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Schlafstörungen

Wach wider Willen

08.05.2012  13:08 Uhr

Von Annette Mende, Wiesbaden / Nicht schlafen zu können, empfinden Betroffene vor allem als psychisch sehr belastend. Die ungewollte Schlaflosigkeit kann aber auch für den Organismus negative Folgen haben. Eine gute Schlafhygiene ist wichtig, um den Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers wieder zurechtzurücken.

Sieben Stunden und 15 Minuten: So lange schläft ein gesunder, erwachsener Mensch im Schnitt pro Nacht, sechs bis neun Stunden gelten als normal. Dauerhafte, größere Abweichungen von dieser Norm sind ungesund. Mögliche Ursachen und Folgen eines gestörten Schlafs waren ein Thema beim Internistenkongress in Wiesbaden.

»Schlaferkrankungen lassen sich in mehrere große Gruppen einteilen«, erklärte Professor Dr. Winfried Randerath, Chefarzt des Krankenhauses Bethanien in Solingen. Neben der sogenannten Insomnie gehören dazu unter anderem schlafbezogene Atemstörungen, und Störungen des circadianen Rhythmus. Der behandelnde Arzt muss daher zuerst herausfinden, welche Schlaferkrankung den Beschwerden des Patienten zugrunde liegt.

 

Dauerhaft gestörter Schlaf

 

Von einer Insomnie spricht man, wenn der Betroffene mindestens dreimal pro Woche und über einen Zeitraum von mindestens einem Monat unter Ein- oder Durchschlafstörungen beziehungsweise einem nicht erholsamen Schlaf leidet. »Eine Insomnie ist klar abzugrenzen von kürzeren Perioden mit ungenügender Schlafdauer oder -qualität, etwa nach dem Verlust eines lieben Angehörigen oder vor einer Prüfung«, sagte Randerath.

 

Normalerweise schläft ein Mensch innerhalb von zehn bis 20 Minuten nach dem Zubettgehen ein. Braucht man dazu länger als 30 Minuten, liegt eine Einschlafstörung vor. Bei einer Durchschlafstörung liegt der Betroffene länger als 30 Minuten nachts wach, die Gesamtschlafzeit verkürzt sich dadurch auf weniger als sechs Stunden.

 

»Die Patienten leiden sehr unter ihren Schlafstörungen. Sie denken ständig über den Schlaf nach und machen sich übertriebene Sorgen um negative Konsequenzen«, berichtete der Schlafmediziner. Es bestehe ein deutlicher Leidensdruck und die Leistungsfähigkeit im Alltag sei durch die Schlafprobleme eingeschränkt.

 

Die möglichen Ursachen einer Insomnie sind sehr zahlreich. Als Auslöser kommen unter anderem eine schlechte Schlafhygiene (siehe Kasten), psychiatrische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen, aber auch internistische Krankheiten infrage. So kann etwa nächtliche Luftnot bei COPD oder Asthma zu Wachreaktionen führen, der Schlaf kann bei Patienten mit diesen Erkrankungen aber auch durch eine Pharmakotherapie mit Theophyllin oder Corticosteroiden gestört sein. Als weitere Beispiele für Krankheiten, die den Schlaf beeinträchtigen können, nannte Randerath rheumatologische und Herz-Kreislauf-Ekrankungen, eine Hyperthyreose, Diabetes mellitus und die Lyme-Borreliose.

 

Die Therapie besteht in diesen Fällen in einer optimalen Einstellung der Grunderkrankung. Bei Insomnie ohne somatischen Grund können kurzfristig auch Schlafmittel gegeben werden (lesen Sie dazu auch Schlafstörung: Erst Entspannung, dann Medikamente).

 

Wachmacher Atempausen

 

Schlafbezogene Atemstörungen werden auch als Schlafapnoesyndrom bezeichnet. Kennzeichen sind lautes und unregelmäßiges Schnarchen sowie vorübergehende Atemaussetzer. Infolge der kurzen Atemstillstände fällt die Sauerstoffsättigung des Bluts ab, was wiederum eine Weckreaktion auslöst. Betroffene Patienten wachen daher nachts immer wieder auf, ihr Schlaf ist nicht erholsam. Häufig klagen sie über Kopfschmerzen am Morgen. »Schlafbezogene Atemstörungen sind eine Krankheit per se, sie können aber auch durch eine zugrunde liegende internistische Erkrankung ausgelöst sein«, erklärte Randerath. So komme es beispielsweise bei Patienten mit Niereninsuffizienz nachts zu einer Flüssigkeitsverschiebung von den Extremitäten in den Hals. »Das führt zu einer Enge der oberen Atemwege, die ein Schlafapnoesyndrom begünstigt«, erklärte Randerath.

Eine Erkrankung, die sehr häufig zusammen mit schlafbezogenen Atemstörungen auftritt, ist der Diabetes mellitus Typ 2. Dahinter steckt folgender Pathomechanismus: Die mit dem Schlafapnoesyndrom einhergehenden Weckreaktionen und Sauerstoffuntersättigung führen zur Ausschüttung von Stresshormonen, was wiederum eine Hyperinsulinämie nach sich zieht. Diese begünstigt eine Insulinresistenz und die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes. »Die beiden Erkrankungen begünstigen sich gegenseitig. Es lohnt sich also, bei Typ-2-Diabetikern gezielt nach Schlafproblemen zu fragen«, sagte Randerath.

 

Schlafstörungen als Dickmacher

 

Die verkürzte Schlafzeit per se hat noch weitere metabolische Konsequenzen. Wenn wir zu kurz schlafen, sinken die Glucosetoleranz und die Insulinsensitivität. Der Sympathikotonus und der abendliche Cortisolspiegel steigen dagegen an. Der Ghrelinspiegel erhöht sich und der Leptinspiegel fällt ab – beides zusammen führt zu vermehrtem Hungergefühl und Appetit. »All diese Faktoren fördern die Entwicklung einer Adipositas«, fasste Randerath zusammen.

 

Wie ungesund ein dauerhaft gestörter Schlaf ist, zeigt sich deutlich bei Menschen, die ihren Tag-Nacht-Rhythmus aufgrund ihres Berufs ständig umstellen müssen. Professor Dr. Maritta Orth, Schlafmedizinerin am Theresienkrankenhaus Mannheim, zitierte eine Studie aus dem Jahr 2010, in der gezeigt werden konnte, dass Nachtschicht­arbeit das Risiko, ein metabolisches Syndrom zu entwickeln, stark erhöht (doi: 10.1136/oem.2009.046797).

 

»Schichtarbeit bedeutet Arbeiten entgegen den circadianen Rhythmus, das heißt Schlafen, wenn externe Zeitgeber wie das Tageslicht Wachheit signalisieren, und Arbeiten, wenn der Organismus eigentlich auf Ruhe eingestellt ist«, erklärte Orth. Diese Arbeitsbedingungen rauben vielen Schichtarbeitern den Schlaf: 29 bis 38 Prozent von ihnen leiden Orth zufolge unter Insomnie. Fast jeder Zehnte, der im Dreischichtsystem arbeitet (8 Prozent), und 14 Prozent derjenigen, die ausschließlich nachts arbeiten, entwickeln das sogenannte Schichtarbeitersyndrom. Dieses ist gekennzeichnet durch Ein- und/oder Durchschlafstörungen sowie exzessive Tagesmüdigkeit mit imperativem Schlafdrang.

 

Ähnliche Symptome, wenn auch deutlich weniger ausgeprägt, erleben Reisende, wenn sie unter Jetlag leiden. Dagegen hilft ein geregelter Tages­ablauf am Zielort mit definierten Zubettgeh- und Aufstehzeiten sowie Nahrungsaufnahme zu ortsüblichen Zeiten. Mittags sollte möglichst nicht oder höchstens zwei Stunden lang geschlafen werden. »Machen Sie nicht den Fehler, sich nach Ankunft erst einmal ins Bett zu legen, sonst werden Sie mitten in der Nacht wach und sind tagsüber todmüde«, warnte Orth. / 

Schlafhygiene

Regeln für einen gesunden Schlaf:

 

nach dem Mittagessen kein Coffein

Alkohol weitgehend vermeiden

keine schweren Mahlzeiten am Abend

regelmäßige körperliche Aktivität

körperliche und geistige Anstrengungen abends allmählich verringern

persönliches Einschlafritual angewöhnen

kühles, dunkles Schlafzimmer

Bett nur zum Schlafen oder zum Sex benutzen

nachts nicht auf die Uhr sehen

tagsüber nicht schlafen

jeden Morgen zur gleichen Zeit aufstehen

 

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