Analgesie inklusive Magenschutz |
24.04.2012 15:26 Uhr |
Von Maria Pues, Wiesbaden / Fixe Kombinationen von Wirkstoffen können die Compliance erhöhen. Das gilt vor allem für Arzneistoffe, deren Wirkung für den Anwender nicht unmittelbar erlebbar ist.
Dass die Anwendung nicht-steroidaler Antirheumatika das Risiko gastrointestinaler Komplikationen erhöht, ist hinlänglich bekannt. Verschiedene Leitlinien sehen daher eine zusätzliche Gabe von Protonenpumpenhemmern (PPI) vor. In der Praxis unterbleibe diese jedoch häufig, konstatierte Professor Dr. Manfred Gross, Internistische Klinik Dr. Müller, München, auf einer Pressekonferenz der Firma AstraZeneca, die im Rahmen des Internistenkongresses in Wiesbaden stattfand. »Die Prophylaxe nimmt mit der Therapiedauer ab, das Risiko aber nicht.«
Studien zufolge leiden etwa 30 Prozent der mit NSAR behandelten Patienten unter Dyspepsien, die auch den häufigsten Grund für einen Therapieabbruch darstellen. Etwa 10 Prozent entwickeln einen Ulcus, 1 Prozent Ulcuskomplikationen. Schätzungsweise versterben daran jährlich 2000, zumeist ältere Patienten. Problematisch ist, dass gastrointestinale Komplikationen lange Zeit völlig unsymptomatisch verlaufen können, bis es unvermittelt zu einer Blutung kommt. Zudem würden selbst diese nicht immer rechtzeitig erkannt werden, da sie in ihrer Symptomatik einem gastointestinalen Infekt ähnelten, berichtete Dr. Bastian Steinberg, Praktischer Arzt aus Hamburg.
Ulcusgefahr vermindern
Patienten seien nur schwer von einer Behandlung zu überzeugen, deren Nutzen nicht so unmittelbar spürbar sei wie die Verminderung von Schmerzen, sagte Gross. Die Fixkombination eines Analgetikums und eines PPI könne daher die Compliance, die erfahrungsgemäß mit steigender Zahl einzunehmender Arzneimittel abnimmt, erhöhen. Seit April steht unter dem Namen VimovoTM die fixe Kombination von 500 mg Naproxen mit 20 mg Esomeprazol zur Verfügung. Zugelassen ist sie zur symptomatischen Behandlung von Arthrose, rheumtoider Arthritis und ankylosierender Spondylitis (Morbus Bechterew) bei Patienten, bei denen das Risiko für eine Entstehung von gastrischen oder duodenalen Ulcera besteht, die durch nicht-steroidale Antirheumatika hervorgerufen werden können und bei denen eine Behandlung mit geringeren Naproxen-Dosen oder mit anderen NSAR nicht ausreicht.
Vimovo wurde als sequenziell-wirkstofffreisetzende Tablette (Manteltablette) entwickelt. Sie besteht aus einer Hülle mit filmbeschichteten Esomeprazol und einem magensaftresistenten Kern, der verzögert Naproxen freisetzt. Zunächst löst sich im Magen die äußere Schicht, wobei Esomeprazol freigesetzt wird. Die magensaftresistente Beschichtung verhindert, dass Naproxen bei pH-Werten unter 5 freigesetzt wird und schützt somit vor einer lokalen Toxizität im Magen. Die Freisetzung erfolgt dementsprechend verzögert im Dünndarm. Zur Linderung akuter Beschwerden wie Zahnschmerzen oder Gicht eignet sich die Manteltablette naturgemäß nicht. Sie sollte zweimal täglich mindestens 30 Minuten vor der Mahlzeit eingenommen werden. Keinesfalls darf sie geteilt, zerstoßen, zerbissen oder gelutscht werden.
Zu Wechselwirkungen kann es bei gleichzeitiger Anwendung mit manchen antiretroviralen Arzneistoffen kommen, wobei der Mechanismus nicht genau bekannt ist. Denkbar sind eine verminderte Resorption durch den höheren pH-Wert im Magen, aber auch Wechselwirkungen über das Enzym CYP2C19. Gegen eine gemeinsame Anwendung mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (bis 325 mg pro Tag) spricht nichts. Auf die Gabe weiterer NSAR sollte jedoch verzichtet werden, da diese – wie auch die gleichzeitige Gabe von Corticosteroiden oder von selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern – das Risiko für gastrointestinale Blutungen erhöhen kann.
Nicht-steroidale Antirheumatika erhöhen nicht nur das Risiko für gastrointestinale Blutungen, sondern auch für kardiovaskuläre Zwischenfälle. Letzteres gilt allerdings nicht für alle Wirkstoffe in gleichem Ausmaß. Darauf wies Dr. Wolfgang W. Bolten, Klaus-Miehlke Klinik, Wiesbaden, und Präsident der Rheumaliga Hessen, hin. So scheine Naproxen hier eine Sonderstellung einzunehmen und im Vergleich zu zum Beispiel Ibuprofen oder Diclofenac das geringste kardiovaskuläre Risiko aufzuweisen. Dieser Vorteil müsse aber gegen den Nachteil der gastrointestinalen Toxizität abgewogen werden, den der Wirkstoff besitzt. /