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Autoimmunerkrankungen 1

Freund oder Feind

08.06.2010  12:52 Uhr

Das Immunsystem muss zwischen Eigen und Fremd unterscheiden können, um Krankheitserreger gezielt zu vernichten und körpereigene Strukturen nicht anzugreifen. Wenn bei dieser Unterscheidung Fehler auftreten, können sich Autoimmunerkrankungen entwickeln.

»Die Rolle des Immunsystems, die es normalerweise bravourös ausführt, ist, zwischen eigenen und fremden Strukturen zu unterscheiden«, sagte Professor Dr. Angelika Vollmar vom Zentrum für Pharmazieforschung an der Universität München. Während Pathogene angegriffen werden, müssen körpereigene Strukturen toleriert werden. Auch harmlose fremde Strukturen wie etwa Nahrungsbestandteile muss das Immunsystem als harmlos erkennen. Wenn es sich gegen das falsche Ziel richtet, entstehen Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes, Rheumatoide Arthritis oder Multiple Sklerose.

Wie das Immunsystem lernt, körpereigene Gewebe zu tolerieren, ist ein komplexer Prozess. Die Hauptakteure der erworbenen Immunantwort sind die B-Lymphozyten, die Antikörper produzieren, und die T-Lymphozyten, die auf ihrer Oberfläche spezifische Rezeptoren besitzen, die Er­reger erkennen. Die Vorläufer dieser T-Zellen reifen im Thy­mus heran und weisen zu­nächst keinen solchen Rezep­tor auf. Der T-Zell-Rezeptor wird dann in der Pro-T-Zelle in sogenannter somatischer Rekombination gebildet. Er besteht aus einem hochvariablen Erkennungsanteil und einem konstanten Effektoranteil. Dabei codiert nicht ein einzelnes Gen für den variablen Teil, sondern eine Reihe von Gensegmenten, die nach dem Zufallsprinzip in unterschiedlicher Abfolge und Zusammensetzung wie ein Baukastensystem zusammengefügt werden. Das Ergebnis ist in jeder Zelle anders. Durch dieses Prinzip entstehen zwischen 108 und 1011 T-Zellen mit jeweils unterschiedlichem T-Zell-Rezeptor. Die hohe Zahl gewährleistet, dass gegen jeden Erreger, auch bis jetzt noch unbekannte Pathogene, spezifische T-Zellen gebildet werden. Nach dem gleichen Prinzip entstehen auch die Antikörper in den B-Zellen.

 

Bei dieser antigenunabhängigen Generierung von Rezeptoren nach dem Zufalls-prinzip entstehen immer auch solche, die körpereigene Strukturen erkennen. Diese müssen eliminiert werden. Dies passiert in einem Selektionsprozess, den weniger als 10 Prozent aller gebildeten T-Zellen überstehen. »Die Lymphozyten werden scharfen Kontrollen unterzogen«, sagte Vollmar. »Und die Kontrolleure sind die antigenpräsentierenden Zellen.« Diese präsentieren im Thymus körpereigene Antigene. T-Zellen, die diese Eigenpeptide mit hoher Affinität erkennen, leiten den programmierten Zelltod ein, vernichten sich also selbst. Auch T-Zellen, die kein Antigensignal erhalten, gehen in Apoptose. Nur solche mit mittlerer Affinität zu Eigenpeptiden entwickeln sich zu reifen naiven T-Zellen und können den Thymus verlassen und in die Blutbahn gelangen. Damit sollten eigentlich alle autoreaktiven T-Zellen beseitigt sein. »Doch das System ist nicht zu 100 Prozent sicher«, sagte die Referentin. Zum einen weil alle Systeme fehlerbehaftet sind und zum anderen weil nicht alle Eigenpeptide, die im Körper vorkommen, von den antigenpräsentierenden Zellen präsentiert werden können. Um mögliche autoreaktive Zellen, die dem Kontrollsystem entwischt sind, zu neutralisieren, gibt es eine Reihe zusätzliche Toleranzmechanismen in der Peripherie. Eine davon ist die Deletion, bei der T-Zellen, die ständig durch Eigenpeptide stimuliert werden, in Apoptose gehen. Ein anderer Mechanismus ist die sogenannte Suppression, bei der regulatorische T-Zellen (Treg) helfen, autoreaktive T-Zellen unschädlich zu machen.

 

Eine Autoimmunerkrankung entsteht, wenn diese Toleranzmechanismen zusammenbrechen. »Hierbei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle«, sagte Vollmar. Neben der Umwelt sind dies die genetische Disposition und die Immunregulation. Von besonderem Interesse sind seit einiger Zeit die regulatorischen T-Zellen, so die Referentin. Denn neuere Untersuchungen zeigen, dass die Balance zwischen den autoreaktiven T-Zellen und diesen regulatorischen T-Zellen für die Entstehung einer Autoimmunerkrankung ganz entscheidend ist.

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