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Landgericht sieht Grenzen für Rabatte

12.04.2011  18:44 Uhr

Von Daniel Rücker / Die Sanofi-Tochter Winthrop muss ihr Partnerprogramm wohl einstellen. Nach Ansicht des Landgerichts Berlin beeinflusst es Apotheker bei der Abgabe von Arzneimitteln. In einem von der Wettbewerbszentrale Bad Homburg angestrengten Prozess sah das Gericht darin einen Verstoß gegen § 10 Apothekengesetz. (AZ: 96 O 38_10 LG Berlin)

Seit 2009 bietet der Generika-Hersteller Winthrop ein sogenanntes Partnerprogramm an. Dieses bietet Apothekern die Möglichkeit, Präparate von Winthrop und Sanofi direkt zum Herstellerabgabepreis zu beziehen. Die Apotheker müssen sich im Gegenzu dazu verpflichten, bestimmte Generika von Winthrop bevorzugt abzugeben. Dabei geht es vor allem um zehn Präparate, für die Winthrop zuvor Wirkstoffvereinbarungen mit der AOK getroffen hatte. Das Partnerprogramm legt Apothekern nahe, diese Medikamente auch dann bevorzugt auswählen, wenn sie im Rahmen nicht-exklusiver Portfolio- oder Wirkstoffverträge mit der AOK oder anderen Kassen abgegeben werden können.

 

Winthrop ist Anstifterin

 

Das Landgericht Berlin sieht in der Vereinbarung zwischen Winthrop und den Apothekern einen Verstoß gegen § 10 des Apothekengesetzes (ApoG). Danach darf sich ein Apothekenleiter nicht dazu verpflichten, bestimmte Arzneimittel bevorzugt anzubieten, abzugeben oder auszuwählen. Er darf sich auch nicht auf bestimmte Hersteller beschränken. Die Regelung des ApoG betreffe zwar nicht unmittelbar die Firma Winthrop, räumen die Richter in ihrer Urteilsbegründung ein. Sie hafte aber als Anstifterin der Apotheker und beteilige sich somit »vorsätzlich an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der Zuwiderhandlung«.

Im Gegensatz zu Winthrop sehen die Richter einen Verstoß gegen das Apothekengesetz, obwohl das Partnerprogramm den Apothekern nur Einkaufsvergünstigungen in der Höhe der beim Direktvertrieb eingesparten Großhandelsspanne gewährt. Dies sei zwar nach § 2 der Arzneimittelpreis­ver­ordnung rechtlich nicht zu beanstanden, ändere aber nichts daran, dass Apotheker nach § 10 ApoG im Sinne einer geordneten Arzneimittelversorgung eigenverantwortlich und unabhängig gegenüber anderen Marktbeteiligten handeln müssten. Würden bestimmte Medikamente bevorzugt abgegeben, sei dies immer eine »Beschränkung des Arzneimittelschatzes«. Apotheker seien angehalten, Arzneimittel ausschließlich nach dem Stand von Wissenschaft und Technik neutral zu bewerten.

 

Das Partnerprogramm sei auch deshalb ein Verstoß gegen § 10, weil die teilnehmenden Apotheker ihre Vorratshaltung nicht mehr an den Bedürfnissen ihrer Kunden ausrichteten, sondern auch an den Einkaufskonditionen. Das Partnerprogramm beschränke insgesamt die Auswahlfreiheit und widerspreche damit den Interessen der Patienten.

 

Außerdem sehen die Richter in dem Partnerprogramm einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht. Die Vereinbarungen seien ein finanzieller Anreiz für Apotheker, die vertraglich vereinbarten verschreibungspflichtigen Arzneimittel bevorzugt abzugeben. Der Apotheker werde zwar nicht zur Abgabe gezwungen und könne sich im Einzelfall ohne Konsequenzen dagegen entscheiden, am Ende treffe er seine Entscheidungen aber dann nicht im Interesse Dritter, sondern nach eigenen Kriterien.

 

Zweifel an Barrabatten

 

Im letzten Teil der Urteilsbegründung widmen sich die Berliner Richter dann noch einem Aspekt, der sicher nicht die ungeteilte Zustimmung aller Apotheker findet. Im Partnerprogramm verzichtet Winthrop zugunsten der Apotheker auf den Großhandelszuschlag. Dies sei nach § 2 der Arzneimittelpreisverordnung zumindest nicht verboten, so das Landgericht. Gleichwohl gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber den Verzicht ausdrücklich zulassen wollte.

 

In jedem Fall sei der Verzicht auf den Großhandelszuschlag ein Verstoß gegen § 128 Absatz 2 des SGB V. Dieser verbiete Pharmaunternehmen, Apothekern im Zusammenhang mit der Arzneimittelversorgung wirtschaftliche Vorteile zu gewähren. Damit habe der Gesetzgeber Gewinnspannen und Rabatte von Herstellern an Apotheker einschränken wollen.

 

Dies bedeute, dass Barrabatte für rezeptpflichtige Arzneimittel nicht unbegrenzt zulässig seien. Ein vollständiger Verzicht des Herstellers auf die Großhandelsspanne stehe nicht nur im Widerspruch mit § 10 ApoG, sondern auch gegen die Berufsordnung für Apotheker. Mit Verweis auf die Gesetzesmaterialen sehen die Richter prozentuale Skonti eher als weniger problematisch an. / 

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