Neue Aufgaben, neues Honorar |
24.04.2012 18:21 Uhr |
Von Daniela Biermann, Münster / Mehr Kooperation zwischen Ärzten und Apotheken – das wünschen sich nicht nur die Beteiligten selbst, sondern auch die Patienten und die Politik. Auf lokaler Ebene klappt das in den meisten Orten bereits relativ gut. Aber wie lässt sich diese Zusammenarbeit institutionalisieren – und wie honorieren, wenn der Apotheker neue Aufgaben übernimmt?
»Wir brauchen unabdingbar ein stärkeres Miteinander aller Akteure im Gesundheitswesen«, forderte Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen Lippe, zum Auftakt der zweiten Münsteraner Gesundheitsgespräche vergangenen Donnerstag. »Ohne Interdisziplinarität werden wir hoffnungslos scheitern«, sagte die Apothekerin mit Bezug auf den Erhalt unseres Gesundheitssystems. Die Apotheker seien bereit, ihren Beitrag zu leisten und ihre Angebote für die Patienten weiter auszubauen. »Wir brauchen jedoch gewisse Vorgaben von der Politik und nicht weitere Deregulierung, sonst laufen wir ins Leere«, sagte Overwiening.
Marlis Bredehorst, Staatssekretärin im nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium, sagte in ihrem Grußwort, es müsse klar sein, welche Leistungen von wem angeboten werden dürfen. »Wir müssen genau festlegen, was von Ärzten, was unter deren Aufsicht oder was von anderen Berufsgruppen geleistet werden kann«, so die Grünen-Politikerin. Entscheidend solle dabei nicht die ursprüngliche Berufsausbildung sein, sondern die gebotene Behandlungsqualität und Sicherheit, natürlich bei entsprechender Fort- und Weiterbildung. »Die Gesamtverantwortung für die Therapie bleibt beim Arzt«, stellte Bredehorst klar. Der Apotheker solle seine Arbeit stärker als Heilberufler ausüben, die Beratung ausbauen und sich stärker in der Prävention engagieren. Auch in der Arzneimittelversorgung von Heimen konnte sich Bredehorst eine wichtigere Rolle für den Apotheker vorstellen.
Kammerpräsidentin Overwiening bekräftigte mehrmals die Bereitschaft der Apotheker, sich stärker als Heilberufler einzubringen. »Dazu brauchen wir aber die Akzeptanz und Unterstützung der Politik, auch bei innovativen Projekten«, so die Apothekerin.
Die Gesundheitspolitiker von CDU, FDP, Grünen und Linken äußerten den Wunsch, Arzt und Apotheker mögen mehr zusammenarbeiten, ihre Arbeit anders aufteilen und auch neue Versorgungsformen wie das Medikationsmanagement anbieten. Es war sogar die Bereitschaft vorhanden, solche Beratungsleistungen zu honorieren und das bisherige Vergütungssystem (pro abgegebener Arzneimittelpackung) zu überdenken. »Der Beratungsaspekt muss herausgehoben werden«, sagte Maria Klein-Schmeink von Bündnis 90/Grüne und Mitglied des Bundestags-Gesundheitsausschusses. »Dazu brauchen wir ein ganz anderes System.« Die Regierung müsse Anreize geben und Vorfinanzierungen erleichtern, zum Beispiel wenn Apotheker Heime in Arzneimittelfragen beraten. Auch das Zukunftsmodell von ABDA und KBV sah sie als vielversprechenden Ansatz.
Erst den Nutzen belegen
Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion forderte, die Heilberufler sollten Vorschläge einreichen, da jeder Vorschlag der Politik bislang abgelehnt worden sei. »Wir sind bereit darüber nachzudenken, wie wir Ihre heilberufliche Kompetenz stärken können, jenseits der reinen Arzneimittelabgabe. Aber die Politik legt nicht einfach ein neues Vergütungssystem auf den Tisch.« Zumal die Apotheker zuerst ihren Nutzen quantifizeren sollten. Zum ABDA-KBV-Modell sagte er, die angekündigten Einsparungen müssten sich erst noch bewahrheiten. Apotheker- und Ärztevertreter kritisierten dagegen scharf, dass sie im Falle von weniger Einsparungen auf den Kosten des Modellversuchs sitzen bleiben sollen. /