Pharmazeutische Zeitung online
Daniel Bahr

Gesundheitsfachmann wird Minister

17.05.2011  18:28 Uhr

Von Daniel Rücker und Stephanie Schersch / Daniel Bahr gilt als smart, redegewandt und erfahren im Gesundheitswesen. Die Erwartungen an ihn als neuer Gesundheitsminister sind hoch. Dabei wird er die Politik seines Vorgängers zunächst weitgehend fortsetzen.

Daniel Bahr ist ein Senkrechtstarter. Schon bei den Koalitionsverhandlungen im Herbst 2009 wurde er als aussichtsreicher Kandidat für das Amt des Bundesgesundheitsministers gehandelt. Zugetraut hatten ihm den Posten viele, trotz seines jungen Alters. Bahr galt schon damals als Kenner des deutschen Gesundheitssystems, den nötigen Ehrgeiz für ein Ministeramt hatte er allemal. Als schließlich doch Philipp Rösler den Posten übernahm, zog Bahr als Staatssekretär mit ihm in das Gesundheitsministerium in der Berliner Friedrichstraße ein.

Dort hat er bereits maßgeblich am gesundheitspolitischen Kurs der schwarz-gelben Koalition mitgewirkt, Rösler griff bei vielen Entscheidungen auf die Fachkompetenz seines Parteikollegen zurück. Dass Bahr nun neuer Gesundheitsminister wird, werten viele Beobachter daher als logische Konsequenz.

 

Eine mustergültige FDP-Karriere

 

Mit seinen erst 34 Jahren hat Bahr bereits eine steile FPD-Karriere hingelegt: Als 14-Jähriger wurde er Mitglied der Jungen Liberalen (JuLis), weil er feststellte, »dass sie sich über dieselben Dinge in der Schulpolitik aufregten wie ich«, sagt Bahr. 1992 trat er auch der FDP bei. Mit 23 Jahren führte er die JuLis als Bundesvorsitzender. Seit 2001 ist er Mitglied im Vorstand der FDP, kurz darauf zog er als Abgeordneter in den Bundestag ein. Einen großen politischen Erfolg feierte Bahr im vergangenen Jahr, als er Ende November den Vorsitz des einflussreichen FDP-Landesverbands in Nordrhein-Westfalen übernahm.

 

Neben dem politischen Aufstieg machte Bahr eine klassische Lehre zum Bankkaufmann und studierte anschließend Volkswirtschaft in Münster. Später kam ein Aufbaustudium mit den Schwerpunkten Gesundheit und Krankenhausmanagement dazu. Das Thema Gesundheit machte Bahr auch zum Kern seiner politischen Arbeit. Er war Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags und ab 2005 gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Von der Oppositionsbank aus übte er häufig scharfzüngige Kritik an der Politik der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD).

 

Äußerlich wirkt Bahr schnell wie der brave Schwiegermutter-Typ von nebenan. Er ist smart, redegewandt, denkt schnell und reagiert schlagfertig. Dass er mitunter aber auch bissig sein kann, ist spätestens seit seiner »Wildsau-Attacke« auf den Koalitionspartner CSU bekannt. Damals hatten die Christsozialen Rösler mit seinem Modell einer Gesundheitsprämie auflaufen lassen. Bahr war da­raufhin der Kragen geplatzt: Die CSU sei »als Wildsau aufgetreten« und habe sich »nur destruktiv« gezeigt, schimpfte er. Dafür fing er sich prompt einen Rüffel der Kanzlerin ein.

 

Privat macht Bahr seinem neuen Amt als Bundesgesundheitsminister alle Ehre: Er treibt viel Sport und achtet auf seine Ernährung. Schon mehrfach hat er an einem Marathon teilgenommen, er klettert gern und ist passionierter Skiläufer. Wenn möglich, nimmt er sich die Zeit, selbst zu kochen – als Anhänger der Slow-Food-Bewegung. Zusammen mit einer Reihe von Bundestagsabgeordneten hat er seine Lieblingsrezepte in einem Kochbuch veröffentlicht. In Familiendingen gibt Bahr sich hingegen eher zugeknöpft. Gemeinsam mit seiner Frau, einer Rechtsanwältin, pendelt er regelmäßig zwischen Berlin und seiner Heimatstadt Münster. Dort betreibt seine Mutter einen Weinhandel, sein Vater ist Polizist.

 

Bahr will eigene Akzente setzen

 

In der Gesundheitspolitik wird sich mit dem Wechsel an der Spitze des Ministeriums zunächst wenig ändern, denn Bahr wird die Politik seines Vorgängers weitgehend fortsetzen. Plötzliche Brüche sind nicht zu erwarten, schließlich hat Bahr am gesundheitspolitischen Kurs Röslers stets mitgewirkt. Er kündigte aber bereits an, auch eigene Vorstellungen umsetzen zu wollen. »Eine gute Gesundheitspolitik ist für die Menschen wesentlich«, sagte Bahr der Nachrichtenagentur dpa. »Ich freue mich, den erfolgreich eingeschlagenen Weg als Minister mit eigenen Akzenten fortzuführen.« Weitere Angaben machte er zunächst nicht.

Mit Rösler verbindet Bahr neben der Gesundheitspolitik auch eine Freundschaft. Zusammen mit FPD-Generalsekretär Christian Lindner bilden sie das junge Trio der Liberalen, das die Partei zurzeit gehörig aufmischt. Sie fordern eine programmatische Neuausrichtung der FDP und treten für einen sozialen Liberalismus ein.

 

Dabei setzen sie auf die Eigenverantwortung der Menschen, ohne, dass dabei die Solidarität auf der Strecke bleibt. Als Guido Westerwelle vor dem Drei-Königs-Treffen im Januar als Parteichef zu wackeln begann, war Bahr es zusammen mit Rösler und Lindner, der die personelle Erneuerung der Partei vorantrieb und damit den Führungsanspruch der jungen Garde bekräftige.

 

Selbstbewusst im Haifischbecken

 

Viele in der Partei sagen Bahr einen unbedingten Machtwillen nach. Er weiß, was er will, so viel steht fest. Von diesem Selbstbewusstsein könnte Bahr im Amt des Bundesgesundheitsministers durchaus profitieren. Nicht umsonst ist die Gesundheitspolitik auch als Haifischbecken bekannt, beim Bürger punkten kann ein Gesundheitsminister nur in den seltensten Fällen. Die Erwartungen an ihn sind in der Regel sehr hoch.

 

Kassen und Verbände begrüßten indes einstimmig Bahrs Ernennung zum Minister. »Neben seiner Dialogbereitschaft ist es vor allem seine Fachkompetenz, die uns Ärztinnen und Ärzte auch für die Zukunft auf eine fruchtbare Zusammenarbeit hoffen lässt«, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe. Auch Andreas Köhler, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, bescheinigte Bahr eine hohe Sachkompetenz im Gesundheitsbereich.

 

AOK-Vizechef Jürgen Graalmann zeigte sich zuversichtlich, dass die Staffelübergabe im Ministerium reibungslos funktionieren werde und Bahr beim anstehenden Ärztegesetz noch zugunsten der Patienten eingreife. Die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeifer, nannte Bahrs Ernennung ebenfalls eine »gute Entscheidung«.

 

Ob Bahr diesen Vorschusslorbeeren gerecht werden wird, bleibt abzuwarten. Bis zum Sommer muss er zunächst die Pflegeversicherung reformieren, ein Mammutprojekt, das Rösler bereits angeschoben hat. Die Apotheker warten zudem auf die neue Apothekenbetriebsordnung. Bahr hatte sich in diesem Zusammenhang mehrfach für weniger Bürokratie und mehr Freiheit ausgesprochen, zuletzt auch im Interview mit der Pharmazeutischen Zeitung (lesen Sie dazu auch PZ 9/2011, Seite 6). Ein positives Zeichen aus Sicht der Apotheker ist sicherlich, dass Bahr sehr regelmäßig Gast von Apothekerveranstaltungen ist und somit eine solide Basis für einen Meinungsaustausch gelegt ist.

 

Apotheker schätzen Bahr

 

ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf rechnet deshalb mit einer konstruktiven Zusammenarbeit: »Wir freuen uns darüber, dass ein ausgewiesener Gesundheitsexperte an die Spitze des Ministeriums rückt. Wir kennen und schätzen Daniel Bahr als Oppositionspolitiker und als Staatssekretär.« Die Apotheker hätten einiges mit dem Ministerium zu besprechen. Wolf: »Unsere wichtigsten Themen sind das Versorgungskonzept zusammen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die Novellierung der Apothekenbetriebsordnung, die Folgen des AMNOG und die zukünftige Honorierung apothekerlicher Leistungen.«

 

Nach Familienministerin Kristina Schröder (CDU) ist Bahr nun zweitjüngstes Mitglied im Kabinett. »Sie können sich niemals herausreden, Sie hätten nicht gewusst, was Sie erwartet«, sagte Bundespräsident Christian Wulff (CDU) am vergangenen Donnerstag bei der offiziellen Ernennung Bahrs zum Minister und spielte damit auf dessen breite Erfahrung im Gesundheitsbereich an. Bahr fühlt sich der Herausforderung gewachsen. »Ich starte mit Respekt, Freude und voller Tatendrang in die neue Aufgabe«, schrieb er auf seiner Facebook-Seite kurz nach der Vereidigung im Deutschen Bundestag. / 

Ulrike Flach wird neue Staatssekretärin

PZ / Die FDP-Gesundheitspolitikerin Ulrike Flach wird parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Die bisherige gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion tritt damit die Nachfolge ihres Parteikollegen Daniel Bahr an. Flach ist seit 1998 Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Die 60-Jährige stammt aus Oberhausen und ist Mitglied des Landesvorstandes der nordrhein-westfälischen FDP. Als stellvertretende Vorsitzende des Bezirksvorstandes Ruhr hat sie ihren Wahlkreis in Mühlheim an der Ruhr. In dieser Legislaturperiode war sie bislang stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion. Aus diesem Amt scheidet sie nun mit ihrem Wechsel in das BMG aus. Flach ist in ihrer Funktion als gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion bei verschiedenen Apothekerveranstaltungen aufgetreten, zuletzt beim DAV-Wirtschaftsforum in Potsdam und beim Deutschen Apothekertag im vergangenen Oktober.

 

Daneben wird es einen weiteren Personalwechsel im BMG geben. Staatssekretär Stefan Kapferer (FDP) wird den neuen Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler ins Wirtschaftsministerium begleiten. Das »Handelsblatt« berichtet, der Chef der Deutschen Kranken­hausgesellschaft, Georg Baum, sei für Kapferers Nachfolge im Gespräch. Baum ist FDP-Mitglied und kennt sich im Gesundheitssystem sehr gut aus. Das BMG wollte diese Personalie aber nicht bestätigen. Wer neuer Staatssekretär wird, sei noch nicht entschieden, sagte ein Ministeriumssprecher auf Nachfrage der Pharmazeutischen Zeitung. /

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