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Pharmaindustrie

Kampf der Korruption

Datum 12.04.2011  15:48 Uhr

Von Uta Grossmann, Berlin / Seit über drei Jahren kämpft der Verein Arzneimittel und Kooperation im Gesundheitswesen (AKG) gegen Bestechung in der Pharmaindustrie. Der Vorsitzende Dr. Sigurd Pütter zog sich nun aus dem Vorstand zurück. Sein Nachfolger: Christoph Harras-Wolff.

Pütter wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Der neue Vorsitzende des AKG, Christoph Harras-Wolff von der Firma Dr. August Wolff GmbH, war bisher Schatzmeister des Vereins. Wieder in den Vorstand gewählt wurden Dr. Herbert Göpfert (Riemser Arzneimittel AG), Dieter Hein (Desitin Arzneimittel GmbH) und Leonhard Terp (Shire Deutschland GmbH).

 

Neue Gesichter im Vorstand

 

Neu im Vorstand sind Sita Schubert (sigma-tau Arzneimittel GmbH), Dr. Gunnar Petzold (Archimedes Pharma Germany GmbH), Andreas H. Sander (ALK-Abelló Arzneimittel GmbH), Dr. Markus Harwart (Chugai Pharma Marketing Ltd.) und Dr. Freddy Santermans (Rottapharm Madaus).

Bei den Vorstandsmitgliedern Dr. Volker Daum (B. Braun Melsungen AG), Dr. Uwe Fröhlich (Baxter Deutschland GmbH) und Kai Christian Bleicken (AKG-Geschäftsführer) läuft die Amtszeit weiter.

 

Der AKG hat um die hundert Mitglieder und ist mittelständisch geprägt. Er entstand auf Betreiben von Mitgliedsunternehmen des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), die sich in der seit 2004 bestehenden FSA (Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie) nicht zu Hause fühlten.

 

Die FSA ist das Selbstkontrollorgan der Hersteller aus dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), der überwiegend Großkonzerne wie Pfizer oder GlaxoSmithKline vertritt.

 

Der 69 Jahre alte Dr. Sigurd Pütter führte den AKG seit seiner Gründung im November 2007 und trat in der fünften Mitgliederversammlung vorige Woche in Berlin nicht mehr zur Wahl an.

 

Pütter will sich auch aus der Leitung seines familiengeführten Unternehmens, der Medice Arzneimittel Pütter GmbH in Iserlohn, zurückziehen. Seine Nachfolger an der Spitze des Herstellers von OTC-Arzneimitteln wie Meditonsin oder Soventol sind seine Tochter und sein Schwiegersohn.

 

Pütter warb in seinem Lagebericht aus der Sicht des Unternehmers für den AKG-Verhaltenskodex. Er sei in seiner Firma fest verankert als Selbstverpflichtung zu Compliance (Regelüberwachung) und Ethik. Es bedürfe neben den gesetzlichen Bestimmungen und dem Gewinnprinzip »klarer Grundsätze und Regeln für gutes und richtiges wirtschaftliches Handeln«, sagte Pütter. Die Kosten für ein präventiv ausgerichtetes Compliance Management seien als Investition in die Zukunft zu betrachten. Glaubwürdigkeit und ein positives Image seien für den Unternehmenserfolg ebenso wichtig wie ein hohes Qualitätsniveau der Produkte, stellte Pütter fest.

 

Prävention vor Sanktion

 

Medice ist mit dem AKG Healthcare Compliance Siegel zertifiziert, das der Verein seit 2010 vergibt. Das Siegel bekommen Unternehmen, die sich den Inhalten der AKG-Kodices zur korrekten Zusammenarbeit von pharmazeutischer Industrie, Ärzten, Apothekern sowie Patientenorganisationen verpflichten und das in einer mehrtägigen Auditierung durch ein externes Prüfunternehmen nachgewiesen haben. Der Leitsatz des AKG lautet »Prävention vor Sanktion«. Die Idee ist, dass Unternehmen gar nicht erst in den Geruch von Bestechlichkeit geraten.

Dafür müssen die Mitarbeiter klare Vorgabe haben, was erlaubt ist und wo irreführende Information an Ärzte oder Apotheker beziehungsweise unrechtmäßiges Marketing beginnen. Bewirtungen und Geschenke, Fortbildungsveranstaltungen und Anwendungsbeobachtungen dürfen keine unlauteren Geschäftspraktiken beinhalten.

 

Der Verein berät seine Mitglieder, um Rechtsverstöße im Vorfeld zu vermeiden. Gibt es dennoch Fehlverhalten zu beanstanden, kann der AKG es sanktionieren – im schlimmsten Fall durch eine Unterlassungserklärung und ein Ordnungsgeld von maximal 250 000 Euro.

 

Im Vorjahr ging der Verein lediglich einer Beanstandung von Fehlverhalten eines Unternehmens nach – es war überhaupt der erste Fall in der Vereinsgeschichte. Wer gutwillig ist, sieht darin einen Erfolg des Präventionskonzeptes. Weniger Gutwillige bezweifeln die Wirksamkeit der Selbstkontrolle der Industrie.

 

Im beanstandeten Fall hatte ein Mittelständler zu einer Veranstaltung samt Rahmenprogramm an einen exklusiven Wintersportort eingeladen. Die Firma wurde abgemahnt und gab eine Unterlassungserklärung ab. Die Veranstaltung wurde abgesagt. Damit war die Sache für den AKG erledigt.

 

Noch kein Hinweis von Apothekern

 

Apotheker haben sich noch nicht an den AKG gewandt, um auf Bestechungsversuche durch Pharmafirmen hinzuweisen. AKG-Geschäftsführer Kai Christian Bleicken sagte der PZ, solche Hinweise seien durchaus erwünscht und würden umgehend verfolgt. Allerdings, so Bleicken, könnten die Hersteller ohnehin wenig Einfluss darauf nehmen, was Apotheker abgeben – wegen der Rabattverträge.

 

Der ehemalige Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Dr. Klaus Theo Schröder, gestand, er habe nicht geglaubt, dass der AKG sein eigenes Motto »Prävention vor Sanktion« so ernst nehme. Dennoch sei nach wie vor umstritten, ob die freiwillige Selbstkontrolle der Pharmaindustrie funktioniere. Sie biete jedoch einen Zuwachs an Sicherheit für die Patienten, sagte Schröder.

 

BMG-Staatssekretär Daniel Bahr (FDP) konnte wegen der Führungsdebatte in seiner Partei nicht kommen. Er schickte ein Grußwort, das AKG-Geschäftsführer Kai Christian Bleicken verlas.

 

Professor Dr. Barbara Sickmüller, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der pharmazeutischen Industrie (BPI), lobte die Arbeit des AKG als »unspektakulär, aber erfolgreich«. In den Mitgliedsunternehmen gebe es keine Skandale. Das liege daran, dass sie »sauber und ordentlich arbeiten«. Und das »in einer Branche, die keinen Fehler verzeiht«.

 

Professor Dr. Hendrik Schneider von der Universität Leipzig referierte die aktuelle Rechtsprechung zu der Frage, ob Ärzte als Beauftragte der Krankenkassen aufgefasst werden und bei nachgewiesener Bestechlichkeit strafrechtlich verfolgt werden können.

 

Das Oberlandesgericht Braunschweig hatte den niedergelassenen Kassenarzt in einem umstrittenen Beschluss im Februar 2010 als Beauftragten der Krankenkasse eingestuft. Dadurch kann beim Verdacht der Bestechlichkeit der Paragraf 299 des Strafgesetzbuches angewandt werden, denn nur ein Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes (in diesem Fall einer Krankenkasse) kann als Bestochener verfolgt werden.

 

Bislang fiel der Arzt als Freiberufler nicht unter den Strafrechtsparagrafen. In einem laufenden Verfahren will der Bundesgerichtshof (BGH) klären, ob Vertragsärzte als Beauftragte der Kassen zu sehen sind und entsprechend wegen Bestechlichkeit belangt werden können. Mit einem Urteil wird Anfang Mai gerechnet.

 

Warnung vor Beraterverträgen

 

Schneider glaubt, dass eine solche Einstufung des Vertragsarztes »Schleusen öffnen« und eine Flut von Prozessen nach sich ziehen würde. »Das bringt die Ermittler in unlösbare Bredouillen, weil Vorteilsnahme oft nicht nachweisbar ist.« Den AKG-Verhaltenskodex lobte Schneider als »sehr gut gemachtes Regelwerk«, das bei Befolgung die pharmazeutischen Unternehmen vor dem Zugriff der Ermittlungsbehörden schütze.

 

Er warnte vor Beraterverträgen – schon der Begriff lasse bei der Staatsanwaltschaft die Warnlampen aufleuchten. Firmen sollten hier auf präzise Inhalte achten, »insbesondere bei der Bestimmung der Leistung des Arztes«. /

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