Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
Neurologie

Migräne ohne Kopfschmerz

Datum 15.03.2011  13:57 Uhr

Von Christina Hohmann / Es klingt paradox, kommt aber gar nicht selten vor: Migräneattacken ohne Kopfschmerz. Betroffene entwickeln sogenannte isolierte Auren. Häufig wird die Erkrankung nicht richtig diagnostiziert und zum Beispiel als Schlaganfall fehlinterpretiert.

Bitte beachten Sie

Dies ist ein Beitrag aus unserem Archiv. Die Inhalte sind unter Umständen veraltet. Aktuelle Informationen zum Thema finden Sie auf unserer Themenseite Migräne.

Charakteristisch für Migräne sind die pulsierenden, pochenden, in der Regel einseitigen Kopfschmerzen. Diese können mit oder ohne eine vorhergehende Aura auftreten. Die häufigste Form ist Migräne ohne Aura. Nur etwa 20 Prozent der Migräniker leiden unter der »klassischen Form«, das heißt sie entwickeln eine Aura vor einer Attacke. Darunter versteht man eine Phase mit neurologischen Erscheinungen oder Ausfallerscheinungen, die zwischen 5 und 60 Minuten andauern kann. Am häufigsten treten visuelle Symptome, wie flackernde Lichtpunkte, Zickzack-Linien, Flimmern, verzerrtes Sehen, Doppelbilder oder Sehausfälle, auf. Zum Teil kommen aber auch sensorische Erscheinungen wie Taubheitsgefühl, Kribbeln, Gesichtsschmerzen oder reversible Lähmungen hinzu. Mitunter treten auch Sprachstörungen oder Schwindel auf.

Eine kleine Gruppe von Patienten entwickelt Auren ohne nachfolgende Kopfschmerzen. »Diese isolierten Auren wurden früher auch Migraine-sans-migraine genannt«, sagte Professor Dr. Andreas Straube von der Neurologischen Klinik der Universität München und Vizepräsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung. Von den 20 Prozent der Betroffenen, die unter Migräne mit Aura leiden, entwickeln etwa 10 Prozent von Zeit zu Zeit solche isolierten Auren. Selten käme es vor, dass Betroffene ausschließlich isolierte Auren entwickeln. Diese Sonderformen der Migräne treten vor allem in höherem Alter auf, so der Experte.

 

Übererregbarkeit der Hirnrinde

 

Wie Aura und Kopfschmerzen pathophysiologisch zusammenhängen, ist noch nicht vollständig geklärt. Die These, dass sie auf zwei unterschiedlichen Pathomechanismen beruhen könnten und daher unabhängig voneinander auftreten können, ist laut Straube stark umstritten. Er hält eine andere Erklärung für wahrscheinlicher: Beide beruhen auf demselben Pathomechanismus und zwar der Übererregbarkeit der Zellen der Hirnrinde. Die Zellen setzen verstärkt Kaliumionen in den Zellularraum frei, der Ionenhaushalt wird gestört. Dies führt zu einer Depolarisation, die sich über die Hirnrinde ausbreitet: Eine Welle von Hyperaktivität zieht über den Cortex (Cortical spreading depression), vor allem auch über das Sehzenrum, was die genannten visuellen Symptome auslöst. Der Aktivitätswelle folgt eine Inhibitionswelle. Der Hypothese zufolge entwickeln alle Migränepatienten Auren, bei einem Großteil bleiben sie aber subklinisch.

 

Erreicht die Depolarisationswelle den Trigeminusnerv, wird auch dieser aktiviert. Dieser Gesichtsnerv ist für das Übermitteln von Schmerzsignalen verantwortlich. Eine Aktivierung führt dann zum Empfinden von Kopfschmerzen. »Wahrscheinlich ist es so, dass die Schwelle, wann trigeminale Fasern aktiviert werden, von Mensch zu Mensch unterschiedlich hoch liegt«, sagte Straube. Bei Personen mit einer hohen Schwelle würden die trigeminalen Fasern nicht aktiviert, und der Kopfschmerz bleibt aus. Dies ist bei Personen mit isolierten Auren der Fall. Bei einer niedrigen Schwelle, springe die Aktivität auch auf den Trigeminusnerv über, und die charakteristischen Migränekopfschmerzen entstünden. Bei manchen Familien träten gehäuft isolierte Auren auf. Diese Personen hätten vermutlich eine genetische Veranlagung für eine Übererregbarkeit im Cortex, dabei aber eine hohe Erregungsschwelle der trigeminalen Fasern, so Straube.

 

Schwierige Diagnose

 

Isolierte Auren korrekt als Migräne zu diagnostizieren, sei schwierig, weil die charakteristischen Kopfschmerzen fehlen. Viele Patienten, aber auch Hausärzte wären verunsichert und würden an einen Schlaganfall denken, sagte der Experte. Je nach vorherrschenden Symptomen der Aura kann eine Migraine-sans-migraine auch mit wiederkehrenden Hypoglykämien, Morbus Menière (einer durch Schwindelattacken gekennzeichneten Erkrankung des Innenohrs), Fibromyalgie oder neurologischen Störungen verwechselt werden. Betroffene, die typische Aurasymptome wie visuelle Erscheinungen, Kribbeln, Taubheitsgefühle oder Schwindel verspüren, ohne anschließende Kopfschmerzattacke sollten unbedingt einen Arzt aufsuchen, um ernsthafte Ursachen wie eine Transitorische ischämische Attacke auszuschließen.

 

Die Möglichkeiten der Behandlung von isolierten Auren sind gering. Als Therapieversuch könnte Ketaminspray eingesetzt werden, berichtete Straube. Das Anästhetikum sei aber für diese Indikation nicht zugelassen. Bei schweren Fällen könnten auch Wirkstoffe wie Topiramat oder Lamotrigin als Prophylaxe eingesetzt werden. /

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa