Darmvirus als mögliche Ursache |
12.04.2017 09:56 Uhr |
Von Rüdiger Freund / Reoviren, die den Darm infizieren, könnten an der Pathogenese der Erkrankung Zöliakie beteiligt sein. Darauf weist eine Publikation von Forschern um Dr. Romain Bouziat von der Universität Chicago im Fachjournal »Science« hin (DOI: 10.1126/science.aah5298).
Betroffene mit dieser chronischen Darmentzündung vertragen kein Gluten, eine Mischung aus Proteinen, die natürlicherweise in vielen Getreidesorten vorkommt. Die Ursache der Erkrankung, die sowohl Merkmale einer Allergie als auch einer Autoimmunerkrankung aufweist, ist nicht vollständig aufgeklärt.
Gluten kommt in vielen Getreidesorten vor. Patienten mit Zöliakie müssen daher auf die meisten Backwaren verzichten.
Foto: Shutterstock/Scorpp
Der Forschergruppe zufolge lösen Reovirus-Infektionen im Darm normalerweise keine Krankheitssymptome aus. Das Immunsystem bekämpft die Infektion und bildet Antikörper, die vor einer erneuten Ansteckung schützen. Muss sich das Immunsystem allerdings parallel zur Reovirus-Infektion mit Gluten aus der Nahrung »beschäftigen«, setzt das eine andere Reaktion in Gang: Die Toleranz gegenüber Gluten geht verloren, und es treten Entzündungsreaktionen im Darm auf. Das wiesen die Forscher bei Versuchen mit Mäusen nach. Zudem fanden sie im Blut von Zöliakie-Patienten höhere Konzentrationen von Antikörpern gegen Reoviren als bei Menschen, die Gluten problemlos vertragen. Die Antikörper belegen, dass in der Vergangenheit eine Infektion stattgefunden hat.
Den Forschern zufolge kommen bei der Entstehung von Zöliakie mehrere Dinge zusammen: Das Immunsystem ist noch nicht voll entwickelt, wenn Kinder abgestillt werden und die erste feste, glutenhaltige Nahrung erhalten. »Kommt es während dieser Zeit zur Infektion mit den Reoviren, kann das bei Kindern, die eine genetische Veranlagung dazu haben, eine Art Narbe im Immunsystem hinterlassen. Das hat Folgen auf lange Sicht«, sagt Seniorautorin Professor Dr. Bana Jabri. Sie hofft darauf, dass weitere Studien dazu führen, Kindern in Zukunft einen Impfstoff gegen Zöliakie anbieten zu können. /