Alarmstufe rot |
27.05.2008 16:42 Uhr |
<typohead type="3">Rote Augen: Alarmstufe rot
Das Auge brennt, tränt und ist auffallend gerötet: Das als rotes Auge bekannte Krankheitsbild kann viele Ursachen haben. Es bedarf einer detaillierten Diagnostik, um geeignete Arzneimittel zur Behandlung auszuwählen.
Apotheker und Augenärzte sehen fast täglich Patienten mit roten Augen, sagte Privatdozentin Dr. Ursula Müller-Breitenkamp, Bonn. Die normalerweise durchsichtige Bindehaut erscheint bei diesen wegen einer stärkeren Durchblutung rot. Dabei handelt es sich nicht um eine Erkrankung, sondern um ein Symptom, so unspezifisch wie Bauchschmerzen, sagte die Augenärztin. Ursachen gibt es eine ganze Reihe. Eine der häufigsten sind bakterielle Infektionen, die hauptsächlich durch Staphylokokken, Pneumokokken oder Haemophilus influenzae verursacht werden. Die Bakterien satteln sich dabei in der Regel auf eine bestehende virale Infektion drauf. Meist sind beide Augen gleich betroffen. Bindehaut und Augenlider sind stark gerötet und die Lider durch ein weißes Sekret verklebt, berichtete Müller-Breitenkamp. Zur Behandlung sind eine Vielzahl antibiotisch wirksamer Augentropfen zugelassen, darunter ein Gyrasehemmer der vierten Generation (Moxifloxacin), der eine spezielle Zulassung für Kinder und Jugendliche hat.
Im Gegensatz zur bakteriellen ist bei der viralen Bindehautinfektion, die zum großen Teil auf Adenoviren zurückgeht, ein Auge meist stärker betroffen als das andere. Lidwinkel und Bindehaut sind geschwollen, aber weniger gerötet als bei Bakterieninfektionen. Virustatika sind in der Behandlung unwirksam. Eingesetzt werden Filmbildner und Corticosteroide. Vor Einsatz von Cortison muss der Augenarzt mit der Spaltlampe sicherstellen, dass keine Hornhautdefekte vorliegen, da Corticosteroide sonst kontraindiziert sind, berichtete Müller-Breitenkamp.
Nach Infektionen sind Allergien die häufigsten Ursachen von roten Augen. So ist gerade bei Heuschnupfen auch meist das Auge mitbeteiligt. Typischerweise juckt das Auge, die Bindehaut ist geschwollen und leicht gerötet. Zur Behandlung steht eine Vielzahl guter Antiallergika zur Verfügung, wobei die neuen nicht notwendigerweise besser seien als die älteren, sagte die Augenärztin. Da keine Gefährdung für das Sehvermögen bestehe, sollten Heuschnupfen-Patienten ausprobieren, mit welchem Präparat sie am besten zurechtkommen, riet Müller-Breitenkamp. Bei starken Allergiereaktionen am Auge könnten cortisonhaltige Augentropfen über kurze Zeit eingesetzt werden.
Neben diesen einfach zu diagnostizierenden gibt es viele weitere Ursachen von roten Augen wie übermäßige UV-Strahlung, Klimaanlagen, Staub oder ein inkorrekter Gebrauch von Kontaktlinsen (zu langes Tragen oder falsche Pflegemittel). Zudem kann ein unvollständiger Lidschluss, wie er etwa durch eine Facialisparese (Lähmung des Gesichtsnervs) entstehen kann, das Auge austrocknen und die Bindehaut reizen.
Bei älteren Menschen kann es zu einer Lidfehlstellung kommen, bei der sich die Lider entweder nach außen (Ektopium) oder nach innen (Entropium) einrollen. Beide Formen können operativ behoben werden, erklärte Müller-Breitenkamp.
Ein Hyposphagma (Bindehautunterblutung) entsteht, wenn ein Äderchen platzt. »Dies sieht zwar gefährlich aus, ist in der Regel aber völlig harmlos«, sagte die Referentin. Entsprechend einem blauen Fleck löst sich die Blutung von selbst wieder auf, bereitet keine Schmerzen und beeinträchtigt die Funktion des Auges nicht. Wenn diese Unterblutungen häufiger auftreten, könnte eine gerinnungshemmende Therapie oder eine Blutdruckkrise die Ursache sein.
Neben Reaktionen der Bindehaut kann auch eine Beeinträchtigung der Hornhaut zu roten Augen führen. »Patienten mit Hornhautverletzungen haben immer Schmerzen, da es eine fein durchnervte Struktur ist«, sagte Müller-Breitenkamp. Die Ursachen sind auch hier vielfältig. Sie reichen von Traumata durch Fremdkörper im Auge, toxische Läsionen bis hin zu Abschürfungen der Hornhaut durch Trockenheit. Dieses trockene Auge (Sicca-Syndrom) werde immer häufiger, berichtete die Referentin. Es beruht auf einer Abnahme und veränderten Zusammensetzung des Tränenfilms. Symptome sind Brennen, Jucken und Fremdkörpergefühl im Auge sowie verstärktes Tränen, was paradox wirkt. »Auf die Trockenheit reagiert das Auge mit verstärkter Bildung von Tränenflüssigkeit, die die Hornhaut aber nicht schützt«, sagte Müller-Breitenkamp. Zur Therapie stünden mehr als hundert Tränenersatzmittel bereit, von denen Präparate ohne Konservierungsstoffe zu bevorzugen seien.
Eine seltene Ursache von roten Augen sei das akute Glaukom, das aufgrund der ähnlichen Symptomatik häufig mit Migräne verwechselt werde. »Den sehr hohen Augeninnendruck von etwa 60 bis 70 mmHg bei einem Anfall hält das Auge nur wenige Stunden aus, dann ist es verloren«, sagte die Referentin. Daher sollte der Apotheker Patienten, die über eine Migräneattacke klagen, auch in die Augen schauen. Ein akutes Glaukom ist durch stark geweitete Pupillen und eine Hornhauttrübung zu erkennen. Patienten sollten sofort eine Augenklinik aufsuchen, denn es besteht akute Erblindungsgefahr.