Dapagliflozin nimmt Hürde |
24.04.2012 15:26 Uhr |
Von Daniela Biermann / Der Ausschuss für Humanarzneimittel der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat drei Arzneimitteln eine Zulassungsempfehlung erteilt, darunter dem Antidiabetikum Dapagliflozin. Insulin glargin soll eine Indikationserweiterung erhalten. Zwei andere Therapien dagegen sollen nicht auf den Markt kommen.
Mit Dapagliflozin (Forxiga® von Bristol-Myers-Squibb und Astra-Zeneca) hat ein Arzneistoff mit neuem Wirkprinzip gegen Typ-2-Diabetes eine Zulassungsempfehlung bekommen. Er ist der erste Hemmer des Natrium-Glucose-Kotransporters vom Typ 2 (SGLT2). Der Transporter sorgt in der Niere dafür, dass der Körper Glucose aus dem Primärharn rückresorbiert. Dapagliflozin hemmt diesen Mechanismus selektiv und reversibel, sodass mehr Zucker (und infolge auch Wasser) ausgeschieden wird. Damit senkt der Arzneistoff den Blutzuckerspiegel, und zwar insulinunabhängig. Die Dosis beträgt einmal täglich oral 10 mg.
Dapagliflozin ist vorgesehen als Add-On-Therapeutikum in Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Arzneimitteln, einschließlich Insulin, wenn diese den Blutzucker, zusammen mit einer Diät und Bewegung, nicht ausreichend kontrollieren. Der Arzt kann der EMA-Empfehlung zufolge den neuen Wirkstoff auch im Rahmen einer Monotherapie verordnen, wenn Diät und Bewegung allein den Blutzucker nicht ausreichend kontrollieren und eine Metformin-Gabe ungeeignet ist.
EMA und FDA uneinig
In der Dapagliflozin-Gruppe traten mehr Tumoren auf als in den Vergleichsgruppen (0,16 versus 0,03 Prozent für Blasenkrebs, 0,40 versus 0,22 Prozent für Brustkrebs). Entsprechende Hinweise lagen aus Tierstudien nicht vor. Die Fallzahlen sollen nach der Zulassung weiterhin engmaschig beobachtet werden. Auch die kardiovaskulären Risiken sind noch nicht abschließend bewertet. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Unterzuckerungen – allerdings nur, wenn zusätzlich ein Sulfonylharnstoff oder Insulin gegeben wurde , Infekte des Harn- und Genitaltrakts, Dys- und Polyurie sowie veränderte Blutfettwerte. Gemäß dem Wirkprinzip ist die Wirksamkeit bei Niereninsuffizienz verringert.
Insgesamt kommt der Ausschuss für Humanarzneimittel der EMA auf dem derzeitigen Stand des Wissens zu dem Schluss, der Nutzen von Dapagliflozin als zusätzlicher Therapieoption für Typ-2-Diabetiker überwiege die Risiken. Das entsprechende Gremium der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA empfahl dagegen vergangenen Sommer, den Arzneistoff in den USA nicht zuzulassen. Über die endgültige Zulassung in der Europäischen Union entscheidet in den kommenden Monaten die EU-Kommission.
Der Proteinkinase-Hemmer Ruxolitinib und der Eisen-Ersatzstoff Ferumoxytol erhielten ebenfalls eine Zulassungsempfehlung. Das Indikationsgebiet von Ruxolitinib (Jakavi® von Novartis Europharm) soll die chronisch idiopathische Myelofibrose sein sowie die Behandlung von Myelofibrose infolge einer essenziellen Thrombozythämie oder einer Polycythaemia vera. Bei letztgenannter Erkrankung kommt es zur vermehrten Bildung von Blutzellen. Ruxolitinib hemmt sogenannte Januskinasen, die bei der Neubildung von Blut- und Immunzellen eine Rolle spielen. Klinische Studien zeigten, dass das Orphan Drug in Tablettenform eine vergrößerte Milz (Splenomegalie) um bis zu 35 Prozent verkleinern kann. Ferumoxytol (Rienso® von Takeda) ist eine Injektionslösung für Patienten mit eisendefizitärer Anämie aufgrund von chronischen Nierenerkrankungen. Der Arzneistoff besteht aus einem kolloidalen Eisen-Kohlenstoff-Komplex.
Das lang wirksame Insulin glargin (Lantus® und Optisulin® von Sanofi-Aventis) soll in Zukunft bei diabeteskranken Kinder ab einem Alter von zwei Jahren eingesetzt werden. Bislang kommt das Analoginsulin bei Erwachsenen und Kindern ab sechs Jahren zum Einsatz.
Zulassung verweigert
Gescheitert sind der Arzneistoff Pralatrexat und die Gentherapie mit Alipogen tiparvovec. Pralatrexat (Folotyn® von Allos Therapeutics) war als Orphan Drug für Krebspatienten mit peripherem T-Zell-Lymphom gedacht. Wie Methotrexat wirkt es als Antimetabolit, indem es die Dihydrofolat-Reduktase hemmt. Der Arzneimittelausschuss kritisierte das Studiendesign und sah keine klare Zustandsverbesserung bei den behandelten Patienten. Effekte auf das progressionsfreie oder das Gesamtüberleben konnte der Hersteller aus Behördensicht nicht nachweisen.
Fehlende Wirksamkeit bemängelt der Ausschuss auch für Alipogen tiparvovec (Glybera® von Amsterdam Molecular Therapeutics B. V.). Diese Gentherapie basiert auf einem Adenoviren-ähnlichen Vektor. Angestrebt war die Behandlung für erwachsene Patienten mit Lipoprotein-Lipase-Defizit. Dabei handelt es sich um eine seltene Erkrankung, bei der die Patienten zu viele Chylomikronen im Blut und eine akute Pankreatitis in der Vorgeschichte aufweisen. Alipogen tiparvovec sollte schwere oder mehrfache Pankreatitis-Anfälle verhindern. Die Daten aus der Studie mit zwölf Teilnehmern überzeugte die Arzneimittelbehörde jedoch nicht. Ein Benefit war der Therapie nicht klar zuzuordnen. /