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Pille danach

Experten uneinig über Freigabe

30.04.2013  19:19 Uhr

Von Annette Mende, Berlin / Soll die Pille danach in Deutschland weiter verschreibungspflichtig bleiben oder nicht? Diese Frage beschäftigte vergangene Woche den Gesundheitsausschuss des Bundestags. Unter den Experten, die zur öffentlichen Anhörung geladen waren, gab es keine einhellige Meinung.

Auslöser der Debatte waren zwei Anträge der Fraktionen von SPD und Linke, Notfallkontrazeptiva mit dem Wirkstoff Levonorgestrel (LNG) aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Die Linke fordert darüber hinaus eine Änderung des entsprechenden Paragrafen im Sozialgesetzbuch V, um sicherzustellen, dass Frauen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr die Pille danach auch weiter auf Kosten der Krankenkassen erhalten können. Mit dem Wegfall der Verschreibungspflicht würde ohne diese Änderung auch die Erstattungsfähigkeit verloren gehen.

Professor Thomas Rabe von der Uniklink Heidelberg sprach sich gegen die Freigabe aus. LNG sei in den entsprechenden Präparaten mit 1,5 mg sehr hoch dosiert, wodurch vor allem das Risiko für Venenthrombosen stark steige. »Nur der Frauenarzt kann aufgrund der Familienanamnese oder eventuell vorliegender Grunderkrankungen entscheiden, ob eine Frau das Präparat überhaupt einnehmen darf oder nicht«, sagte Rabe. Die Beratung durch den Gynäkologen umfasse darüber hinaus eine individuelle Bewertung des Alters der Patientin, den Ausschluss einer möglichen sexuellen Abhängigkeit oder von Gewalt in der Beziehung, Beratung zu Geschlechtskrankheiten und den Hinweis auf die HPV-Impfung. »Das alles kann nur der Frauenarzt und nicht der Apotheker«, so Rabe.

 

Kaum umfassende Beratung

 

»Diese ausführliche gynäkologische Beratung findet aus unserer Sicht nicht statt«, konterte Ines Thonke vom Bundesverband Pro Familia. Weder in der Klinik tätige noch niedergelassene Frauenärzte hätten im Versorgungsalltag die Zeit, jede Frau mit dem Wunsch nach einer Notfallkontrazeption so ausführlich wie gefordert zu beraten.

 

Zudem seien Frauen hauptsächlich an Wochenenden auf die Pille danach angewiesen und würden beim ärztlichen Bereitschaftsdienst häufig keinen Frauenarzt, sondern Vertreter anderer ärztlicher Fachrichtungen antreffen. Diesen fehle die Kompetenz für eine ausführliche gynäkologische Beratung. Der notwendige Arztbesuch verzögere daher die Einnahme nur unnötig. »Bei einer bekannten höchsten Wirksamkeit des Präparats in den ersten zwölf bis 24 Stunden ist das sehr problematisch«, sagte Thonke.

 

Professor Martin Schulz von der ABDA betonte, dass Apotheker mit ihrer Beratung eine sichere Anwendung der Pille danach gewährleisten können. »Dass Apotheker gut beraten können, haben sie in den vergangenen 20 Jahren unter Beweis gestellt«, sagte Schulz. In diesem Zeitraum seien viele Arzneistoffe mit einem deutlich höheren Risikopotenzial als LNG zugelassen worden. Schulz verwies auf die Erfahrungen aus 79 anderen Ländern, in denen Levonorgestrel bereits seit Langem ohne Rezept erhältlich ist. »Ich gehe nicht davon aus, dass jemand annimmt, dass die Apotheker in Deutschland schlechter beraten als ihre Kollegen in diesen Ländern«, so Schulz.

 

Kritiker der Freigabe hatten immer wieder argumentiert, dass die Entlassung der Pille danach aus der Verschreibungspflicht zu einem sorgloseren Umgang vor allem junger Menschen mit Sexualität führen könnte. Als Beleg diente Großbritannien, wo trotz rezeptfrei erhältlicher und teilweise sogar kostenlos verteilter Notfallkontrazeptiva die Zahlen der Teenagerschwangerschaften und -schwangerschaftsabbrüche sehr hoch sind.

 

Verantwortlicher Umgang

 

Diese Befürchtung konnte Professor Elisabeth Pott von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zerstreuen. »Wenn wir uns mit anderen Ländern vergleichen, dürfen wir dabei nicht nur auf die Pille danach schauen, sondern müssen die Gesamtsituation der Aufklärung berücksichtigen«, sagte Pott. Diese sei in Großbritannien sehr dürftig, in Deutschland aber nicht.

 

Untersuchungen der BZgA hätten gezeigt, dass die Pille danach in Deutschland überwiegend von Frauen verwendet wird, die eigentlich verhüten, bei denen es aber eine Verhütungspanne gegeben hat. »Bei uns gehen junge Leute sehr verantwortlich mit der Pille danach um«, fasste Pott zusammen. Das werde sich auch mit der Freigabe der Notfallkontrazeption nicht ändern. Ob es dazu überhaupt kommen wird, ist allerdings sehr fraglich, denn die Regierungskoalition ist gegen die Änderung. /

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