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Magere Evidenzdaten zur Homöopathie

30.05.2006  15:09 Uhr

Pharmacon Meran 2006

<typohead type="3">Magere Evidenzdaten zur Homöopathie

Die Homöopathie ist eine wissenschaftlich nicht plausible Therapieform. Systematische Reviews können die Wirksamkeit nicht belegen, und zudem ist die Homöopathie nicht nebenwirkungsfrei. Dieses Fazit zog Professor Dr. Edzard Ernst von der Peninsula Medical School, Exeter.

 

Schon zu Lebzeiten ihres Gründers, Samuel Hahnemann, war die Homöopathie bei den Patienten sehr beliebt, unter anderem weil damalige konventionelle Medizinverfahren mitunter lebensgefährlich waren. Hier liege vielleicht der größte Vorteil von Hahnemanns Lehre, sagte Ernst. Einer Studie zufolge ist die Homöopathie heute vor allem in reichen Ländern sehr beliebt, während sie in ärmeren Ländern kaum eine Rolle spiele.

 

Schon das Fundament der Homöopathie sei nicht tragfähig, kritisierte der Referent, selbst Homöopath und Wissenschaftler. Das Ähnlichkeitsprinzip sei wissenschaftlich nicht plausibel und auch der Grundgedanke der Potenzierung, dass ein Mittel mit zunehmender Verdünnung potenter werde, nicht haltbar. »Wo kein Molekül ist, kann auch nichts wirken.«

 

Dünn ist die Studienlage zur Evidenz der Methode. Zwar zeigen viele unkontrollierte Beobachtungsstudien positive Effekte, doch dies sei nur die niedrigste Stufe der Evidenz, erläuterte der Referent. Daraus könnten zwar Hypothesen abgeleitet werden, doch zu deren Überprüfung sind kontrollierte klinische und randomisierte Studien nötig. Diese führten jedoch oft zu dem Ergebnis, dass das Homöopathikum nicht wirksamer als Placebo war. Die Konsensbildung erfolge dann in systematischen Reviews (SR). Metaanalysen sind SRs mit statistischer Zusammenfassung von Daten.

 

Bei der kritischen Bewertung von Anwendungsbeobachtungen (AWB) müsse man zudem wissen, dass Therapieerfolge nicht unbedingt mit der Therapie zusammenhängen, sagte Ernst. Eine Besserung könne durch den Placeboeffekt, den natürlichen Verlauf, das psychologische Phänomen der sozialen Erwünschtheit (der Patienten berichtet nur das, was der Arzt hören will) und viele andere Faktoren eintreten.

 

Beweisend sind daher erst randomisierte doppelblinde placebokontrollierte Studien. Ernst stellte zwei veröffentlichte Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen vor. Eine zeigte keine Unterschiede hinsichtlich Schwellung, Schmerz und Hämatom nach Gabe von Arnica C6, C30 oder Placebo bei 64 Patienten, die wegen eines Karpaltunnelsyndroms operiert worden waren. Während Homöopathie-Anhänger diese Studie heftig kritisierten, feierten sie eine Studie, die einen deutlichen Benefit der homöopathischen Therapie bei Patienten mit allergischer Rhinitis zeigte. Bei Patienten, die »ihr« Allergen als C30 bekommen hatten, wurde ein besserer nasaler Peak-flow gemessen als unter Placebo.

 

Für Aufruhr sorgte die Metaanalyse von Linde und Mitarbeitern 1997. Die Forscher bezogen alle kontrollierten klinischen Studien zur Homöopathie mit ein, die doppelblind oder randomisiert angelegt waren, unabhängig von Indikation und Arzneimittel. Auf Grund der positiven Ergebnisse folgerten sie, dass die »klinischen Effekte der Homöopathie nicht ausschließlich auf Placebo« beruhen. Die Wissenschaft war entsetzt und kritisierte das Studiendesign massiv. Seitdem wurden 18 weitere SRs publiziert, darunter sechs Re-Analysen von Lindes Studienmaterial, die nicht zu positiven Resultaten kamen, informierte Ernst.

 

Im letzten Jahr erschien eine Metaanalyse, die 110 placebo-kontrollierte Homöopathie-Studien mit 110 nicht homöopathischen Studien verglich. Die Autoren stellten fest, dass 19 Prozent der Homöopathie-Studien, aber nur 8 Prozent der anderen eine gute Qualität aufwiesen. Je kleiner die Fallzahl war, umso größer war die Effektgröße. Insgesamt resümierten die Autoren, dass die klinischen Effekte der Homöopathie ausschließlich Placeboeffekte seien.

 

Eine eigene Evaluierung habe ergeben, dass die Homöopathie bei chronischem Fatigue-Syndrom, Heuschnupfen und prämenstruellem Syndrom »wirksam zu sein scheint, allerdings bei dünner Studienlage«. Ernst: »Das war nicht überzeugend positiv.« Als »vielleicht positiv« stufte er die Daten bei Fibromyalgie, Osteoarthritis und rheumatoider Arthritis ein, als negativ, bei ebenfalls dünner Studienlage, den Einsatz in der palliativen Krebstherapie, Kopfschmerzen, Bluthochdruck und Tinnitus.

 

Kritisch äußerte sich Ernst zu Nebenwirkungen. Homöopathika selbst seien wohl frei von unerwünschten Effekten. Angesichts der ablehnenden Haltung vieler Homöopathen gegenüber Impfungen könne er dies von den Vertretern der Methode jedoch nicht sagen. Er plädierte für die Bereitstellung von EU-Geldern zur Erforschung der Homöopathie, an der Homöopathen unbedingt mitwirken sollten. Diese müssten sich allerdings vorher verpflichten, das wissenschaftliche Ergebnis zu akzeptieren.

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