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Augenheilkunde

Sehen im Alter

19.03.2013  16:29 Uhr

Von Maria Pues, Düsseldorf / Obwohl sich die Behandlung von manchen Augenerkrankungen deutlich verbessert hat, steigt die Zahl der Erblindungen in Deutschland an. Schuld ist die demografische Entwicklung. Denn das Risiko für die meisten Augenerkrankungen nimmt mit dem Alter dramatisch zu.

Dass es mit dem Sehen im Alter nicht besser wird, wissen viele Betroffene aus Erfahrung. Dass sich altersbedingte Augenerkrankungen aufgrund der demografischen Entwicklung zu wahren Volkskrankheiten entwickeln, ist jedoch selbst für Augenärzte eine neue Sichtweise. Darauf wies Dr. Christian Wolfram von der Universitätsaugenklinik Mainz auf einer Pressekonferenz hin, die anlässlich der Augenärztlichen Akademie Deutschland (AAD) in Düsseldorf stattfand. So leiden in Deutschland zum Beispiel etwa 10 Millionen Menschen an grauem Star (Katarakt) und 1,6 Millionen Menschen an altersbedingter Makuladegeneration (AMD, siehe Tabelle).

»Wenn man älter wird, sieht man anders«, erläuterte er. So verändere zum Beispiel die natürlich zunehmende Gelbfärbung der Linse die Farbwahrnehmung. Zudem nehmen Kontrastsehen, das Gesichtsfeld und die Sehstärke mit dem Alter ab. Da dies meist schleichend vonstatten geht, nehmen die Betroffenen es häufig selbst nicht wahr. Dies gilt auch für den Beginn zahlreicher ernsthafter Erkrankungen des Auges, die Lebensqualität, Selbstständigkeit und die allgemeine Gesundheit bedrohen können. Diese treten mit dem Alter häufiger auf, bleiben aber oft unbemerkt. So klagen manche Patienten nicht über eine Sehverschlechterung, sondern berichten zum Beispiel ein wenig verwundert, dass sie neuerdings mit der Schulter Türrahmen oder Schrankecken »mitnähmen« und daher in der Apotheke eine Salbe gegen Blutergüsse kaufen wollten. An eine Sehstörung denken sie nicht. Manche Patienten wendeten ein, dass sie ja regelmäßig beim Optiker ihre Sehstärke kontrollieren ließen, um feststellen zu lassen, ob sie eine andere Brille benötigten. Die Untersuchung der Sehstärke reiche jedoch nicht aus, um eventuelle Erkrankungen des Auges zu entdecken, betonte Wolfram. Hierfür seien unter anderem auch die Messung des Augen­innendrucks und die Untersuchung des Sehnervs nötig.

 

Regelmäßige Kontrolle

 

Eindringlich mahnte er daher zu regelmäßigen augenärztlichen Kontrolluntersuchungen, um krankhafte Veränderungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Diese Augenerkrankungen sind zwar nicht heilbar, heute aber behandelbar. Zu spät oder nicht behandelt führen sie hingegen schlimmstenfalls zu Erblindung. So sind die AMD, das Glaukom und die diabetische Retinopathie für drei Viertel aller Erblindungen verantwortlich.

 

Erblindungen seien ein Marker für den Gesundheitszustand in der Bevölkerung, sagte Wolfram. Erfreulich sei zwar, dass in den letzten 20 Jahren das Risiko zu erblinden für den Einzelnen deutlich gesunken ist. Dies sei Ausdruck des medizinischen Fortschritts. Jedoch werde dieser Effekt durch die demografische Verschiebung kompensiert, sodass man trotz des prozentualen Rückgangs einen Anstieg der absoluten Zahlen um 11,6 Prozent gegenüber 1993 beobachtet. So sei die Gruppe der Über-75-Jährigen gegenüber 1993 um 42,4 Prozent angestiegen, und auch die Lebenserwartung der Senioren hat zugenommen. Rechnet man den demografischen Faktor heraus, so kommen die Statistiker auf eine Abnahme der Häufigkeit von Sehbehinderung und Blindheit um 9,6 Prozent in den Jahren von 1993 und 2006.

 

Fortschritte in der Therapie

 

Wie stark das Risiko für Augenerkrankungen mit dem Alter ansteigt, zeige die AMD. Auf diese geht die Hälfte aller Erblindungen zurück, so Wolfram. Eine Frühform dieser Erkrankung, bei der sich sogenannte Drusen – Ablagerungen an der Netzhaut – feststellen lassen, finden Augenärzte bereits bei 20 Prozent der 65- bis 74-Jährigen und bei rund 35 Prozent der 75- bis 84-Jährigen. Die Betroffenen selbst spüren zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Veränderungen. An einer AMD im Endstadium leiden 1 Prozent der 65- bis 74-Jährigen und 5 Prozent der 75- bis 84-Jährigen.

Häufigkeit wichtiger Augen­erkrankungen in Deutschland (2012, geschätzt) Quelle: Weißbuch der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (2012)

Blindheit/Sehbehinderung 353 000
AMD 1 608 000
AMD-Frühstadien (Drusen) 2 610 000
Glaukom 972 000
Glaukom-Frühstadien 1 269 000
Diabetische Retinopathie 557 000
Diabetisches Makulaödem 109 000
Katarakt 9 853 000

Eine starke Zunahme mit den Lebensjahren beobachtet man auch bei Glaukomerkrankungen: Unter-50-Jährige sind davon zu weniger als 1 Prozent betroffen, bei den Über-80-Jährigen seien es über 5 Prozent. Hier lerne die Augenheilkunde dazu, berichtete Professor Dr. Christian Mardin aus Erlangen. Er stellte ein neues bildgebendes Verfahren zur Darstellung des Sehnervs und möglicher Schäden vor. Die Methode, die allerdings von der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommen wird, erlaubt eine Beurteilung von Veränderungen des Sehnervs, die man im Falle einer Therapie auch zur Verlaufsbeobachtung nutzen könne. Nicht der Augeninnendruck für sich genommen sei das Problem, sondern die Sehnervschädigung: »Mancher Sehnerv hält einem höheren Druck schadlos stand, eine anderer nicht«, erläuterte er. Die neue Methode erlaube eine zuverlässigere Beurteilung als die Druckmessung, welcher Patient eine Behandlung benötige und in welchem Fall man möglicherweise noch zuwarten könne.

 

Weniger Erblindungen gebe es heute durch Katarakte, da inzwischen zahlreiche Operationsverfahren zur Verfügung stehen, um die trübe Augenlinse durch eine Kunstlinse zu ersetzen. Dass dies auch Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit älterer Menschen hat, betonte Professor Dr. Bernd Bertram aus Düsseldorf. Er zitierte Untersuchungen, wonach eine Kataraktoperation auch das Sturz- und Frakturrisiko senkt. Eine andere Studie an Patienten mit trockener AMD in fortgeschrittenem Stadium habe außerdem gezeigt, dass bei ihnen das Risiko für eine Hüftfraktur um 11 Prozent höher lag als bei Patienten ohne AMD. Auch beobachte man bei älteren Menschen mit Sehbehinderung oder Erblindung ein erhöhtes Risiko, an einer Depression zu erkranken, denn nicht nur die körperliche und geistige Beweglichkeit bestimmt über das Ausmaß, sich selbst versorgen und am öffentlichen Leben teilnehmen zu können, sondern auch die Sehfähigkeit. /

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