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Placeboeffekt

Die Erwartungswirkung

01.06.2016  09:45 Uhr

Nein, ein Placebo ist kein unwirksames Präparat. Ein Placebo hat in vielen Fällen eine nicht unerhebliche Wirkung, sagt Professor Dr. Christian Büchel, Neurowissenschaftler am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf. Entscheidend für die Wirkung seien Erwartung und Erfahrung.

»Richtig eingesetzt, kann ein Placebo die Arzneimitteltherapie von Schmerzpatienten sehr unterstützen«, sagte Büchel. Einen entscheidenden Anteil an der Placebowirkung hat das Belohnungssystem im Gehirn. Über Endorphine kann es Schmerzen ganz erheblich beeinflussen. Die körpereigenen Opioide können die auf- und absteigenden nozizeptiven Neurone deutlich modulieren.

 

Kein Hokuspokus

Mittlerweile ist es weitgehend unwidersprochen, dass der Placeboeffekt kein Hokuspokus ist. Die Erwartung spielt hierbei eine zentrale Rolle, wie Büchel deutlich machte. So beschrieben Probanden, die in einem Versuch einem angeblich starken Reiz ausgesetzt wurden, die damit verbundenen Schmerzen als deutlich stärker als andere, die nur einem vermeintlich schwachen Reiz ausgesetzt wurden. Tatsächlich war der Reiz jedoch in beiden Gruppen gleich. »Entscheidend war hier die Erwartung.«

 

In einem anderen Versuch erhielten Probanden zwei unterschiedliche Hautcremes. Der einen Gruppe wurde gesagt, es handele sich um eine handelsübliche analgetische Creme. Die andere Gruppe erhielt eine vermeintliche Turbohautcreme, die angeblich mit einem Laserstrahl energetisch aufgeladen worden war. Auch hier war das Produkt in beiden Fällen identisch, die Bewertung innerhalb der beiden Gruppen aber nicht. Die Lasercreme wirkte um ein Vielfaches besser.

 

Mittlerweile haben Wissenschaftler eine ganze Menge über den Placebo­effekt herausgefunden. So liegt in einem Hirnareal mit dem Namen Anteriores Cingulum eine Region, die offenbar daran beteiligt ist. Vermutlich sind endogene Opioide dabei die handelnden Akteure. Es konnte nämlich gezeigt werden, dass Naloxon den Placebo­effekt antagonisiert. Dabei ist der Placeboeffekt offenbar keine rein zerebrale Angelegenheit. Auch im Rückenmark gibt es Neurone, die die Aktivität auf- und absteigender Nervenbahnen modulieren.

 

Für Büchel steht fest, dass ein richtig eingesetzter Placeboeffekt ein wichtiger Teil einer Schmerztherapie sein kann. Er konkurriert dabei nicht mit der klassischen Schulmedizin, sondern ergänzt die Arzneimitteltherapie. Erfahrung und Erwartung kombiniert mit einer klassischen Verumtherapie könnten den Erfolg der Behandlung deutlich steigern. Eine zentrale Rolle spiele dabei der Therapeut; sein Auftreten gegenüber dem Patienten trägt neben dessen Erwartung entscheidend zum Placeboeffekt bei. Zu den Therapeuten zählte er an dieser Stelle auch die Apotheker. Ebenfalls von Bedeutung kann auch der Kontext sein, in dem sich Erfahrung und Erwartung manifestiert haben.

 

Ergänzung zum Verum

 

Einen Verzicht auf die Verumtherapie empfiehlt Büchel dagegen nicht, denn Erwartungs- und Erfahrungseffekte könnten eine klassische Behandlung nicht ersetzen. Außerdem warnte der Neurowissenschaftler davor, aus den Erkenntnissen zum Placeboeffekt einen »Freibrief für Quacksalberei« abzuleiten. Er erinnerte daran, dass es nicht nur einen Placebo- sondern auch einen Noceboeffekt gibt. Auch dieser werde von Erwartungen und Erfahrungen beeinflusst.

 

Für forschende Arzneimittelhersteller kann der Placeboeffekt auch unerfreuliche Aspekte haben. Bei vielen Schmerzmitteln sei er so groß, dass es immer schwieriger werde, einen evidenten Vorteil gegenüber Placebo zu generieren. »Das gilt sogar für Opioide«, sagte Büchel, der diese Aussage aber nicht als Appell für den Ausstieg aus der Therapie mit Opiaten missverstanden sehen wollte.

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