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Multiple Sklerose

Cannabinoide gegen MS-Spastik

Datum 30.05.2011  17:22 Uhr

Von Hannelore Gießen, München / Schmerzhafte Krämpfe und Lähmungen beeinträchtigen die Lebensqualität vieler Patienten mit Multipler Sklerose. Ab 1. Juli 2011 steht mit einem Cannabinoid-haltigen Spray zur Anwendung auf der Mundschleimhaut eine neue Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung.

Etwa 130 000 Patienten in Deutschland leiden an Multipler Sklerose (MS), einer chronisch entzündlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems. Knapp 85 Prozent der Patienten entwickeln im Lauf der Erkrankung eine Spastik, die über die Jahre meist deutlich zunimmt. Spastische Tonuserhöhungen können entweder direkt Schmerzen verursachen oder über Folge­erkrankungen, wie Muskel- und Gelenkkontrakturen, Fehlstellungen und Immobilität, zu Schmerzen führen.

 

Gestörte Reizleitung bei MS

 

»Eine durch Multiple Sklerose induzierte Spastik kann sich massiv auf das tägliche Leben der Patienten auswirken: Krämpfe und Steifheit beeinträchtigen den Alltag, Schmerzen stören den Schlaf«, berichtete Prof. Dr. med. Jürgen Koehler, Geschäftsführer des Multiple Sklerose Behandlungszentrums Kempfenhausen, bei einer von Almirall Hermal initiierten Pressekonferenz Ende Mai in München.

Etwa ein Drittel aller Patienten entwickelt nur leichte Beschwerden, doch ein weiteres Drittel ist von spastischen Krämpfen oder Lähmungen mäßig bis schwer betroffen. Für die Therapie werden bisher vor allem die Muskelrelaxanzien Baclofen und Tizanidin sowie die Antikonvulsiva Gabapentin und Clonazepam eingesetzt. Doch viele Patienten können damit nicht ausreichend behandelt werden.

 

Seit Jahren ist bekannt, dass das körpereigene Cannabinoidsystem bei spastischen Störungen massiv verändert ist. Die physiologischen Cannabinoide, auch als Endocannabinoide bezeichnet, erfüllen im Körper verschiedene Aufgaben, wie die Impulsübertragung von einem Nerven zum nächsten. Bei MS-induzierter Spastik seien deutlich weniger Endocannabinoide gefunden worden, berichtete Koehler.

 

So lag es nahe, Inhaltsstoffe der Hanfpflanze Cannabis sativa, die ebenso wie die Endocannabinoide an die Cannabinoid-Rezeptoren im Körper binden, in der MS-Therapie einzusetzen. Eine Mischung aus δ-9-Tetrahydrocannabinol (THC) sowie Cannabidiol (CBN) wurde zu einem Spray zur Anwendung auf der Mundschleimhaut entwickelt und kommt jetzt auf den Markt. Beide Cannabinoide werden aus Cannabis-sativa-Pflanzen gewonnen, die unter kontrollierten Bedingungen angepflanzt und verarbeitet werden. Eine Mischung aus zwei Cannabinoiden zu etwa gleichen Teilen sei gewählt worden, weil sich so die Nebenwirkungen vermindern ließen, erklärte Koehler. Als häufigste unerwünschte Arzneimittelwirkungen treten unter der Therapie mit dem Cannabinoid-Spray vor allem zu Beginn Schwindel, Müdigkeit, Schlaflosigkeit sowie Übelkeit auf.

 

In klinischen Studien verbesserten die Cannabinoide eine MS-induzierte Spastik, ohne Muskelschwäche hervorzurufen. Allerdings zeigte sich, dass nicht alle Patienten auf die Therapie ansprachen. In der 2011 im European Journal of Neurology publizierten Zulassungsstudie wurde deshalb eine vierwöchige Studiendauer der Randomisierung vorgeschaltet, in der alle 572 Patienten mit den Cannabinoiden behandelt wurden. Danach erfüllten 241 das Einschlusskriterium einer Reduktion der spastischen Beschwerden um mindestens 20 Prozent. Diese Patienten wurden randomisiert und erhielten über zwölf Wochen entweder weiterhin das Cannabinoid-Spray oder Placebo. Dabei zeigte sich, dass bei Patienten, die weiter das neue Medikament bekamen, die Verbesserung der spastischen Symptomatik anhielt, während die Beschwerden in der Placebogruppe auf das Niveau vor der Behandlung anstiegen.

 

Änderung des Btm-Rechts

 

Das Cannabinoid-Spray wird ab 1. Juli 2011 unter der Bezeichnung Sativex® Spray zur Anwendung in der Mundhöhle auf dem Markt sein. Das neue Medikament ist zugelassen als Zusatzbehandlung zur Verbesserung von Symptomen bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Spastik aufgrund einer Multiplen Sklerose, die nicht angemessen auf eine andere antispastische Arzneimitteltherapie angesprochen haben. Die Zulassung ist zudem da­ran gebunden, dass die Wirksamkeit des neuen Medikamentes in einem Anfangstherapieversuch ermittelt wird.

 

Voraussetzung für die Markteinführung war eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, die am 18. Mai 2011 in Kraft trat: Cannabis wurde bedingt – in zugelassenen Fertigarzneimitteln oder für deren Herstellung – im Betäubungsmittelgesetz aus Anlage I (nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel) in Anlage III (verkehrs- und verschreibungsfähig) beziehungsweise II (verkehrsfähig) umgestuft. / 

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