Pharmazeutische Zeitung online

Gefährliche Entwicklung

13.04.2010  10:38 Uhr

Natürlich hat man damit rechnen müssen. Der ausschließlich auf »billig« ausgerichtete Wettbewerb im Gesundheitssystem hat mit den festgestellten Qualitätsmängeln bestimmter Clopidogrel-Präparate einen weiteren Skandal. Fast noch druckfrisch sind die Schlagzeilen über Heparin-Chargen aus China. Sicherlich kann man die beiden Fälle, den vermeintlich ausgestandenen Heparin-Fall und den aktuellen Fall nicht vergleichen. Gleichwohl scheint das Problem so signifikant zu sein, dass die betreffenden Präparate zurückgerufen wurden (siehe dazu Clopidogrel: Zulassung für bestimmte  Präparate ruht).

 

Im Clopidogrel-Fall geht es nicht um den Wirkstoff an sich. Zwar geriet die Substanz in den letzten Wochen wegen genereller pharmazeutischer Probleme in die Schlagzeilen, da klinisch relevante Interaktionen evident wurden, die es unbedingt zu vermeiden gilt. Doch jetzt hat man zusätzlich nicht tolerable Qualitätsprobleme bei Chargen eines bestimmten Herstellers in Indien festgestellt.

 

Wie gravierend die Probleme sind, bleibt vorerst offen. Bislang wissen nur wenige, wo das Problem liegt. GMP-Irregularitäten heißt es. Leider ist Transparenz seit der Einführung der Rabattverträge nicht mehr generelles Prinzip im Arzneimittelsektor. Handelte es sich tatsächlich um ein GMP-Problem, wäre das schlimm genug. Denn wer sich bei der Wirkstoffherstellung nicht an GMP-Standards hält, verschafft sich Wettbewerbsvorteile. Er kann preiswerter produzieren und so Ausschreibungen der Krankenkassen unlauter gewinnen.

 

Das geschieht freilich auf Kosten der Patienten. Es wird nämlich ein Element des in der Pharmazie geltenden vorsorglichen Sicherheitsprinzips geopfert. GMP-Standards sind – wenn sie denn eingehalten werden – eine antizipierte Qualitätsgarantie. Würde man sich daran nicht halten, müsste man konsequenterweise nicht mehr Wirkstoffe generell, sondern Wirkstoffchargen zulassen und ihnen so Wirksamkeit und Verträglichkeit bescheinigen. Eine beängstigende Vorstellung, die man sehr genau aus der Zulassungssystematik – und hier zurecht – von Impfstoffen kennt.

 

Wer also meint, der Verstoß gegen GMP-Standards sei ein Kavaliersdelikt, der irrt. Die Arzneimittelsicherheit bei Generika basiert auf der Gleichheit der Produkte unterschiedlicher Hersteller und zwar für alle Chargen, die in den Handel kommen. Im konkreten Fall wurde vermutlich aus Kostengründen ein fundamentales Prinzip des Verbraucherschutzes ausgehebelt. Somit ist das Handeln der EMA auch konsequent, das der nationalen Behörden war zögerlich.

 

Wenn wir so weiter machen wie bisher, wird der Clopidogrel-Fall nicht das Ende einer gefährlichen Entwicklung sein. Wir werden weitere Phantasien realisiert sehen, wie man sich in einem Wettbewerb, der als Endpunkt »billig« definiert, Vorteile verschaffen kann. Man kann nur hoffen, dass sich nicht ein Prinzip durchsetzt, den Wettbewerb in der Arzneimittelversorgung auf die Ebene des Ideenreichtums cleverer Krimineller zu verschieben.

 

Professor Dr. Theo Dingermann

Mitglied der Chefredaktion

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa