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Juristische Gutachten

G-BA tut mehr, als er darf

06.06.2018  09:17 Uhr

Von Anna Pannen / Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) besitzt für einige seiner Entscheidungen keine rechtliche Legitimation. Dieser Ansicht sind mehrere Juristen, die im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) Gutachten erstellt haben. Sie schlagen vor, die Gesetze so zu ändern, dass das Gremium wieder regelgerecht arbeiten kann.

Der G-BA darf aus der Sicht von Juristen nicht so weiterarbeiten wie bisher. Das ist drei Gutachten zu entnehmen, die das BMG 2015 in Auftrag gegeben und vergangene Woche veröffentlicht hat. Der G-BA ist das oberste Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung in Deutschland. Er besteht aus Vertretern von Ärzten, Zahnärzten, Kassen und Krankenhäusern sowie drei unpartei­ischen Mitgliedern. Sie entscheiden unter anderem darüber, welche medizinischen Leistungen die Krankenkassen bezahlen müssen und legen Qualitätskriterien fest.

Rechtliche Legitimation

 

2015 hatte das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung angedeutet, dass der G-BA für manche seiner Entscheidungen möglicherweise nicht die nötige rechtliche Legitimation besitzt. Das BMG gab daraufhin drei bekannten Rechtswissenschaftlern den Auftrag, ebendies zu prüfen: Professor Ulrich Gassner von der Universität Augsburg, Professor Thorsten Kingreen von der Universität Regensburg und Professor Winfried Kluth von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

 

Ergebnis: Alle drei Juristen sind der Ansicht, dass tatsächlich Gesetze geändert werden sollten. Zwei von ihnen meinen, dass dies zwingend geschehen muss, damit der G-BA rechtlich korrekt weiterarbeiten kann. Gassner erklärte, dem Gremium fehle unter anderem die verfassungsrechtliche Ermächtigung, darüber zu entscheiden, ob Kassen OTC-Arzneimittel oder Medizinprodukte bezahlen müssen beziehungsweise ob Medikamente Off-Label genutzt werden dürfen. Damit alles mit rechten Dingen zugehe, müssten auch Patientenorganisationen über die Auswahl der unparteiischen Mitglieder im G-BA mitbestimmen dürfen. Außerdem müssten Patientenvertreter ein Vetorecht bekommen und für diese Fälle eine Schiedsstelle eingerichtet werden. Gassner schlug außerdem vor, dass das BMG künftig die Aufsicht über G-BA-Beschlüsse führt.

 

Laut Jurist Kingreen ist es ein Problem, dass G-BA-Entscheidungen die Versicherten in ihren Grundrechten betreffen. »Schränken sie Leistungen ein, die mit einer gewissen Evidenz für die Heilung und Linderung relevant sind, so greifen sie in Artikel 2 des Grundgesetzes (Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit) ein«, schreibt der Staatsrechtler. Derart substanzielle Entscheidungen bräuchten aber die Legitimation des Parlaments. Derzeit benenne der G-BA seine parlamentsgesetzlichen Grundlagen nicht. Kingreen zieht daraus allerdings andere Schlüsse als Gassner. Ein stärkeres Mitwirken von Patientenorganisationen würde ihm zufolge die Arbeit des Gremiums ineffektiv machen. Er empfiehlt, den G-BA entweder als eine Bundesoberbehörde dem BMG zu unterstellen oder die G-BA-Entscheidungen zumindest vom BMG absegnen zu lassen, zum Beispiel als Rechtsverordnung.

 

Laufende Beobachtung

 

Das wiederum sieht der dritte Gutachter Kluth kritisch. Die Entscheidung in die Ministerien zu delegieren mache nur dann Sinn, wenn dort auch die entsprechenden Fachleute sitzen, erklärte er. Ansonsten handele es sich um eine rein formale Lösung, die dem Grundsatz widerspreche, dass wissenschaftliche Entscheidungen von Experten getroffen werden müssen. Kluth schlägt wie Gassner vor, die Zusammensetzung des G-BA zu prüfen und die Sozialgesetzbücher zu ändern. Außerdem sollte der Gesetzgeber laufend beobachten, ob das Gremium in seiner derzeitigen Zusammensetzung einzelne Leistungserbringer benachteiligt, so der Jurist. Allerdings sieht Kluth das Problem im Gegensatz zu seinen Kollegen als weniger dringlich an und spricht daher lediglich Handlungsempfehlungen aus. /

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