»Retter der Kinder« |
04.06.2012 10:25 Uhr |
Von Christoph Friedrich, Marburg / Am 3. Mai 2012 ging die Internet-Datenbank »behring-digital« online. Die Datenbank wurde am Institut für Geschichte der Pharmazie Marburg und in der Emil-von-Behring-Bibliothek erarbeitet.
Für die Pharmaziegeschichte war die Eröffnung der Internet-Datenbank (http://www.uni-marburg.de/behring-digital) ein historisches Ereignis, da die Digitalisate nun in aller Welt abrufbar sind. Die Datenbank ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Projekt zur »Erschließung, Digitalisierung und Bereitstellung des Nachlasses Emil von Behrings im Internet«.
Es handelt sich dabei um einen angereicherten Nachlass des Arztes und Medizinnobelpreisträgers (1854 bis 1917), der eine große Zahl von Briefen, Tagebüchern, Labornotizen und weiteren Aufzeichnungen hinterließ, die Einblicke in sein wissenschaftliches Werk, aber auch in die Alltagsarbeit eines Forschers bieten. Den wissenschaftlichen Durchbruch erzielte von Behring mit der Entwicklung des Diphtherie-Serums, die seinen Namen bis heute in der Geschichte der Medizin und Pharmazie wachhält. Da die Diphtherie damals eine Krankheit war, an der sehr viele Kinder verstarben, galt Behring auch als »Retter der Kinder«.
1895 wurde Behring mithilfe des einflussreichen Ministerialrats im Preußischen Kultusministerium, Friedrich Althoff, gegen den Willen der Medizinischen Fakultät, auf den Lehrstuhl für Hygiene und als Direktor des Hygienischen Institutes berufen. 1901 erhielt er den ersten Nobelpreis für Medizin. Das Nobelpreisgeld investierte er in Grundstücke, die dann die Errichtung der Behringwerke ermöglichten, die er gemeinsam mit dem Marburger Apotheker Carl Siebert (1863 bis 1931) aufbaute, einem Schüler des erfolgreichen Marburger Pharmazeutischen Chemikers Ernst Schmidt (1845 bis 1921).
Die Entwicklung der Behringwerke ist Teil der Biografie Emil von Behrings, weshalb auch die Werkskorrespondenz innerhalb des DFG-Projektes mit bearbeitet wird. Die Korrespondenz mit zahlreichen Wissenschaftlern umfasst circa 1650 Briefe, für die dank der akribischen Arbeit von Dr. Ulrike Enke auch jeweils kurze Inhaltsangaben zur Verfügung stehen. Neben wissenschaftlichen Dokumenten enthält der Nachlass zudem zahlreiche Fotografien und Schul- hefte bis hin zur Nobelpreisurkunde Behrings. Zusätzlich wird auch seine Privatbibliothek mit persönlichen Annotationen bearbeitet.
Das mit Inhaltsangaben und biografischen Informationen verknüpfte digitalisierte Material ermöglicht über eine integrierte Suchfunktion eine Erforschung seines Lebens und Werkes. Die Datenbank wurde von Behrings Großneffen, Christian-Ulrich Behring, im Rahmen einer Feierstunde eröffnet.
Grußworte überbrachten der Vizepräsident der Philipps-Universität, Professor Dr. Joachim Schachtner, der Dekan des Fachbereiches Pharmazie, Professor Dr. Michael Keusgen sowie in Vertretung des Dekans der Medizinischen Fakultät Professor Dr. Gerhard Aumüller, der als langjähriger kommissarischer Leiter der Emil-von-Behring-Bibliothek wesentlichen Anteil an der Erhaltung des Nachlasses besitzt.
Auch der Oberbürgermeister der Stadt Marburg, Egon Vaupel, hob Behrings Verdienste als Kommunalpolitiker in seinem Grußwort hervor. Dr. Kornelia Grundmann informierte über die wechselvolle Geschichte des Marburger Behring-Nachlasses, der 1999 bei der Auflösung des Archivs der Behringwerke zunächst als Depositum an die Philipps-Universität gelangte und 2011 der Universität als Schenkung übergeben wurde. Der Nachlass wurde von den beiden Projektmitarbeiterinnen näher vorgestellt. /
Leiter des Behring-Datenbank-Projekts sind der Direktor des Institutes für Geschichte der Pharmazie, Professor Dr. Christoph Friedrich, sowie Dr. Kornelia Grundmann von der Emil-von-Behring-Bibliothek – Arbeitsstelle für Geschichte der Medizin. Das DFG-Projekt, in dem neben Dr. Ulrike Enke auch die Diplombibliothekarin Martina Kahler beschäftigt ist, läuft von 2009 bis 2013.