Kampf um das Verbot |
22.03.2017 09:50 Uhr |
Von Ev Tebroke / Für die Apotheker ist ein Verbot des Versandhandels mit Rx-Medikamenten alternativlos. Das verdeutlicht die ABDA in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf. Beim Thema Spezialrezepturen bietet sie Lösungen an. Die Kassen halten ein Verbot hingegen für unzeitgemäß. Stattdessen wollen sie über Direktverträge mit den Versendern die Boni einbehalten.
Für die Apotheker gibt es keine Alternative zum Verbot. Das macht die ABDA in ihrer Stellungnahme erneut deutlich. Beim Thema Spezialrezepturen und der Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen sehen die Apotheker aber Änderungsbedarf im Entwurf. Damit reagieren sie auf Kritik vonseiten der SPD. Insbesondere die in der SPD-Fraktion für den Bereich Apotheken verantwortliche Abgeordnete Sabine Dittmar hatte darauf hingewiesen, dass diese Patientengruppe auf den Rx-Versand angewiesen sei.
Ausnahmeregelung
Aus Sicht der ABDA kann die Versorgung von Patienten mit seltenen Erkrankungen, die bislang von spezialisierten Versandapotheken beliefert werden, künftig genauso über ausgewählte Apotheken vor Ort oder Krankenhausapotheken geregelt werden. Dazu möchte die ABDA die entsprechende Ausnahmeregelung in § 11 Absatz 3 Apothekengesetz erweitern. Grundsätzlich sieht der Bundesverband aber keinen der anderen bislang kursierenden Vorschläge als geeignet an, um hierzulande weiterhin die flächendeckende, sichere und bezahlbare Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen.
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016, das Versendern aus dem EU-Ausland erlaubt, hierzulande Rabatte auf Rx-Medikamente anzubieten, ringt die Politik um eine Lösung. Denn deutsche Apotheken müssen sich nach wie vor an die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln halten. Aufgrund der Wettbewerbsverzerrung fürchten die Apotheker mittelfristig eine Ausdünnung des Versorgungsnetzes der Präsenzapotheken in Deutschland. So begründet auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) seine geplante Gesetzesinitiative.
Ein Verbot des Rx-Versands verhindere zudem, dass wesentliche Steuerungselemente zur Ausgabenregulierung im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unterlaufen werden – wie etwa Zuzahlungs- und Festbetragsregelungen, so die ABDA. Rückendeckung gibt es von den Arzneimittelherstellern. Selbst eine nur teilweise Lockerung der Arzneimittelpreisbindung hätte erhebliche Konsequenzen und letztlich eine umfassende Überarbeitung des Sozialrechts zur Folge, befürchtet der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) in seiner Stellungnahme. Zudem leisteten Rabatte einer zunehmenden Trivialisierung des Arzneimittels Vorschub.
Rabatte weitergeben
Die Kassen hingegen wollen den Rx-Versandhandel erhalten. Eine Gefährdung der deutschen Apothekenlandschaft sehen sie nicht. Der Anteil des Rx-Versands an den gesamten Apothekenumsätzen zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) liege nur bei etwas über einem Prozent, heißt es in der Stellungnahme des GKV-Spitzenverbands. Um Fehlanreize durch Rabatte aber auszuschließen, wollen die Kassen eine vertragliche Lösung mit den Versendern schaffen. So könnten die durch die Rabatte erzielten »Effizienzgewinne« direkt an die Kassen ausgeschüttet und somit an die Solidargemeinschaft weitergegeben werden.
Gegenwind zur Gesetzesinitiative kommt auch aus dem Wirtschaftsressort. Gröhe zeigte sich zuletzt in Münster verärgert über die mangelnde Unterstützung aus dem SPD-geführten Ressort. Anstelle eines Versandverbots will die SPD-Fraktion Rx-Boni über das fünfte Sozialgesetzbuch untersagen. Boni bis zu einer Bagatellgrenze von einem Euro sollen aber möglich sein.
Das Stimmungsbild zum Thema ist nach wie vor divergent. Es bleibt zu hoffen, dass das für den Abend des 29. März anstehende Treffen des Koalitionsausschusses endlich eine Einigung in dieser Sache bringt. Denn die Zeit drängt, wenn das Gesetz noch bis zum Ende der Legislaturperiode in trockenen Tüchern sein soll. /