Importeur mit Tradition |
04.06.2014 09:42 Uhr |
Von Brigitte M. Gensthaler, Saaldorf-Surheim / Eurimpharm war Deutschlands erster Arzneimittelimporteur und zählt heute zu den drei größten Unternehmen in diesem Bereich. Seit 2010 hat die Firma ihren Sitz im oberbayerischen Saaldorf-Surheim. Dort hat die PZ das Importunternehmen besucht.
Bis 1975 gab es in Deutschland keine Arzneimittelimporteure. Apotheker Andreas Mohringer wagte den ersten Schritt und gründete in Nordkirchen in Nordrhein-Westfalen Eurimpharm Arzneimittel – mit nur einem Produkt im Sortiment und gerade einmal drei Mitarbeitern. 1979 verlagerte die Firma ihren Sitz ins oberbayerische Piding und wechselte 2010 ins benachbarte Saaldorf-Surheim. Heute ist Eurimpharm die Nummer drei der deutschen Importunternehmer, nach dem Marktführer Kohlpharma und Emramed. Mit rund 475 Mitarbeitern, darunter zehn Apotheker, ist die Firma einer der größten Arbeitgeber im Berchtesgadener Land.
Derzeit hat das Unternehmen, das nach wie vor von Mohringer geleitet wird, nach eigenen Angaben etwa 700 Präparate in 1920 Handelsformen im Sortiment. 2013 erzielte es einen Umsatz von 339 Millionen Euro. Das entspricht einem Marktanteil von etwa 13 Prozent. Neben Arzneimitteln vertreibt Eurimpharm auch Diagnostika und Kupfer-Intrauterinpessare, die in einer Tochterfirma in Belgien hergestellt werden.
Zehntausende Packungen
25 000 bis 30 000 Arzneimittelpackungen verlassen jeden Tag die Verwaltungs- und Produktionsgebäude des sogenannten Eurimpark in Saaldorf-Surheim. »Wir sind einer der modernsten Arzneimittelimporteure in Europa«, sagt Dieter Pirchner, der die Bereiche Marketing und Vertrieb leitet.
Eurimpharm kauft Arzneimittel nur im EU-Ausland ein. Die meisten Parallelimporte stammen Pirchner zufolge aus Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und Rumänien. Auch aus Polen, Ungarn und den baltischen Staaten kommen Lieferungen. Schwerpunkt sind innovative patentgeschützte Arzneimittel in allen Arzneiformen. Auch sensible Arzneimittel wie Impfstoffe, Biologika, monoklonale Antikörper und Blutprodukte gehören zum Portfolio.
Sortimentsbreite und -tiefe sind das eine, Lieferfähigkeit das andere. Diesbezüglich haben die Importeure kein gutes Image bei den Apothekern, wie auch Pirchner weiß. Doch Lieferengpässe entstünden durch die große Nachfrage nach bestimmten Produkten, erklärt der Marketingchef. Davon betroffen seien 300 bis 400 Präparate. Daher habe Eurimpharm 2012 eine Liefergarantie eingeführt, die für 1020 Pharmazentralnummern gilt. »Diese können wir zu 100 Prozent ausliefern. Die Apotheken können sich darauf verlassen, dass sie das bestellte Produkt von uns bekommen«, sagt Pirchner
Kennzeichnen ist Herstellen
Um das Versprechen halten zu können, plane die Firma bei Beschaffung und Kennzeichnung dieser Präparate großzügig und produziere weit über den aktuellen Bedarf hinaus. So könne das Unternehmen Nachfrageschwankungen auffangen. Da etwa 95 Prozent der Eurimpharm-Produkte über den pharmazeutischen Großhandel vertrieben würden, müsse dieser die Lieferfähigkeit mittragen, sagt Pirchner, der eine Lanze für diesen Vertriebsweg bricht. Aus guten Gründen sei Eurimpharm der am stärksten großhandelsorientierte Importeur in Deutschland.
Die importierten Arzneimittel erhalten bei Eurimpharm ein neues Etikett oder eine neue Umverpackung. Laut Gesetz zählen diese Schritte zur Arzneimittelproduktion. »Gemäß Paragraf 4 AMG gehört die Kennzeichnung zur Herstellung«, erklärt Apothekerin Eva-Maria Fögen, Qualitätsbeauftragte bei Eurimpharm »Daher ist Eurimpharm nicht nur Importeur, sondern auch Hersteller und pharmazeutischer Unternehmer.«
Bei einem Rundgang durch den Betrieb stellen Pirchner und Fögen ge meinsam die Produktionsabläufe vor. Jede angelieferte Arzneimittelpackung durchlaufe einen klar geregelten Prozess, bis sie im Versandbereich ankommt und nach letztmaliger und endgültiger Freigabe wieder ausgeliefert werden darf. Fögen: »Die Warenströme der angelieferten und der ausgelieferten Produkte kreuzen sich nicht. Das ist ein Grundzug der Qualitätssicherung.«
Viele Arbeitsschritte
Vom Rohwarenlager fließt die Ware in den Produktionsbereich, wo sie in vielen Arbeitsschritten ausgepackt, geprüft, neu gekennzeichnet, teilweise umgepackt und wieder geprüft wird. Im sogenannten weißen Bereich sind Mitarbeiter in drei Produktionsgruppen tätig, die räumlich um Gruppenleiterzentren herum angeordnet sind. »Unsere Aquarien«, scherzt Fögen. Tatsächlich haben die mittig gelegenen Räume große Fenster zu allen Seiten, sodass die Gruppenleiter die Abläufe jederzeit im Blick haben.
Das Umetikettieren erfolgt – je nach Größe der Charge – maschinell oder von Hand. Etwas mehr als die Hälfte der Ware verlässt in Eurimpharm-Packungen das Haus, der Rest ist umetikettiert. »Es ist wichtig, dass unsere Packungen sauber und hochwertig aussehen«, sagt Pirchner. Sähen sie dem Original möglichst ähnlich, steige die Akzeptanz bei Apothekern und Patienten. Auch Blindenschrift gibt es auf etlichen Packungen.
Jedes fertige Produkt trägt die ursprüngliche Chargennummer des Originalherstellers und eine von Eurimpharm vergebene Nummer, die auch in einem Data-Matrix-Code hinterlegt ist. Dies dient der Qualitätssicherung: »Die Kennzeichnung ermöglicht eine eindeutige Rückverfolgung jeder einzelnen Packung«, sagt Fögen. »Ware mit unklarem Herkunftsland gibt es bei uns nicht. Die endgültige Freigabe eines fertigen Produkts erfolge erst, wenn dieses tatsächlich im Versandbereich angekommen ist. Als Qualitätsbeauftragte verantwortet die Apothekerin diesen letzten Schritt.
Fögen zufolge beteiligt sich Eurimpharm seit rund einem Jahr ebenso wie Kohlpharma am Projekt Securpharm, das Arzneimittel fälschungssicher machen und damit Patienten und Verbraucher schützen soll.
Auch in der Wareneingangskontrolle achteten die Mitarbeiter gezielt auf mögliche Fälschungen, sagt Fögen. Da sie aus jeder Charge mindestens drei Präparate auspackten und detailliert mit Bildvorgaben verglichen, würden sie Veränderungen etwa von Farbe, Größe und Beschaffenheit der Arzneiform erkennen und an die Qualitätskontrolle melden.
Viele Fälschungen könnten laut Fögen zudem bereits beim Einkauf auffallen Die Firma sei daher immer vorsichtig, wenn Warenangebote »zu schön sind, um wahr zu sein«, beschreibt die Apothekerin ihre Erfahrungen.
Auch Vernichten kann vor Fälschung und Missbrauch schützen. »Faltschachteln, Beipackzettel und andere Materialien, die beim Umpacken der Arzneimittel zu Abfall werden, machen wir unbrauchbar«, erklärt Fögen. Dann kommen sie zur speziellen Entsorgung.
Wachstum im Blick
Für das laufende Jahr hat Eurimpharm ehrgeizige Pläne: »Wir wollen prozentual zweistellig wachsen«, sagt Pirchner und ist angesichts der Zahlen aus dem ersten Quartal optimistisch. Man wolle die Apotheken verstärkt auf die Produkte mit Liefergarantie aufmerksam machen und hier die Nachfrage anregen. Zudem nehme Eurimpharm immer wieder neue Produkte ins Sortiment auf und achte auf Kundenwünsche. Der Importeur biete auch Produkte an, die die Originalhersteller in Deutschland nicht mehr vertreiben, die aber im EU-Ausland erhältlich sind.
Ein neues Segment will sich die Firma mit Betäubungsmitteln erschließen. Die Produktion soll beginnen, sobald genügend Rohware vorhanden ist. Ein neuer Btm-Wertschutzraum steht schon bereit. /