An einem Strang ziehen |
06.04.2010 15:43 Uhr |
Von Susanne Heinzl, Ulm / Antibiotikaresistenzen sind in Krankenhäusern nach wie vor eine ernst zu nehmende Entwicklung. Im Verbund mit Ärzten und Mikrobiologen kann der Krankenhausapotheker hier einen entscheidenden Beitrag zur Therapieeffizienz und Resistenzvermeidung leisten.
Antibiotic Stewardship (ABS, siehe dazu Kasten) bedeutet frei übersetzt »Strategien zum rationalen Einsatz von Antiinfektiva«. »Wichtigste Maßnahmen des interdisziplinär zusammengesetzten infektiologischen Kernteams sind die Überprüfung der Antibiotikaverordnungen mit direkter Rückmeldung an den Arzt sowie die Erstellung und Pflege einer Arzneimittelliste mit eingeschränkter Antibiotikaauswahl und autorisierter Abgabe von Einzelsubstanzen«, informierte Jürgen Baumann, Ostfildern, auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Pharmazie e. V. (DGKPha). Weitere Aufgaben seien Schulung und Information, Erarbeitung von Leitlinien und Behandlungspfaden, Therapieanpassung, Dosisoptimierung und Deeskalation.
»Zu oft, zu wenig, zu lange, falsches Antibiotikum, ungezielte Therapie und fehlende Deeskalation – dies sind die häufigsten Fehler bei der Antibiotikatherapie, die das Risiko für eine Resistenzentwicklung deutlich erhöhen«, sagte Dr. Torsten Schmidt-Wieland, Facharzt für Mikrobiologie und Virologie in Ravensburg. Die Grundprinzipien der Therapie mit Antiinfektiva seien in der Tarragona-Strategie zusammengefasst. Nach Schmidt-Wieland ist die nicht zu lange Therapie ein zusätzliches wichtiges Prinzip, mit dem das Risiko der Resistenzentwicklung entscheidend verringert werden kann.
Schmidt-Wieland stellte gemeinsam mit Dr. Jörg Bickeböller-Friedrich, Chefapotheker der Oberschwabenklinik, den klinischen Stellenwert von Daptomycin, Linezolid, Tigecyclin und Vancomycin vor. Daptomycin zeichnet sich durch eine sehr rasche bakterizide Wirkung aus. Das Einsatzgebiet dieses Reserveantibiotikums liegt bei rasch fortschreitenden Infektionen mit Verdacht auf MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus), es wirkt aber nicht bei Pneumonie. Linezolid ist nur langsam und bakteriostatisch wirksam, zeichnet sich jedoch durch eine gute Gewebegängigkeit aus. Es ist ein Reserveantibiotikum für die gezielte Therapie bei Infektionen mit grampositiven multiresistenten Erregern. Das Reserveantibiotikum Vancomycin wirkt ebenfalls nur gegen grampositive Erreger, und zwar langsam bakterizid. Therapeutisch sinnvoll kann es nur bei gleichzeitiger Blutspiegelbestimmung eingesetzt werden. Tigecyclin hat ein breites Wirkungsspektrum, ist aber unwirksam gegen Pseudomonas, Proteus und Morganella. Es dient ebenfalls als Reserveantibiotikum für die gezielte Therapie bei Mischinfektionen mit multiresistenten Erregern. »Bei uns in der Klinik kann Vancomycin nur auf Sonderrezept verordnet werden, die Therapie wird mit Blutspiegelmessungen begleitet«, so Bickeböller-Friedrich. Auch bei Carbapenem wie Meropenem sei ein therapeutisches Drug-Monitoring sinnvoll, ergänzte Dr. Otto Roman Frey, Apotheke der Kliniken des Landkreises Heidenheim gGmbH. Meropenem werde in Heidenheim bei schwer kranken Intensivpatienten als Dauerinfusion verabreicht, wobei durch TDM geprüft wird, ob hiermit ausreichende Konzentrationen erreicht werden.
Ebenfalls bei Antimykotika wie Itraconazol, Voriconazol und Posaconazol sei ein TDM sinnvoll, so Jutta Dedy, Apotheke des Universitätsklinikum Essen. Für Itraconazol ist das TDM etabliert. Für Voriconazol gibt es mittlerweile hinreichend konsistente Angaben für den therapeutischen Bereich während für Posaconazol die Datenlage noch begrenzt ist. Dedy stellte den infektiologischen Beratungsservice in Essen vor. Das Team muss zwingend interdisziplinär zusammengesetzt sein. Die fachübergreifende Kompetenz und Erfahrung ist Vo-raussetzung für die Diskussion komplexer Patientenfälle. Dedy empfiehlt, stets im direkten Gespräch zu beraten und die Entscheidung im Konsens zu finden. Um den bürokratischen Aufwand zu minimieren, ist eine Anpassung an die Arbeitsabläufe auf der Station erforderlich. Netzwerke erleichtern die Arbeit, die man in den besonders kooperationsbereiten Bereichen beginnen sollte. /