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Diabetische Retinopathie

Sartan als potenzieller Schutz

Datum 27.03.2009  13:15 Uhr

ASS präventiv

Das Auftreten einer Retinopathie gilt als Risikoindikator für eine erhöhte kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität, da man von mikrovaskulären Schäden auf makrovaskuläre schließen kann. Daher empfiehlt die DDG, Diabetiker, bei denen sich früh, das heißt vor dem zehnten Erkrankungsjahr eine Retinopathie entwickelt, bei fehlenden Kontraindikationen kardioprotektiv mit Acetylsalicylsäure zu behandeln. Ein Einfluss auf die Netzhauterkrankung besteht laut DDG-Leitlinie allerdings nicht.

Erklärt wird der positive Effekt von ACE-Hemmern beziehungsweise Angiotensin-II-Antagonisten nicht nur über die blutdrucksenkende Wirkung, die bei hypertensiven Patienten an sich schon einen protektiven Einfluss hat. Offenbar ist das Renin-Angiotensin-System auch im Auge exprimiert, womit Angiotensin II die retinale Angiogenese sowie die Netzhautfunktion beeinflusst. Untersuchungen an diabetischen Ratten konnten zeigen, dass Candesartan im Vergleich mit Placebo die retinale Funktion aufrechterhalten kann. Dieser Schutzeffekt vor der Entwicklung einer Retinopathie basiert vermutlich darauf, dass Candesartan die Akkumulation von Endprodukten einer fortgeschrittenen Glykosilierung wie Pentosidin sowie die Expression von VEGF mRNA vermindert.

 

Klinische Relevanz

 

Auf Nachfrage der PZ resümierte Professor Dr. Stephan Martin von den Sana Kliniken Düsseldorf, dass zwar keiner der primären Endpunkte erreicht wurde, die Ergebnisse dennoch klinisch relevant seien. »Im niedergelassenen Bereich kann die therapeutische Konsequenz darin bestehen, schlecht eingestellte Typ-1-Diabetiker mit Bluthochdruck oder hypertensive Typ-2-Diabetiker mit 32 mg Candesartan zu behandeln. So profitieren sie von dem Zusatzeffekt am Auge, ohne dass sie wie bei einer hohen Dosis von ACE-Hemmern Gefahr laufen, in eine Hypotension zu geraten.« Martin geht als einer der Studienleiter davon aus, »dass die Leitlinienkommission der DDG an diesen Studien nicht vorbeikommen kann, da sie einen deutlichen blutdruckunabhängigen positiven Effekt gezeigt haben.«

Augenärztliche Kontrollen

Da die frühen Stadien für den Patienten beschwerdefrei verlaufen, ist die regelmäßige opthalmologische Untersuchung besonders wichtig, um Spätschäden vermeiden zu helfen. Gemäß der entsprechenden Nationalen Versorgungsleitlinie soll diese die Bestimmung der Sehschärfe, die Untersuchung der vorderen Augenabschnitte (gegebenenfalls mit Messung des Augeninnendrucks) und die binokulare Untersuchung der Netzhaut bei dilatierter Pupille oder, falls nötig, eine Untersuchung durch Fluoreszenzangiografie umfassen.

 

In der Regel sollte jeder Diabetiker ohne Befund einmal jährlich zum Augenarzt gehen, was allerdings derzeit nur von 30 bis 40 Prozent der Typ-1- und (aufgrund der Disease-Management-Programme) immerhin 60 bis 70 Prozent der Typ-2-Diabetiker befolgt wird. Bei positivem Befund entscheidet der behandelnde Arzt über das Kontrollintervall. Treten Symptome wie Sehverlust, Leseschwierigkeiten, Farbsinnstörungen, Verschwommensehen, »Rußregen« vor den Augen durch Glaskörperblutungen oder andere Sehverschlechterungen auf, muss unverzüglich der Opthalmologe aufgesucht werden.

Daher sei zu vermuten, dass in der nächsten Überarbeitung der DDG-Leitlinie der Hinweis auf einen potenziellen therapeutischen sowie präventiven Effekt der ACE-Hemmer auf die Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten ausgeweitet wird. »Es muss schließlich das Ziel sein, die Therapie zu optimieren«, sagte Martin, der sich sicher ist, dass angesichts der hohen Kosten in absehbarer Zeit keine neuen Studien mit dem Sartan in dieser Indikation laufen werden. Denn eine Zulassungserweiterung zur Prävention oder Behandlung der diabetischen Retinopathie wird nach Aussage des Herstellers Takeda mittelfristig nicht angestrebt. Das Sartan könne bei hypertensiven Diabetikern angewandt werden; für normotensive Typ-1-Diabetiker ohne bestehende Herzinsuffizienz gäbe es allerdings derzeit keine Indikation.

 

Bislang ist noch kein Arzneimittel zur Behandlung der diabetischen Retinopathie oder Makulopathie zugelassen. Je nach Erkrankungsstadium, das heißt je nach Anzahl der Mikroaneurysmen, perlschnurartigen Venen sowie intraretinalen mikrovaskulären Anomalien, ist eine Laserkoagulation neben den Vorbeugungsmaßnahmen die Therapie der Wahl. Nur bei schweren Spätkomplikationen kann eine Vitrektomie indiziert sein, bei der etwa Glaskörperblutungen und Gefäßproliferationen entfernt oder eine abgehobene Netzhaut wieder angelegt werden.

 

Bisherige Strategien

 

Die in Studien untersuchten medikamentösen Ansätze basieren auf der Pathologie der Erkrankungen: Die chronische Hyperglykämie schädigt zunächst die Blutgefäße, wodurch die Durchblutung gestört wird und letztlich Zellen absterben. Dies kann eine Retinopathie, das heißt Netzhautschäden hervorrufen. Die Spätkomplikation unterteilt man dabei in ein nicht proliferatives Stadium, das durch einen zunehmenden Verschluss der Retinagefäße charakterisiert ist, sowie ein proliferatives Stadium, das sich durch die VEGF-getriggerte Neubildung von fragilen Gefäßen und einem damit verbundenen Blutungsrisiko auszeichnet. Von einer Makulopathie spricht man, wenn das Zentrum der Netzhaut, die Makula als Ort des schärfsten Sehens, betroffen ist, was mit einer Ödembildung einhergeht und zur Erblindung führen kann.

 

Als Target bietet sich somit zum einen der Wachstumsfaktor VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) an, weshalb Studien mit VEGF-Antagonisten wie Bevacizumab, Ranibizumab und Pegaptanib bei diabetischem Makulaödem durchgeführt wurden. Letztere sind als Lucentis® und Macugen® zur Behandlung der neovaskulären (feuchten) altersabhängen Makuladegeneration (AMD) zugelassen und werden intravitreal verabreicht, das heißt in den Glaskörper injiziert. Hinsichtlich der Therapie des diabetischen Makulaödems befinden sich beide Arzneistoffe in zulassungsrelevanten Phase-III-Studien. Mit Ergebnissen ist frühestens 2012 beziehungsweise 2010 zu rechnen.

 

Auch die intravitreale Anwendung des Glucocorticoids Triamcinolonacetonid gilt als hoffnungsvoller Ansatz, da es beim diabetischen Makulaödem antientzündlich und antiödematös wirkt. Derzeit laufen verschiedene Phase-III-Studien sowohl zur Indikation diabetische Retinopathie als auch diabetisches Makulaödem, entweder allein oder als adjuvante Therapie zur Laserkoagulation oder Bevacizumab-Gabe.

 

Ein weiterer Arzneimittelkandidat ist Ruboxistaurin, ein selektiver Hemmstoff des Enzyms Proteinkinase C, die bei einer Hyperglykämie überaktiviert ist und vasokonstruktiv sowie permeabilitätssteigernd wirkt. In Studien konnte Ruboxistaurin die Gefäßleckage beim diabetischen Makulaödem verringern sowie den moderaten Sehverlust verzögern. Nach Angaben des Herstellers Lilly wird der Wirkstoff in Phase-III-Studien sowohl bei diabetischer Retinopathie als auch Makulaödem untersucht, die in frühestens zwei Jahren abgeschlossen sein werden. Es wird somit noch ein paar Jahre dauern, bis auch diese hoffnungsvollen Therapieansätze Eingang in die nationale Versorgungsleitlinie oder die DDG-Leitlinie finden könnten.

Fokus auch auf Blutdruck

Da die Behandlungsmöglichkeiten der Retinopathie begrenzt sind, kommt der Prävention eine entscheidende Rolle zu. Abgesehen vom Blutglucosespiegel (HbA1c < 7) sollte auch ein erhöhter Blutdruck auf einen Wert unter 140/80 mmHg gesenkt werden. Da Patienten mit zusätzlicher Dyslipidämie ein erhöhtes Risiko aufweisen, harte Exsudate, eine diabetische Makulopathie sowie eine proliferative diabetische Retinopathie, mit Visusverlust, zu entwickeln, sollten die Blut-Lipid-Werte via Diät oder medikamentös normalisiert werden. Gegebenenfalls, vor allem bei Typ-2-Diabetikern, sind Gewichtsreduktion sowie vermehrte Bewegung anzustreben. Neben der Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern zählt auch der Nikotinverzicht zu dem multifaktoriellen Therapieansatz, der bei Hochrisikopatienten das Risiko, an einer Retinopathie zu erkranken, um bis zu 50 Prozent senken kann.

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