Lokal, systemisch oder gar nicht |
04.06.2014 09:42 Uhr |
Die Behandlung menopausaler Symptome und die Prävention chronischer Erkrankungen – diese beiden Ansätze für eine Hormontherapie nahm Dr. Claus Richard Lattrich vom Universitätsklinikum Regensburg unter die Lupe. Er kam zu dem Schluss, dass man nur Ersteres empfehlen kann.
Verursacht durch den Abfall der Estrogenspiegel und die dadurch hervorgerufenen Symptome ist bei vielen Frauen im Klimakterium die Lebensqualität beträchtlich eingeschränkt. Darauf machte Lattrich zu Beginn seines Vortrags aufmerksam. Hitzewallungen und vaginale Trockenheit seien die beiden einzigen Symptome, die in Studien immer mit Wechseljahresbeschwerden assoziiert waren. Andere Beschwerden wie Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen können, müssen aber nicht auftreten. »Hitzewallungen und vaginale Trockenheit lassen sich mit einer Hormontherapie effektiv vermindern«, so der Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe.
Lokal oder transdermal
Liegt ausschließlich eine Atrophie der Scheide vor, reiche eine Lokaltherapie. Bei Hitzewallungen dagegen müsse systemisch therapiert werden. Hier hat Lattrich zufolge die transdermale Applikation mit einem Gel oder Pflaster aufgrund des geringeren Thromboserisikos gegenüber der oralen Einnahme einen Vorteil.
Lattrich wies darauf hin, dass eine reine Estrogentherapie das Risiko für ein Endometriumkarzinom deutlich steigert. Daher kommt sie nur für Frauen infrage, die keine Gebärmutter mehr haben. »Alle anderen Frauen brauchen zum Schutz des Endometriums zwingend ein Hormonpräparat mit Gestagenkomponente«, sagte der Mediziner. Als geeignete Gestagene nannte er Levonorgestrel, Norethisteron und Dydrogesteron. Im Vergleich zu anderen Wirkstoffen dieser Klasse wiesen diese ein niedrigeres Thromboserisiko auf.
Ein wesentlich heterogeneres Bild zeige sich beim Einsatz von Hormonen zur Primärprävention von Erkrankungen wie Demenz, koronare Herzkrankheit und Osteoporose. Eine generelle Empfehlung für eine Hormontherapie lasse sich hier nicht aussprechen. So könne zum Beispiel eine Hormontherapie zur Prävention von Knochenbrüchen bei Frauen mit hohem Frakturrisiko nur nach Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt werden, sofern eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation gegen andere vorrangig empfohlene Arzneimittel bestehe.
»Eine Hormontherapie ist nicht zur Primär- oder Sekundärprävention einer koronaren Herzkrankheit geeignet«, gab Lattrich eine Empfehlung der aktuellen S3-Leitlinie »Hormontherapie in der Peri- und Postmenopause« wieder. Auch habe eine Hormontherapie keine positive Wirkung auf die Kognition bei älteren postmenopausalen Frauen und zeige keinen Nutzen in Bezug auf Demenzsymptome bei an Morbus Alzheimer erkrankten Frauen. Darüber hinaus habe eine orale Hormontherapie sogar einen negativen Effekt auf die Harninkontinenz; eine eindeutig positive Wirkung einer Lokaltherapie konnte in dieser Indikation nicht nachgewiesen werden.
Lattrich betonte, dass vor Beginn einer Hormontherapie immer eine Nutzen-Risiko-Kommunikation mit der betroffenen Frau anzuraten ist. So müsse zum Beispiel die Erhöhung des Brustkrebsrisikos in die Bewertung einer Hormontherapie eingehen. Nach behandeltem Mammakarzinom sei eine Hormontherapie kontraindiziert. Gleiches gelte bei Frauen mit aktuell bestehender Brustkrebserkrankung.
Alternativen weniger wirksam
Für diese gebe es nicht hormonelle Alternativen zur Behandlung klimakterischer Beschwerden, die aber deutlich weniger effektiv seien. So könnten beispielsweise auch Yoga und Sport zur Symptomverbesserung beitragen. Auch Phytoestrogene können nicht als gleichwertige Alternative für eine Hormontherapie empfohlen werden. So fehle zum Beispiel bisher für Nachtkerzenöl die wissenschaftliche Basis und Genistein habe in 43 Studien keine signifikant positiven Effekte gezeigt. »Möglicherweise sind diese bei Dosen über 30 mg pro Tag zu erzielen«, so Lattrich. Generell ist das Sicherheitsprofil des Phytoestrogens dem Mediziner zufolge schwierig zu beurteilen. /