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Individualisierte Therapie

Das Ziel ist noch weit entfernt

16.06.2009  14:46 Uhr

Pharmacon Meran 2009

<typohead type="3">Individualisierte Therapie: Das Ziel ist noch weit entfernt

Könnte man vor Beginn einer Tumortherapie eindeutig Responder erkennen, bliebe den Non-Respondern eine unwirksame, nebenwirkungsreiche und teure Therapie erspart. Doch auf dem Weg zu einer derart individualisierten Therapie befindet sich die Medizin noch ganz am Anfang.

 

»Wir sind heute in keiner Weise in der individualisierten Therapie angekommen«, sagte Professor Dr. Theodor Dingermann vom Biozentrum der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Zu den wichtigsten Zielen der onkologischen Forschung gehöre die Suche nach Biomarkern, die die Vorhersage des Ansprechens auf einen Wirkstoff und damit eine »stratifizierte« Therapie gestatten. Darunter versteht man die Einteilung der Patienten in Gruppen mit dem Ziel, die Effizienz der Therapie zu steigern. Dabei sind zwei Faktoren zu berücksichtigen, sagte Dingermann. Zum einen ist dies die genetische Ausstattung des Patienten, vor allem hinsichtlich der metabolisierenden Enzyme, zum anderen die molekularen Charakteristika des Tumors.

 

Einige Gene für metabolisierende Enzyme kommen in verschiedenen Varianten in der Bevölkerung vor. Bei Trägern mancher Varianten kann es zur Kumulation oder zum Wirkungsverlust kommen. Als Beispiel nannte Dingermann das Gen für die Thiopurin-Methyltransferase (TPMT), das am Abbau von 6-Mercaptopurin (6-MP) beteiligt ist. »Es gibt einen kleinen Teil der Bevölkerung, der dieses Enzym nicht exprimiert«, sagte der Referent. Bei ihnen könne die Gabe der Standarddosierung tödlich enden. Daher empfiehlt die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA, vor Beginn einer 6-MP-Therapie den genetischen Status zu klären.

 

Neben den Metabolismusenzymen sind für die richtige Arzneimittelwahl die molekularen Eigenschaften des Tumors entscheidend. Wie wichtig solche Biomarker sind, zeigte Dingermann anhand des HER2-Rezeptors, der sich auf der Oberfläche von Mammakarzinomzellen befindet. Der Rezeptor und das von ihm ausgehende Wachstumssignal lassen sich durch den monoklonalen Antikörper Trastuzumab blockieren. Aber nur 20 bis 25 Prozent der Mammakarzinome exprimieren den Rezeptor verstärkt, und nur wenn dies der Fall ist, profitieren die Frauen vom Einsatz des Antikörpers.

 

Als weiteren zielgerichteten Arzneistoff stellte Dingermann den Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) Imatinib vor, der zur Behandlung der chronisch-myeloischen Leukämie (CML) entwickelt wurde. Die Ansprechrate liegt bei etwa 95 Prozent, berichtete Dingermann. In späteren Krankheitsphasen sind die Therapieerfolge deutlich geringer, denn Mutationen in der Abl-Kinase führen zu Resistenzen gegen Imatinib. In den meisten Fällen spricht der Tumor aber noch auf Nilotinib oder Dasatinib an.

 

Neben der CML kann man auch weitere Erkrankung wie gastrointestinale Stroma-Tumore (GIST) mit Imatinib behandeln. Diese früher ausgesprochen schlecht behandelbaren Tumoren werden ebenfalls von einer veränderten Tyrosinkinase, der Kinase KIT, angetrieben. Eine Wirkung kann Imatinib aber nur bei Patienten mit einer aktivierenden KIT-Mutation entfalten. Das Exprimieren des Targets allein reicht für ein Ansprechen nicht aus, die Tyrosinkinase muss auch noch aktiviert sein.

 

Gleiches gilt für die EGF-Rezeptorkinase-Inhibitoren Gefitinib und Erlotinib bei nicht kleinzelligem Lungenkarzinom. Nur Patienten mit einer bestimmten Mutation im EGF-Rezeptor profitierten von einer Therapie. Diese Beispiele verdeutlichen ein Problem in der onkologischen Forschung. Zurzeit würden »Studiendaten verwässert«, indem alle Patienten mit einer Krebsentität eingeschlossen werden, ohne auf die Expression oder Aktivierung des Targets zu achten. Ein schlechtes klinisches Ansprechen sei deshalb nicht immer gleichbedeutend mit einer schlechten Wirkung der Substanz, sagte Dingermann.

 

Für die Zukunft sei es wichtig, die Mutationen aufzuspüren, die das Tumorwachstum verursachen. Hierzu wurden große Projekte gestartet, die »Tumorgenome« etablieren wollen. Jeder solide Tumor besitzt zum Beispiel ein spezifisches Profil von etwa 60 bis 80 Mutationen. Gelingt es, die Veränderungen zu identifizieren, die das Tumorwachstum initiieren und antreiben, kann man dagegen hochspezifische Wirkstoffe entwickeln. Parallel ist die Entwicklung einer komplexen Diagnostik erforderlich, damit sich die zielgerichteten Substanzen auch gezielt einsetzen lassen.

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