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Aktualisierte Empfehlungen

»Die Leitlinie ist ein Appell«

13.06.2017  16:47 Uhr

Von Daniela Hüttemann / Eine kognitive Verhaltenstherapie wirkt am besten gegen Schlafstörungen und wird deshalb jetzt als Therapie der ersten Wahl empfohlen. Das Problem ist nur: Es gibt nicht genügend Therapeuten, um den Bedarf zu decken, so der federführende Leitlinienautor Professor Dr. Dieter Riemann von der Universitätsklinik Freiburg im PZ-Interview.

PZ: Was ist neu in der aktualisierten Leitlinie?


Riemann: Die hervorstechendste Neuigkeit ist, dass nun die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnien (KVT-I) als Therapie der Wahl empfohlen wird. Dies stützt sich auf die inzwischen vorliegende wissenschaftliche Evidenz zu diesem Therapieverfahren, das nicht nur von Angesicht zu Angesicht in Einzel- oder Gruppentherapie, sondern zumindest im englischen Sprachraum auch als internetbasierte Therapie angeboten wird.

PZ: Wie lässt sich das in der Praxis umsetzen angesichts mehrerer Millionen Betroffener in Deutschland?


Riemann: Die Entscheidung, die KVT-I als Therapie der ersten Wahl darzustellen, erfolgte ausschließlich vor dem Hintergrund der wissenschaft­lichen Evidenz. Den Autoren war bewusst, dass derzeit nicht ausreichend Therapeuten und Therapieplätze zur Verfügung stehen. Insofern ist die Leitlinie als Appell zu verstehen, die Versorgungssituation schnell zu verbessern. Erste Aktivitäten mit anderen Fachgesellschaften insbesondere im Rahmen der Vermittlung von psychotherapeutischer Kompetenz an Ärzte und Psychologen laufen bereits. Eine weitere Möglichkeit sind internet­basierte Therapien. Entsprechende Programme für Deutschland existieren bereits im Ansatz.

 

PZ: Was hat sich in der medi­kamentösen Therapie geändert?

 

Riemann: Da hat sich grundlegend geändert, dass eine generelle Empfehlung zur Pharmakotherapie entfällt. Arzneimittel können kurzfristig zum Einsatz kommen, falls die KVT-I nicht zur Verfügung steht oder Patienten dies explizit nicht wünschen und stattdessen Arzneimittel bevorzugen. Hinsichtlich der in der Leitlinie erwähnten Medikamente hat sich im Wesentlichen nichts geändert, was auch daran liegt, dass sämt­liche Innovationen, die in den USA auf den Markt gekommen sind, etwa Es­zopiclon, Ramelteon oder Suvorexant, bislang für den deutschsprachigen Raum nicht zugelassen worden sind oder gar kein Versuch unternommen wurde, eine Zulassung zu erwirken.

 

PZ: Melatonin und Phytopharmaka empfiehlt die Leitlinie aufgrund mangelnder Evidenz nicht. Kann hier trotzdem ein Therapieversuch sinnvoll sein?

 

Riemann: Selbstverständlich bedeutet eine Nichtempfehlung für Melatonin und Phytopharmaka aufgrund der mangelnden Evidenz nicht, dass die Gabe dieser Präparate verboten sei. Im Einzelfall kann ein Therapieversuch sinnvoll sein. Dies liegt bei den Phytopharmaka in der Hand des Patienten und sollte bei einer Melatonin-Verordnung gemeinsam von Arzt und Patient entschieden werden.

 

PZ: Wann ist ein langfristiger Einsatz von Hypnotika gerechtfertigt?

 

Riemann: Unseres Erachtens ist ein langfristiger Einsatz von Benzodiazepinen (BZ) und Benzodiazepin-Rezeptor­agonisten (BZRA) aktuell nicht mehr zu vertreten, da die möglichen Risiken, insbesondere im Hinblick auf Abhängigkeit und Rebound-Insomnien, überwiegen. Patienten, die auf eine lege artis durchgeführte KVT-I nicht angesprochen haben, darüber hinaus auf zwei Kurzzeitversuche mit BZ oder BZRA langfristig nicht reagieren und einen ausgeprägten Leidensdruck haben, sind Kandidaten für eine Langzeittherapie mit hypnotisch wirksamen Medikamenten, wobei wir aktuell sedierende Antidepressiva in niedriger Dosierung favorisieren. In jedem Einzelfall ist sehr genau abzuwägen, welche Substanz einzusetzen ist. Darüber hinaus sollte der Arzt zusammen mit dem Patienten die Therapieziele festlegen und über die potenziellen Nebenwirkungen und Risiken im Gespräch informieren. Die Entscheidung über eine langfristige Hypnotika-Einnahme sollten Patient und Arzt gemeinsam treffen. /

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