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Arzneimittel-Forschung

Neue Wirkprinzipien vor der Zulassung

16.06.2009  15:05 Uhr

Pharmacon Meran 2009

<typohead type="3">Arzneimittel-Forschung: Neue Wirkprinzipien vor der Zulassung

Trotz steigender Ausgaben für die Entwicklung neuer Arzneistoffe stagniert die Zahl der Zulassungen seit Jahren. Einige vielversprechende Substanzen, die in der nächsten Zeit auf den deutschen Markt kommen könnten, stellte Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz von der Universität Frankfurt am Main vor.

 

In der Migränetherapie könnte es bald eine neue Option geben. Der Wirkstoff Telcagepant befindet sich in Phase III der klinischen Prüfung. Er hemmt den Rezeptor des Calcitonin-Gene-Related-Peptide (CGRP), eines wichtigen Mediators in der Pathophysiologie der Erkrankung. Die in der Migränetherapie etablierten Triptane wirken über eine Konstriktion dilatierter Gefäße. Da sich aber nicht nur zentrale, sondern auch periphere Blutgefäße verengen, sind die Substanzen bei Patienten mit Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems kontraindiziert. Dieses Problem habe der CGRP-Rezeptor-Antagonist nicht, sagte Schubert-Zsilavecz. In einer Vergleichsstudie erwies sich Telcagepant als ebenso sicher und wirksam wie Zolmitriptan und könnte daher eine wichtige therapeutische Alternative für Patienten sei, die von der Triptan-Behandlung ausgeschlossen sind, sagte der Referent. Der Wirkstoff werde voraussichtlich nächstes Jahr in Deutschland auf den Markt kommen.

 

Ebenfalls kurz vor der Zulassung steht das neuartige Psychopharmakon Asenapin, das zur Behandlung von Schizophrenie und bipolaren Störungen entwickelt wurde. Es hemmt eine ganze Reihe von Rezeptoren, zum Beispiel dopaminerge, serotonerge und α-adrenerge Rezeptoren. Es schütze vor Rückfällen mit Plussymptomatik und verbessere die Minussymptomatik, berichtete Schubert-Zsilavecz.

 

Zur Behandlung von Schlafstörungen durch Jetlag oder Schichtarbeit könnte in Zukunft Tasimelteon zur Verfügung stehen. Die Substanz aktiviert den Rezeptor für Melatonin; diese körpereigene Substanz synchronisiert den Tag-Nacht-Rhythmus. In einer Phase-III-Studie konnte Tasimelteon die Schlafqualität und -effizienz verbessern sowie die Schlaflatenz reduzieren, sagte der Referent. Der Wirkstoff sei aber kein Hypnotikum, betonte der Referent, sondern nur für eine kurzfristige Gabe nach einer Zeitverschiebung oder Rhythmusänderung geeignet. In den USA ist neben retardiertem Melatonin bereits Ramelteon zugelassen, weshalb der neue Wirkstoff dort schlechte Marktchancen hat. Die Zulassung von Ramelteon hat die EMEA wegen zu geringer Wirksamkeit abgelehnt.

 

Auch zur Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose (MS) könnte bald ein neuer Wirkstoff zur Verfügung stehen: der Kalium-Kanal-Blocker Fampridin. Bei MS-Patienten werden im Verlauf der Erkrankung die Myelinschichten um die Axone der Nervenzellen und damit die Leitfähigkeit von Aktionspotenzialen der Neurone zerstört. An den ungeschützten Stellen der Axone tritt vermehrt Kalium aus den freigelegten Kalium-Kanälen aus. Werden diese durch Fampridin blockiert, verstärkt dies die Reizweiterleitung und lindert somit die Muskelschwäche der Patienten. Toxikologisch sei die Substanz aber nicht unbedenklich, sagte Schubert-Zsilavecz. Trotz ihrer Toxizität und der geringen therapeutischen Breite sei es ein wichtiger Wirkstoff, da bei der schweren Erkrankung MS noch große therapeutische Lücken bestehen.

 

»Gicht ist eine bedeutende Erkrankung, bei der es in den vergangenen Jahren kaum neue Entwicklungen in der Therapie gab.« Das könnte sich jetzt ändern. Das rekombinante modifizierte Enzym Pegloticase befindet sich derzeit in der klinischen Prüfung. »Das zentrale Problem bei der Erkrankung ist die Harnsäure, die sich im Körper ablagert«, erklärte Schubert-Zsilavecz. Deren Konzentration lässt sich senken, wenn man die Säure in das leicht wasserlösliche Allantoin umwandelt. Das hierfür benötigte Enzym, die Uricase, besitzt der Mensch aber nicht, man kann es nur exogen zuführen. Dieses Prinzip wird beim Tumorlysesyndrom angewendet, bei dem durch die massive Zerstörung von Tumorzellen die Harnsäurekonzentration ansteigt. Hierfür wird eine rekombinant hergestellte Uricase (Rasburicase) eingesetzt. Diese ist für eine Langzeitanwendung nicht geeignet, da sich innerhalb kurzer Zeit Antikörper gegen das körperfremde Protein bilden, erklärte Schubert-Zsilavecz. Das neue Enzym wird nicht so schnell erkannt, da es durch Pegylierung »maskiert« ist. Der Wirkstoff sei nur bei schweren Verläufen und nicht für das Gros der Gichtpatienten geeignet.

 

Einen »echten Durchbruch« stelle die Entwicklung von Eltrombopaq dar, dem ersten peroralen nicht-peptidischen Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten. Er steigert die Zahl der Bluttplättchen bei Thrombozytenmangel, etwa bei Morbus Werlhof oder Hepatitis C.

 

Auch zur Behandlung der Atherosklerose könnte ein neuer Wirkstoff auf den Markt kommen. Bei Darapladip handelt es sich um einen selektiven Hemmstoff der Lipoprotein-assoziierten Phospholipase A2 (Lp-PLA2), deren Aktivität zur Ruptur von Plaques beitragen kann. In einer Phase-III-Studie mit 15.000 KHK-Patienten wird derzeit die Wirksamkeit des Lp-PLA2-Hemmstoffs untersucht.

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