eine belastende und sehr beratungsintensive Erkrankung. Wie Apotheker die Compliance fördern und Patienten und Eltern von betroffenen Kindern helfen können, erfuhren sie im Seminar »Der Neurodermitis-Patient in der Apotheke«.
»In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Neurodermitiker stark angestiegen«, berichtete Dr. Christiane Eckert-Lill, Geschäftsführerin des Bereichs Pharmazie der ABDA, die das Seminar zusammen mit Rosemarie Eifler-Bollen vom Neuen Rezepturformularium (NRF) leitete. Derzeit ist etwa jedes fünfte Kind im Alter von einem bis zwei Jahren betroffen. Bei 70 bis 80 Prozent wächst sich die Erkrankung noch vor der Einschulung aus, doch der Rest nimmt die chronisch-entzündliche Hauterkrankung ins Erwachsenenalter mit.
Die Symptomatik ändert sich im Lauf des Lebens: Bei Säuglingen und Kleinkindern unter zwei Jahren treten die Läsionen meist an Gesicht, Kopfhaut und den Außenseiten der Extremitäten auf, während der Windelbereich typischerweise ausgespart ist, sagte Eckert-Lill. Bei Kindern im Alter von zwei bis zwölf Jahren sind neben Gesicht und Hals vor allem auch Arm- und Kniebeugen betroffen. Typische Zeichen von erkrankten Kindern sind blutige Fingernägel oder sogenannte Glanznägel, die durch das Kratzen entstehen. »Die Nägel werden auf der Haut regelrecht poliert«, sagte Eckert-Lill. Im Erwachsenenalter verliert die Erkrankung meist an Intensität, in der Regel sind vor allem Hautstellen betroffen, die irritativen Reizen ausgesetzt sind, wie der Nacken.
Besonders belastend für Kinder ist der starke Juckreiz, der mit der Entzündung der Haut einhergeht. Dabei sollten Eltern ihren Kindern das Kratzen nicht strikt verbieten. Dies führe nur zu einer starken Frustration, sagte Eifler-Bollen. Hilfreicher sei es, den Schüben durch regelmäßige Pflege und Kühlung der Haut vorzubeugen. Hierfür könnte man auch die Salben im Kühlschrank aufbewahren, Coldpacks anwenden oder Schwarzteeumschläge auflegen. Eltern könnten den Kindern Kratzalternativen anbieten: Auch leichtes Drücken, Kneifen oder Streicheln der Haut lindert den Juckreiz. Hier können sich Apotheker in die Beratung einbringen und den Eltern Tipps geben und eventuell ein Merkblatt formulieren, sagte Eifler-Bollen.
Ein wichtiger Aspekt in der Beratung ist die Angst vor Cortison. Beunruhigte Mütter solle man fragen, warum sie Cortison für gefährlich halten. Dann könne man gezielt auf die Bedenken reagieren und ihnen die Angst nehmen, sagte Eckert-Lill. Die Cortisonphobie stammt noch aus den 1950er-Jahren, als Cortison unkritisch eingesetzt wurde und häufig Nebenwirkungen auftraten. Besonders wichtig sei es, den Nutzen der Präparate herauszustellen: »Glucocorticoide sind wirksam und indiziert«, sagte Eckert-Lill.
Für erkrankte Kinder, ihre Eltern und auch für erwachsene Neurodermitiker kann eine Patientenschulung sinnvoll sein. Ziele des Programms sind, die Compliance zu verbessern, das Selbstbewusstsein zu stärken und krankheitsrelevantes Wissen zu vermitteln. Apotheker können sich über solche Schulungsprogramme für ihre Patienten unter www.neurodermitisschulung.de informieren.