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Adipositas

Fokus auf die Prävention

27.05.2013  17:09 Uhr

Von Christina Hohmann-Jeddi / Übergewicht vorzubeugen ist einfacher als überschüssige Kilos wieder loszuwerden. Über Möglichkeiten der Prävention und die Rolle des Apothekers sprach die PZ mit Professor Dr. Werner Richter vom Institut für Fettstoffwechsel und Hämorheologie in Windach.

PZ: Bei den Präventionstagen in Nürnberg werden Sie zum Thema Adipositas sprechen. Wie gravierend ist das Problem in Deutschland?

 

Richter: Deutliches Übergewicht, ab einem Body-Mass-Index über 30, ist ein zunehmendes Problem in Deutschland. Wir befinden uns weltweit auf Platz zwei nach den USA. Das ist deswegen so problematisch, weil deutliches Übergewicht mit einer Reihe von Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen einhergeht. Außerdem wirkt es sich doppelt nachteilig aus: Je schwerer man ist, desto weniger bewegt man sich in der Regel.

 

PZ: Welche Möglichkeiten gibt es, Körpergewicht zu reduzieren? Gibt es neue Ansätze in der Therapie?

Richter: Die Erfahrung zeigt, dass kurzfristige Reduktionsdiäten nicht funktionieren. Die Erfolgsquote liegt bei null. Eine dauerhafte Gewichtsreduktion erreichen nur Personen, die ihre Ernährung nachhaltig umstellen. Derzeit erforscht man verschiedene neue Ansätze, zum Beispiel Mechanismen des Körpers, durch die Energie als Wärme abgestrahlt wird statt eingelagert zu werden. Diese existieren im braunen Fettgewebe. Das braune Fett wirkt wie ein Verbrennungsmotor – es verbrennt Kalorien und erzeugt Wärme. Es könnten eines Tages Medikamente auf den Markt kommen, die diese Mechanismen ankurbeln, also das braune Fettgewebe aktivieren, um Energie zu entsorgen. Neue Erkenntnisse gibt es auch zur Auswirkung der Darmflora auf das Körpergewicht. Die Zusammensetzung der Darmbakterien spielt eine große Rolle für die Entstehung von Übergewicht, denn die Darmflora ist für die Ausbeute der Energie aus der Nahrung verantwortlich. Bei Übergewichtigen liegen mehr Enzyme im Darm vor, die Stärke und andere Polysaccharide spalten. Derzeit arbeiten Experten an Ansätzen, die Darmflora zu beeinflussen, etwa durch Prä- oder Probiotika.

 

PZ: Wichtiger als die Therapie ist die Prävention von Adipositas. Gibt es hier neue Ansätze?

 

Richter: Da die derzeitigen therapeutischen Maßnahmen so unbefriedigend sind, muss der Fokus auf der Prävention liegen. Hier sind vor allem ausreichende körperliche Aktivität und gesunde Ernährung zu nennen. Auch zur Ernährung gibt es neue Erkenntnisse. Es wurden kürzlich zwei Mutationen entdeckt, die jeweils bei etwa 20 Prozent der Bevölkerung vorkommen. Mutationsträger, die ausreichend mehrfach ungesättigte Fettsäuren zu sich nehmen, haben ein um 8 bis 12 kg geringeres Körpergewicht als Personen ohne diese Mutation. Anzunehmen sind Auswirkungen auf das Appetit- und Sättigungsverhalten. Fett ist somit nicht unbedingt als negativ zu betrachten. Die richtigen Fette können zumindest bei einem Teil der Bevölkerung sogar prophylaktisch gegen Übergewicht wirken. Außerdem weiß man seit Kurzem, dass bestimmte Phospholipide, die in der Ernährung vorkommen, einen eigenen Rezeptor in Säugetieren und im Menschen besitzen. Wenn man diese Phospholipide mit der Nahrung zuführt, kann man Übergewicht reduzieren und die Ausprägung von Diabetes abmildern. Bislang gibt es hierzu allerdings nur Ergebnisse aus Tierversuchen, der genaue Wirkmechanismus muss noch aufgeklärt werden.

 

PZ: Wie können sich Apotheker in die Prävention von Adipositas und den Folgeerkrankungen einbringen?

 

Richter: Apotheker können unter anderem über Risikofaktoren aufklären und Lebensstiländerungen vorschlagen. Wie erfolgreich dies sein kann, zeigt die vom WIPIG initiierte Aktion Herzensangelegenheit 50+. Dafür haben 13 Apotheken in Nordbayern fast 2000 Teilnehmer im Alter von 50 bis 70 Jahren gewonnen. Anhand von Parametern wie Blutdruck und Blutfettwerten haben sie das individuelle Herz­infarktrisiko bestimmt und falls erforderlich Maßnahmen zur Risikoreduktion vorgeschlagen. Anschließend wurden die Teilnehmer für ein Jahr von ihnen betreut. Davon profitierten etwa 60 Prozent dieser Teilnehmer deutlich. Sie verloren an Gewicht, die Blutfettwerte verbesserten sich und Medikamente konnten von den behandelnden Ärzten abgesetzt werden.

 

PZ: Und wie geht es nach Studien­ende weiter?

 

Richter: Das Konzept ist erfolgreich. Wir wollen es in Zukunft allen Apotheken anbieten. Die Auswertung der Daten ist abgeschlossen, und wir werden die Ergebnisse in Kürze veröffentlichen. Dies ist auch wichtig, um der Politik zu zeigen, dass die Präventionsarbeit der Apotheker erfolgreich und kosten­effektiv ist. /

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