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Neue Waffen gegen Viren

24.04.2007  11:59 Uhr

PZ-Akademie Kongress 2007

<typohead type="3">Neue Waffen gegen Viren

 

Dank der HIV-Forschung gab es in den vergangenen Jahren bei den Virustatika große Fortschritte. Davon profitieren nicht nur HIV-Patienten, sondern zum Beispiel auch Hepatitis-B-Infizierte. PZ-Chefredakteur Professor Dr. Hartmut Morck stellte Innovationen und Arzneistoffe in der Pipeline vor.

 

»Die größte Gruppe der Virustatika stellen die Antimetaboliten dar«, informierte PZ-Chefredakteur Professor Dr. Hartmut Morck. Der erste Vertreter dieser auch Nukleosid-Analoga genannten Klasse war der Wirkstoff Aciclovir, der wegen seiner schlechten Bioverfügbarkeit meistens nur topisch oder parenteral eingesetzt wird. Heute gibt es ein Vielzahl von Nukleosid-Analoga, die bei peroraler Einnahme eine höhere Bioverfügbarkeit besitzen. So habe zum Beispiel der Wirkstoff Adefovir die Therapiemöglichkeiten bei Hepatitis B deutlich verändert. Morck erläuterte, dass eine akute Hepatitis-B-Infektion im Laufe von 30 bis 50 Jahren zunächst chronifiziert, dann in eine Zirrhose und schließlich ins Leberzellkrebs-Stadium übergeht. Rund 500.000 Deutsche leiden an chronischer Hepatitis-B. Pro Jahr sterben etwa 2000 von ihnen an den Folgen der Infektion. Bisher hießen die Therapieoptionen Interferon-α und Lamivudin, die jedoch beide einige Nachteile aufweisen. So muss der  Zytokin-Immunmodulator Interferon-α parenteral gegeben werden, zudem zeigt er nur in begrenzter Patientensubpopulation Effektivität und ist bei dekompensierter Leberfunktion kontraindiziert. Das Nukleosid-Analogon Lamivudin ist problematisch wegen der hohen Resistenzen. Dagegen konnte in Studien mit Adefovir bei 629 Patienten, die über 48 Wochen behandelt wurden, keine Resistenz nachgewiesen werden. Erst nach zwei Jahren waren 1,6 Prozent der Patienten resistent, bei Lamivudin waren es dagegen 38 Prozent. Weitere Vorteile von Adefovir seien die gute Verträglichkeit und die fehlende CYPP450-Interaktionsgefahr.

 

Im Jahr 1997 kam mit dem Wirkstoff Saquinavir der erste Proteasehemmer auf den Markt. »Ein Meilenstein in der HIV-Therapie«, so Morck. Denn die Kombinationstherapie aus Proteaseinhibitor und Antimetaboliten brachte deutliche Vorteile gegenüber der Monotherapie. Typische Strukturmerkmale vieler Proteasehemmer sind eine Sulfongruppe, ein optisch aktives Kohlenstoffatom und ein Pi-Elektronensystem. Vorbild für alle Substanzen dieser Klasse sei die Struktur von Pepstatin, dem nativen Hemmstoff des Pepsins. Damit erkläre sich auch, warum Proteasehemmer gastrointestinale Beschwerden bereiten. Denn im gewissen Maße blockieren sie auch Pepsin in seiner Wirkung.

 

Morck erklärte zudem den Vorteil der Lopinavir/Ritonavir-Kombination. Sie dient der Steigerung der Lopinavir-Plasmakonzentration, da Ritonavir das Isoenzym CYP3A hemmt. So steigt die AUC für Lopinavir bei gesunden Probanden in der Kombination um das Hundertfache gegenüber der AUC bei Monotherapie mit Lopinavir.

 

Mit Enfuvirtid befindet sich seit 2003 der erste Fusionshemmer auf dem Markt. Seine Aminosäuresequenz stellt eine Teilsequenz des Glykoproteins gp41 auf der Virusoberfläche dar. Durch Faltung innerhalb des gp41-Moleküls kommen die Membranen von Virus und Zielzelle in Kontakt. Dies lässt die Membranen derart destabilisieren, dass sie verschmelzen und dem Viruskapsid den Weg ins Zytoplasma öffnen. Enfuvirtid verhindert diese Faltung und damit die Fusion der Membranen.

 

Mit Maraviroc, einem CCR5-Inhibitor, und dem Integrase-Hemmer Raltegravir (siehe PZ 16/07) befinden sich zwei weitere aussichtsreiche Kandidaten in der Pipeline. »Bislang ist die Eradikation des HI-Virus nicht möglich. Eine Kombinationstherapie, die auch einen Integraseinhibitor beinhaltet, könnte das eventuell möglich machen«, weckte Morck Hoffnung für HIV-Patienten.

 

Auch bei der Influenza-Therapie sind große Fortschritte erzielt worden. Die Neuraminidasehemmer Zanamivir und Oseltamivir können der Verbreitung der Infektion entgegenwirken. Damit ein Influenza-Virus in die Zelle eindringen kann, muss Hämagglutinin auf der Virusoberfläche an Sialinsäure auf der Zelloberfläche binden. Nach der Aufnahme in die Zelle werden neu produzierte Virusgene und Virusproteine zu neuen Viruspartikeln zusammengesetzt. Diese tragen ebenfalls Sialinsäure auf ihrer Oberfläche und würden beim Austreten aus der Zelle sofort an Hämagglutinin benachbarter Viren binden und damit »festkleben«. Das Enzym Neuraminidase spaltet die Sialinsäure und ermöglicht so die Ausbreitung der Viren im Körper. Sowohl Zanamivir als auch Oseltamivir hemmen dieses Enzym. Morck betonte, dass die Neuraminidase nur als Dimer aktiv ist. Bei der Infektion der Zelle liegt das Enzym als Monomer vor und besitzt daher keine Aktivität. Daraus folgt, dass bei Nichtinfizierten, die Erstinfektion mit Influenzviren durch Oseltamivir nicht verhindert werden kann. Morcks Fazit: Der Neuraminidase-Hemmer ist kein Prophylaktikum, sondern ein Postinfektionsprophylaktikum.

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