Gut vernetzt durchs Studium |
07.05.2012 16:40 Uhr |
Von Anna Hohle / Ob Beruf oder Freizeit: Internetforen und Online-Communitys werden immer wichtiger. Sie ersetzen Nachschlagewerke, bieten Orientierung und bringen Gleichgesinnte in Kontakt. Auch für angehende Pharmazeuten haben sich in den vergangenen Jahren hilfreiche Webportale gebildet.
Die Idee kam Anja Hoffmann im November 2007. Die Pharmaziestudentin, damals im ersten Semester, klickte sich auf der Suche nach Lösungen für eine komplizierte Chemieaufgabe durchs Internet. Sich schnell mit anderen Pharmazeuten austauschen und Lösungswege gemeinsam diskutieren, das wär´s, dachte die Leipzigerin. Und beschloss kurzentschlossen, selbst eine entsprechende Internetplattform zu gründen. Gemeinsam mit dem befreundeten Informatiker Sebastian Wunderlich stellte sie das Forum Pharmaboard.de auf die Beine. Heute, fast fünf Jahre später, verzeichnet die Seite drei- bis viertausend Besucher am Tag.
Hilfe von erfahrenen Kommilitonen
Als »unabhängige Diskussionsplattform« sehen die Betreiber das Pharmaboard. Pharmazeuten in der Ausbildung können hier Fragen aller Art stellen. Erfahrene Semester versorgen ihre Kommilitonen mit Tipps und Ratschlägen zu Themen wie Studienorganisation oder Prüfungsabläufen. Fachfragen, etwa zur pharmazeutischen Chemie, Biologie oder klinischen Pharmazie werden gemeinsam diskutiert.
Userin Annika, 25, entdeckte das Pharmaboard kurz vor Beginn ihres Studiums im Jahr 2010 und ist bis heute glücklich über den Austausch mit anderen Pharmazeuten: »Ich hatte ein paar Schwierigkeiten mit der organischen Chemie«, berichtet die Studentin aus Münster. »Auch die Bücher, die ich zum Thema hatte, konnten mir nicht weiterhelfen. Bei Pharmaboard.de habe ich dann schnell Antworten zu meinem Problem gefunden. Es ist wirklich sehr hilfreich, wenn Studenten aus mehreren Semestern an einem ›Ort‹ zusammenkommen und rasche Hilfe anbieten können.«
Besonders wichtig ist den Initiatoren des Pharmaboards, dass ihr Angebot nicht kommerziell ist und auch bleiben soll. Die Kosten für Domain und Bildrechte tragen Hoffmann und Wunderlich selbst, Werbung oder Sponsoren gibt es nicht. »Über die Jahre ist uns das Projekt sehr ans Herz gewachsen«, erklären die beiden. »Wir haben Spaß daran zu sehen, wie das Forum weiter wächst. Geld verdienen wollen wir damit nicht«.
Webforen wie das Pharmaboard finden regen Zulauf, denn sie entsprechen dem Zeitgeist. Junge Menschen, die heute ein Pharmaziestudium beginnen, sind mit den digitalen Medien aufgewachsen und nutzen sie selbstverständlich. Fast jedes Institut hat inzwischen einen eigenen Onlineauftritt und häufig werden aktuelle Informationen zum Studium über die Uni-Seiten bekannt gemacht. In Online-Communitys wie Facebook und StudiVZ gründen Studenten Semestergruppen und tauschen sich über Prüfungen oder die nächste Institutsparty aus.
Tipps und Infos für jeden Status
Pharmaziespezifische Netzwerke ergänzen diese Angebote, indem sie sich weniger auf Termine und Themen vor Ort konzentrieren, sondern standortübergreifend Orientierung bieten. Auch sind sie nicht ausschließlich Studenten vorbehalten. Auf der Startseite des Internetportals Pharma4u.de können Nutzer je nach Ausbildungsstand einen der vier Zugänge »Studenten«, »PTA«, »Praktikanten« oder »Apotheker« wählen. Jeder Nutzer findet so spezielle, auf seine Interessen ausgerichtete Informationen.
Studenten erhalten etwa Tipps zur Prüfungsvorbereitung, zu Laborpraktika, Unistandorten oder zur Promotion. Der Bereich Praktikum bietet Hintergründe zum Praktischen Jahr und zum Dritten Staatsexamen, hier unter anderem einen Online-Prüfungstrainer. Für Apotheker stehen Themen aus der Berufspraxis, etwa zu Leitlinien und Rezepturen, Arzneimittelberatung, Existenzgründung und Weiterbildungen bereit. Kenner verschiedener Fachbereiche beantworten in Expertenforen die Fragen der User.
Einige zusätzliche Funktionen von Pharma4u sind kostenpflichtig. Für 60 Euro im Jahr können »Premium-User« Datenbanken, zum Beispiel mit ausführlichen Informationen zu Arzneipflanzen und -stoffen, abrufen. Auch stellen die Seitenbetreiber ihnen ein Kommentar-Programm zu den bei Studenten bekannten »Ratiopharm-Staatsexamens-CDs« zum Download bereit. Durch die Kommentarfunktion erfahren Studierende nicht nur, welche Antwort die richtige ist, sondern erhalten zusätzlich eine Erläuterung der Lösung.
Dr. Alexander Ravati gründete Pharma4u Anfang 2011. Zuvor gab der promovierte Pharmazeut bereits Seminare und Fortbildungen für Studenten und Apotheker. Über die Website bietet er diese nun auch online an. Die Resonanz ist groß. Den Nutzern gefällt die Möglichkeit, sich ohne Anfahrtswege am heimischen Schreibtisch fortbilden zu können.
Besonders viele Zugriffe verzeichnet Pharma4u nach Auskunft der Betreiber an den Tagen der Staatsexamensprüfungen. Das hat einen Grund: Noch am Abend des Prüfungstags stellen die Dozenten der Ravati-Seminare ihre eigenen Lösungsvorschläge online. Die Studenten können so rasch kontrollieren, ob sie mit ihren Antworten richtig lagen. Neben den 3600 Premium-Mitgliedern nutzen nach Angabe der Betreiber mehr als 500 weitere User diesen kostenlosen Service – dabei ist die Seite erst ein knappes Jahr online. Seitdem gab es schon viel positives Feedback. »Endlich findet man alle Zusatzinformationen kompakt und gesammelt«, schreibt etwa Nutzer R. Meyer.
Kontakte in der Region
Während sich Pharmaboard und Pharma4u an Nutzer in ganz Deutschland wenden, hat die sächsische Landesapothekerkammer 2011 das regional ausgerichtete Online-Netzwerk Pharmazie-Sachsen.de gegründet. Studenten und Pharmazeuten im Praktikum können sich hier mit Apothekeninhabern, Pharmaindustrie sowie wissenschaftlichen Institutionen in Sachsen vernetzen. Die Website veröffentlicht Stellenangebote und -gesuche aus dem gesamten sächsischen Raum. Auch Doktorandenstellen werden hier ausgeschrieben. Zurzeit sind 326 Pharmaziestudenten auf der Website angemeldet und 243 der 1000 sächsische Apotheken. Viele Nutzer haben über die Seite bereits eine Anstellung oder einen Praktikumsplatz gefunden. »Ich wollte nach dem ersten Semester eine Famulatur absolvieren und suchte auf Pharmazie-Sachsen.de nach passenden Apotheken«, schreibt etwa Studentin Lisa aus Leipzig. »Hier nahm ich zu einigen Apotheken Kontakt auf und fand innerhalb weniger Tage die passende Stelle.«
Erfolge wie dieser führen dazu, dass immer mehr Studenten pharmaziespezifische Netzwerke für sich entdecken. Die Betreiber aller drei Websites berichten von steigenden Nutzerzahlen. /