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Frühe Nutzenbewertung

Erstes Orphan Drug passiert den GBA

20.03.2012  16:53 Uhr

Von Uta Grossmann, Berlin / Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Wirkstoff Pirfenidon einen Zusatznutzen bescheinigt, dessen Ausmaß nicht quantifizierbar sei. Damit hat das erste Orphan Drug die frühe Nutzenbewertung passiert und geht in die Preisverhandlung zwischen GKV-Spitzenverband und Hersteller.

Im Vorfeld der Entscheidung hatte es Proteste der Herstellerverbände gegeben, weil das vom Gemeinsamen Bundesausschuss mit der Beurteilung des Herstellerdossiers beauftragte Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) dem neuen Wirkstoff in seiner Bewertung vom Dezember 2011 keinen Zusatznutzen attestiert hatte.

 

Rechtliche Bewertung geändert

 

Nun beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) der Ärzte und Krankenkassen als höchstes Entscheidungsgremium der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen, seine rechtliche Bewertung zu ändern und allein aufgrund der Zulassungsstudien Hinweise auf einen Zusatznutzen anzuerkennen. Das Ausmaß des Zusatznutzens sei derzeit nicht quantifizierbar, könne also einer der Stufen eins bis drei (erheblich, beträchtlich, gering) entsprechen.

Dr. Rainer Hess, der unparteiische Vorsitzende des GBA, teilte in Berlin mit, dass dies »keine Entscheidung gegen das IQWiG« sei. In Zukunft werden alle Medikamente gegen seltene Erkran­kungen (Orphan Drugs) direkt in die Preisver­hand­lungen zwischen dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und dem Hersteller gehen. Nach dem Arzneimittel­markt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) gilt der Zusatznutzen eines neu eingeführten Orphan Drug als belegt, wenn es durch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA positiv beurteilt und von der Europäischen Kommission zugelassen worden ist. Trotzdem musste bei der ersten frühen Nutzenbewertung nach AMNOG der Hersteller InterMune ein Dossier zu seinem neuen Wirkstoff Pirfenidon einreichen, um das Ausmaß des Zusatznutzens darzustellen.

 

Keine ungetrübte Freude bei Herstellerverbänden

 

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (VfA) begrüßten die Entscheidung des GBA. Allerdings ist die Freude nicht ungetrübt. Der BPI wies darauf hin, dass der GBA bei neuen Wirkstoffen in jüngster Zeit mehrfach einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen festgestellt habe. »Damit liegt der Ball beim GKV-Spitzenverband, der im Rahmen der Verhandlungen über einen Erstattungsbetrag anerkennen muss, dass ein nicht quantifizierbarer Zusatznutzen auch erheblich sein kann und entsprechend vergütet werden muss«, heißt es in einer Mitteilung.

 

VfA-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer kommentierte, der GBA habe »ein verheerendes erstes Signal korrigiert«, nämlich die Aberkennung eines Zusatznutzens durch das IQWiG. Firmen, die sich für neue Therapien bei seltenen Erkrankungen engagieren, hätten für ihre Präparate meist weniger Absatz zu erwarten. »Gerade da­rum müssen sie sich darauf verlassen können, dass ihre Präparate im Vorfeld der Erstattungsbetragsverhandlungen faire Bewertungsverfahren durchlaufen«, so Fischer.

 

Der Hersteller InterMune, ein kalifornisches Biotechnologie-Unternehmen mit dem Schwerpunkt Pulmologie und fibrotische Erkrankungen, wertete das GBA-Urteil als positives Signal für Patienten mit leichter bis mittelschwerer idiopathischer Lungenfibrose (IPF). Es gewährleiste »in Deutschland die Erstattung für das erste Medikament, das sich bei dieser schwer und tödlich verlaufenden Erkrankung als wirksam, sicher und im Allgemeinen gut verträglich erwiesen hat«, sagte Dan Welch, Vorsitzender von InterMune.

 

Umsatz entscheidet über künftiges Verfahren

 

Die Europäische Kommission erteilte die Zulassung für Pirfenidon (Handelsname Esbriet) im Februar 2011. Seit September 2011 ist Pirfenidon auf dem deutschen Markt erhältlich. Sollte der Umsatz des Medikaments mit der GKV zu Apothekenverkaufspreisen nach zwölf Monaten den Jahresumsatz von 50 Millionen Euro übersteigen, muss der Hersteller das komplette Verfahren der frühen Nutzenbewertung durchlaufen und den Zusatznutzen des Medikaments gegenüber der vom GBA festgelegten Vergleichstherapie nachweisen.

 

Im GBA-Beschluss werden die Jahrestherapiekosten pro Patient auf rund 38 500 Euro beziffert. Die Zahl der Patienten liegt demnach bei 6000. /

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