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Arbeitsschutz

Kleiner Stich mit großen Folgen

21.03.2007  12:02 Uhr

Arbeitsschutz

<typohead type="3">Kleiner Stich mit großen Folgen

Von Claudia Hadtstein und Andreas Wittmann

 

Serviceleistungen wie Blutzucker- und Cholesterolmessungen sind in Apotheken inzwischen Usus. Der Umgang mit Blut birgt jedoch Gefahren und unterliegt somit speziellen rechtlichen Grundlagen. Die für Apotheken relevanten Weisungen sind in der aktualisierten Technischen Regel  TRBA 250 konkretisiert.

 

Bei allen Tätigkeiten, bei denen mit Blut oder Blutprodukten umgegangen wird, besteht Infektionsgefahr. Neben vielen anderen Erregern spielen hier Hepatitis-B- und Hepatitis-C- sowie der HI-Virus eine Hauptrolle. Es muss davon ausgegangen werden, dass jede Person, die untersucht wird, infiziert sein kann. Besondere Gefahr besteht, wenn Erreger direkt in die Blutbahn eines Beschäftigten gelangen, wie es regelmäßig bei Stich- und Schnittverletzungen, sogenannten Nadelstichverletzungen der Fall ist.

 

Nach den Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes (1) ist es Aufgabe des Arbeitgebers, die Gefährdungen für Beschäftigte im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln (§ 5 ArbSchG), die notwendigen Schutzmaßnahmen daraus abzuleiten und diese umzusetzen. Bei möglicher Infektionsgefahr sind die Vorschriften der Biostoffverordnung (2) und der dieser untergeordneten Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (3) zu beachten.

 

Gefährdungsermittlung

 

Für den Gesundheitsdienst wurden die Vorschriften durch die Technische Regel für biologische Arbeitsstoffe 250 »Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege« (TRBA 250) konkretisiert (4). Die TRBA haben ähnlichen Weisungscharakter wie die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS).

 

Ähnlich der Gefahrstoffverordnung, müssen auch Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen entsprechenden Schutzstufen zugeordnet werden. Jede Schutzstufe fordert bestimmte Schutzmaßnahmen, die umgesetzt werden müssen. Derartige Gefährdungsbeurteilungen sind auch bei biologischen Arbeitsstoffen unabhängig von der Betriebsgröße zu dokumentieren.

 

Punktionen zur Blutentnahme bei Blutzucker- und Cholesterolmessung sind sogenannte ungezielte Tätigkeiten, die in die Schutzstufe 2 fallen.

 

Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2

 

Um Tätigkeiten der Schutzstufe 2 durchführen zu dürfen, ist es notwendig:

 

das Personal vor Aufnahme der Tätigkeiten arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen (§ 15 BiostoffV),

einen möglichst kleinen Personenkreis mit den gefährlichen Tätigkeiten zu betrauen  (§ 10 (6) 2 BiostoffV),

dem exponierten Personal eine Schutzimpfung gegen Hepatitis B anzubieten (§ 15a Absatz 3 BiostoffV)

nur fachlich ausgebildete, beziehungsweise entsprechend geschulte Personen mit der Tätigkeit zu betrauen (§ 10 (5) BiostoffV)

für die betroffenen Arbeitsbereiche einen Hygieneplan zu erstellen (§ 10 (4) BiostoffV)

Betriebsanweisungen für die Tätigkeiten zu erstellen und die Beschäftigten anhand dieser zu unterweisen (§ 12 BiostoffV)

flüssigkeitsdichte, allergenarme Handschuhe in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen (TRBA 250 Ziffer 4.1.3)

geeignete, sichere Entsorgungsbehälter für gebrauchte spitze und/oder scharfe Gegenstände zur Verfügung zu stellen (TRBA 250 Ziffer 4.1.1.4)

sichere Arbeitsgeräte bei Punktionen und Blutentnahmen zu verwenden (TRBA 250 Ziffer 4.2.4)

 

Insbesondere der letzte Punkt dieses offenen Kataloges verdient ein paar weitere erläuternde Zeilen: Die Verschärfung der TRBA 250 im Juli 2006 hat zur Folge, dass für Blutentnahmen nur noch sogenannte »sichere Systeme« eingesetzt werden dürfen. Diese Systeme mit Schutzeinrichtungen zur Prävention von Nadelstichverletzungen sind Kanülen, Lanzetten, Skalpelle und andere scharfe und spitze Gegenstande, die unmittelbar nach der Anwendung gesichert werden können und dadurch das Risiko einer ungewollten Verletzung des anwendenden Personals ausschließen. Derartige Sicherheitsprodukte werden von fast allen bekannten Herstellern angeboten.

 

Auf diese sicheren Systeme kann bei der Blutentnahme nur verzichtet werden, wenn die unter Beteiligung des Betriebsarztes durchgeführte Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass das Verletzungsrisiko minimal ist beziehungsweise dass kein Infektionsrisiko besteht. Dies kann nur der Fall sein, wenn sichere Arbeitsabläufe so festgelegt werden können, dass sie auch in Notsituationen nicht umgangen werden können und das Personal jährlich anhand der erstellten Betriebsanweisungen geschult wird und geeignete Entsorgungsbehälter verwendet werden.

 

Dies ist in der Praxis kaum möglich, da es in der Natur von Notsituationen liegt, dass unerwartet und unüberlegt gehandelt wird, sodass das Verletzungsrisiko von offenen, spitzen und scharfen Gegenständen nicht eliminiert werden kann.

Erste Hilfe

Offene Wunden ausbluten lassen (keinen Druck auf das umliegende Gewebe ausüben) und sofort desinfizieren.

Betriebsarzt zwecks Postexpositionsprophylaxe konsultieren.

Bei konkretem Verdacht auf Kontakt mit Hepatitis-B-haltigem Material und fehlendem Impfschutz muss sofort eine passive Immunisierung (Gabe von Immunglobulinen) erfolgen. Gegebenenfalls ist auch der Tetanusschutz zu überprüfen.

Jede Verletzung unverzüglich der vorgesetzten Person mitteilen und unbedingt 

im Verbandsbuch dokumentieren.

Wenn möglich Daten des Patienten dokumentieren, um im Fall einer Infektion diese am Arbeitsplatz beweisen zu können.

 

Fazit

 

Die in Apotheken üblicherweise durchgeführten Blutzucker- und Cholesterolmessungen sind Tätigkeiten der Schutzstufe 2, gemäß der TRBA 250. Die Beschäftigten müssen entsprechend unterwiesen und die notwendigen Schutzmaßnahmen umgesetzt werden.

 

Spätestens seit der Neufassung der TRBA 250 im Juli 2006 ist der Einsatz von Sicherheitssystemen auch für die Blutentnahmen in Apotheken verpflichtend. Durch ihren Einsatz wird das Verletzungsrisiko an benutzten Nadeln praktisch eliminiert, sodass das Personal effektiv vor Infektionen beim Umgang mit Blut in der Apotheke geschützt werden kann.

Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln

Medizinische Einmalhandschuhe und geschlossenen Kittel tragen.

Getragene Kittel sind getrennt von der Straßenkleidung aufzubewahren.

Arbeitsplatz sauber und aufgeräumt halten; Arbeitsflächen entsprechend dem Hygieneplan reinigen.

Nahrungs- und Genussmittel dürfen im Arbeitsbereich nicht zu sich genommen oder gelagert werden.

Für werdende und stillende Mütter gelten Beschäftigungsverbote im Umgang mit stechenden und schneidenden Instrumenten (gegebenfalls nicht bei der Verwendung von Sicherheitsprodukten).

Nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material ist vor Verlassen des Arbeitsbereichs eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen. Nur verschmutzte Hände sind zu waschen.

Immunisierung gegen Hepatitis B wahrnehmen.

 

Literatur

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Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (ArbSchG), BGBl I 1996, 1246

Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung, BiostoffV) BGBl I 1999, 50; zuletzt geändert durch Art. 438 V v. 31. 10. 2006 I 2407

Die Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe, TRBA 001 ­ Allgemeines und Aufbau des Technischen Regelwerks zur Biostoffverordnung, Anwendung von Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA), Ausgabe: Mai 2000, BArbBl. 2000 S. 52

Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe 250, Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege (TRBA 250), Ausgabe: November 2003, Änderung und Ergänzung Juli 2006, Bundesarbeitsblatt 7-2006, S. 193

 

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