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Rauschdrogen im Jugendalter

Eine verhängnisvolle Affäre

08.06.2010  12:29 Uhr

Ein Viertel aller Krankheitskosten in der Gruppe der 15- bis 29-Jährigen geht auf Missbrauch von Drogen wie Cannabis, Alkohol oder Ecstasy zurück. Abgesehen vom gesellschaftlichen Schaden ist das Risiko für jeden einzelnen Konsumenten immens. Was so alles passieren kann.

Gute und schlechte Nachrichten hatte Professor Dr. Rainer Thomasius vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf zu überbringen. Zuerst die guten: »Die Suchtprävention in Deutschland beginnt zu wirken«, so der Mediziner. Seit 2004 werde die Gruppe der »Cannabis-Probierer« kleiner und das Einstiegsalter habe sich um durchschnittlich ein Jahr, auf 15 Jahre, nach hinten verschoben. »Ein guter Indikator, dass die Aufklärungskampagnen zu wirken beginnen.« Die schlechte Nachricht folgte auf dem Fuße. Der Anteil der riskant Alkohol-konsumierenden Jugendlichen steigt, vor allem erhöhe sich die Fallzahl bei jungen Mädchen. In der Gruppe der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen sei einer Untersuchung zufolge jeder Zwölfte betroffen.

Komasaufen, Trichtersaufen oder neudeutsch Binge-Drinking: Risiko­faktoren dafür sind dem Referen­ten zufolge unter anderem ein niedriger sozialer Status, viel Taschengeld und exzessiv konsumierende Peers, also die Gruppe Gleichaltriger und Gleich­gestellter im Umfeld. »Die Mehrheit konsumiert aus hedonistischen Mo­tiven wie Genuss und Stimmungs­steigerung«, informierte Thomasius. Eine kleine Gruppe von 5 bis 10 Pro­zent funktionalisiere die Drogen be­reits in diesem Lebensalter um, da­mit sie zum Beispiel mit den Lebens­verhältnissen besser zurechtkommt.

 

Die Folgen des Drogenkonsums sind weitreichend. Thomasius beleuchtete vier Aspekte. Als Erstes nannte er das Phänomen der Neurodegenera­tion. Während man früher gedacht hat, dass es nur nach langjährigem Alkoholkonsum dazu kommt, weiß man heute, dass dem nicht so ist. Untersuchungen zeigen, so Thomasius, dass bereits in der Adoleszenz im Bereich der Hirnrinde und auch in tiefer liegenden Bereichen bei Drogenkonsumenten neuronale Degeneration stattfindet. Und: Je höher der Konsum, desto niedriger die Substanzmenge im präfrontalen Cortex. Das Problem ist nicht auf Alkohol beschränkt: Auch Cannabis und zum Beispiel Ecstasy verursachen Neurodegeneration. »Ecstasy-Konsumenten haben signifikant weniger Serotonin-Transporter«, sagte der Mediziner. Das sei ein Hinweis auf serotonerge Neurodegeneration.

 

Beim zweiten Aspekt ging Thomasius darauf ein, dass das Suchtgedächtnis bei Kindern und Jugendlichen viel empfindlicher anspricht als bei Erwachsenen. Deswegen sei das Einstiegsalter ein bedeutender Risikofaktor. Eine wichtige Aufgabe in der Prävention sei es daher, den Einstieg so weit wie möglich in die Adoleszenz zu verschieben.

 

Drittens machte Thomasius auf Reifungsstörungen des Gehirns aufmerksam. Insbesondere tierexperimentelle Untersuchungen zeigten, dass zum Beispiel Cannabis die Bildung von Nervenzellverbänden blockiert und sich bestimmte Nervenbahnen nicht richtig entwickeln. Das seien vor allem Strukturen, die für die Emotionskontrolle äußerst wichtig sind.

 

Last but not least kann der Substanzmissbrauch zu Identitätsstörungen führen. »Das Durchlaufen der Etappen einer Persönlichkeitsentwicklung bleibt stecken«, beschrieb Thomasius diesen Sachverhalt.

 

Am Ende seines Vortrages ging er auf Erfolg versprechende Präventionsmaßnahmen ein. Thomasius bedauerte, dass viele Möglichkeiten in Deutschland bislang nicht genutzt werden. Einer Untersuchung zufolge seien Maßnahmen zur Regulierung der Verfügbarkeit von Alkohol (etwa Mindestalter und Beschränkung der Verkaufszeiten) und Preisgestaltung viel effektiver als das, »was wir in der Schule an Prävention machen«. Ferner seien auch die Maßnahmen gegen Alkohol am Steuer effektiv. »Deutschland hat das am besten entwickelte Suchtberatungssystem«, sagte der Mediziner. Leider gelte das nicht für Kinder und Jugendliche. In der Zukunft müssten die Behandlungsmöglichkeiten, sowohl ambulant als auch stationär, erweitert werden.

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