Pharmazeutische Zeitung online
Nintedanib

Dreifach gegen Lungenkrebs

04.03.2014  15:23 Uhr

Von Annette Mende, Berlin / Nintedanib ist ein neuer Wirkstoff, für den Boehringer Ingelheim die Zulassung beim fortgeschrittenen nicht kleinzelligen Lungenkarzinom beantragt hat. Der Dreifach-Tyrosinkinase-Hemmer wurde bei einer Pressekonferenz des Herstellers am Rande des Deutschen Krebskongresses in Berlin vorgestellt.

Nicht kleinzellige Lungenkarzinome (NSCLC) machen etwa 85 Prozent aller Lungenkrebsfälle aus. Je nachdem, von welcher Gewebeart der Tumor ausgeht, unterscheidet man verschiedene Formen. In je etwa 40 Prozent der Fälle sind Zellen des Drüsengewebes (Adenokarzinom) beziehungsweise des Plattenepithels entartet, in circa 20 Prozent der Fälle andere Gewebearten.

 

Eine genetische Analyse des Tumors kann eine zielgerichtete Therapie ermöglichen und ist daher mittlerweile Standard. Es gibt verschiedene Trigger wie Mutationen des vaskulären epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (VEGFR) oder der anaplastischen Lymphomkinase (ALK). »Bei den Adenokarzinomen ist in etwa der Hälfte der Fälle die Treibermutation bekannt. Bei den Plattenepithelkarzinomen ist der unbekannte Teil etwas größer und beträgt etwa zwei Drittel«, sagte Dr. Nicolas Dickgreber vom Mathias-Spital in Rheine.

 

Zielgerichtete Therapien

 

Mit Gefitinib und Afatinib bei VEGFR-Mutation beziehungsweise Crizotinib bei ALK-Mutation sind bereits ziel­gerichtete Wirkstoffe zugelassen, die jedoch für das Gros der Patienten ohne eine eindeutige Treibermutation nicht infrage kommen. Diese sollen als Erst­linienbehandlung eine platinhaltige Chemotherapie erhalten; als Zweit­linientherapeutika stehen Docetaxel, Pemetrexed oder Erlotinib zur Verfügung. »In der Rezidivsituation gab es für diese Patienten seit fast zehn Jahren keine Fortschritte in der Überlebensrate«, so Dickgreber.

 

Unter Nintedanib, dem neuen Angio­kinase-Hemmer von Boehringer Ingelheim, zeigte sich nun erstmals seit Langem ein – wenn auch geringer – Überlebensvorteil bei vorbehandelten Patienten mit Adenokarzinom, wie Privatdozent Dr. Martin Reck von der LungenClinic Großhansdorf ausführte. Nintedanib blockiert gleichzeitig drei Klassen von Rezeptor-Tyrosinkinasen: VEGFR 1 bis 3, Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor (FGFR) 1 bis 3 sowie plättchenabhängiger Wachstumsfaktor-Rezeptor (PDGFR) α und β. Diese drei Signalwege spielen eine zentrale Rolle bei der Ausbildung neuer Blut­gefäße und deren Erhaltung (Angio­genese) durch den Tumor.

 

Wirksamkeit und Verträglichkeit des neuen, oral verfügbaren Wirkstoffs wurden im Rahmen der LUME-Lung-1-Studie mit 1314 vorbehandelten Pa­tienten mit fortgeschrittenem NSCLC getestet. Die Teilnehmer erhielten Docetaxel plus randomisiert entweder Nintedanib oder Placebo. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben, daneben wurden die Gesamtüberlebenszeit und die Lebensqualität bestimmt.

 

Patienten mit Adenokarzinomen bildeten die größte Subgruppe, doch war die Studie nicht auf eine bestimmte Histologie beschränkt. »Das ist insofern bemerkenswert, als Therapeutika, die am Gefäßsystem angreifen, bislang Patienten mit Plattenepithelkarzinom nicht gegeben werden dürfen«, erklärte Reck. So komme etwa Bevacizumab aufgrund eines erhöhten Blutungsrisikos für diese Patientengruppe nicht infrage.

 

Progressionsfreies Überleben verlängert

 

Die LUME-Lung-1-Studie erreichte laut Reck ihren primären Endpunkt; das progressionsfreie Überleben war unter Docetaxel plus Nintedanib unabhängig von der Tumorhistologie mit 3,4 Monaten signifikant länger als unter Docetaxel allein (2,7 Monate). Beim Gesamtüberleben war der Unterschied mit 10,1 versus 9,1 Monaten bezogen auf die Gesamtpopulation nicht signifikant, in der Subgruppe der Patienten mit Adenokarzinom dagegen schon (12,6 versus 10,3 Monate). Besonders Patienten, die entweder überhaupt nicht auf die Erstlinientherapie ansprachen oder bei denen der Tumor sehr rasch danach weiter fortschritt, scheinen Reck zufolge von der Therapie mit Nintedanib zu profitieren.

 

Häufigste Nebenwirkungen waren gastrointestinale Beschwerden und Leberenzymerhöhungen, die aber laut dem Mediziner durch supportive Therapien oder Dosisreduktion reversibel beziehungsweise gut beherrschbar waren. Das Blutungsrisiko war zwar bei Patienten mit Plattenepithelkarzinom höher als bei denjenigen mit Adenokarzinom, doch gab es keinen Unterschied zwischen Prüf- und Kontrollarm.

 

Die Zulassung ist dennoch ausschließlich zur Behandlung von Patienten mit Adenokarzinom beantragt. Ausschlaggebend dafür dürfte allerdings nicht das Blutungsrisiko gewesen sein, sondern die geringere Auswirkung auf die progressionsfreie Überlebenszeit bei Patienten mit Plattenepithelkarzinom. /

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa