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Arzneimittelpreise

Ministerium will Hersteller entmachten

09.03.2010  18:11 Uhr

Von Daniel Rücker / Das Bundesgesundheitsministerium arbeitet an einer Reform des Arzneimittelmarktes. Nach deren partiellen Vorveröffentlichung im »Focus« sind sich die Interessengruppen uneins, ob die Vorschläge eine Revolution oder eine Mogelpackung sind.

Immer wieder hatte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) in den vergangenen Wochen betont, ihm liege wenig an einem kurzfristigen Sparpaket für Arzneimittel. Stattdessen solle das System grundsätzlich reformiert werden. An dieser Stelle hat Rösler ohne Frage Wort gehalten, denn das was der »Focus« an diesem Montag berichtete, hat sicherlich keinen kurzfristigen Effekt.

Ein zentraler Bestandteil des Konzeptes, soviel scheint nun klar, ist das Ende der Lufthoheit für die pharmazeutische Industrie bei der Preisgestaltung für patentge­schützte Arzneimittel. Nach dem Bericht des »Focus« sollen die Hersteller die Preise für innovative Medikamente mit den Kranken­kassen aushandeln. Kommt dabei nichts heraus, drohen den Präparaten Höchstpreise, die sich an den Ergebnissen einer Kosten-Nutzen-Analyse orientieren. Diese soll möglichst parallel zur Zulassung vorgenommen werden. Die Kosten tragen die Hersteller. Rund ein Jahr nach der Zulassung sollen Kassen und Hersteller den Erstattungspreis für ein neues Medikament vertraglich vereinbart haben. Bis dahin gilt laut »Focus« der vom Hersteller festgelegte Preis. Wenig Freude dürfte es der Industrie bereiten, dass Kassen und Hersteller auch über die Erstattungspreise von bereits im Markt befindlichen Medikamenten verhandeln sollen.

 

Nach den Vorstellungen des Bundesgesundheitsministeriums werden auch die Me-too-Präparate nicht ungeschoren davonkommen. Ihre Kosten sollen entweder über Festbeträge oder ebenfalls in Verhandlungen zwischen Herstellern und Kassen festgesetzt werden.

 

Die Strategie von Rösler, Teile seines Konzeptes dem »Focus« und anschließend anderen Medien mitzuteilen, und so schon vor dessen für diesen Mittwoch geplanter eigentlicher Veröffentlichung Reaktionen zu testen, ist ohne Frage aufgegangen. Das Feedback kam postwendend. Opposition und Pharmaindustrie halten wenig von den Vorschlägen, allerdings mit diametral entgegengesetzter Begründung. Für die SPD stellte Professor Dr. Karl Lauterbach die Wirksamkeit von Röslers Vorhaben infrage. Die Pharmahersteller würden mit so hohen Preisforderungen in die Verhandlungen gehen, dass sie an deren Ende einen für sie guten Preis ausgehandelt hätten, vermutet Lauterbach, der offensichtliche keine gute Meinung vom Verhandlungsgeschick der Kassen hat. Als »kaum verbrämte Klientelpolitik und nicht mehr als heiße Luft« bezeichnet Kathrin Vogler (Die Linke) Röslers Pläne. Diese unterschieden sich nur marginal von den Vorstellungen der Pharmaindustrie. Rösler verkaufe seinen »Kuschelkurs mit der Pharmaindustrie als radikalen Umbau und Kampfansage an die Konzerne«. Dieser Einschätzung mochte sich die Industrie erwartungsgemäß nicht anschließen. Die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Cornelia Yzer, widersprach schon der Ausgangshypothese, die Arzneimittelpreise seien zu hoch. In anderen Sektoren des Gesundheitswesens entstünden deutlich höhere Kosten. Die Regierung müsse sich entscheiden, ob sie Wettbewerb zulasse oder auf Regulierung setze. Eine staatliche Kosten-Nutzen-Bewertung sei zwar grundsätzlich akzeptabel, sie dürfte aber erst später zum Tragen kommen. Am Dienstag präsentierte der VFA detailliert seine Vorstellungen zur Preisfindung (siehe dazu Forschende Arzneimittelhersteller: Gut versorgte Kranke kosten weniger).

 

Bei der Union reagierte man ziemlich verstimmt auf das BMG-Konzept. Das lag zum einen an dessen Inhalt, zum anderen aber auch am Zeitpunkt seines Bekanntwerdens. CSU-Gesundheitspolitiker Johannes Singhammer empfahl Rösler, statt langfristiger Überlegungen ein kurzfristiges Sparpaket zu entwerfen. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, kritisierte, die Vorschläge seien zuvor nicht in der Diskussion vorgestellt worden. Die Union habe auch erst aus den Medien von den Plänen erfahren. Spahn hatte kurz zuvor, ebenfalls ohne den Koalitionspartner zu informieren, eine auf drei Jahre befristete Erhöhung des Herstellerrabatts um 10 Prozent gefordert.

 

Importverpflichtung vor dem Aus?

 

Mehr Zustimmung kam vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung. Die geplanten Einsparungen seien ein wichtiger Schritt. Es sei gut, dass Rösler an die »überhöhten Preise der Pharmaindustrie ran will«. Auch bei neuen Medikamenten müssten Preis und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Das Preisdiktatat der Hersteller müsse ein Ende haben. Positiv reagierte die Verbraucherzentrale (siehe dazu Verbraucherzentrale: Auch bei Apotheken sparen).

 

Über einen Aspekt in Röslers Konzept werden sich Apotheker freuen. Mit der Einführung von Preisverhandlungen sollen andere Regulierungen wegfallen, dazu gehört die Verpflichtung, preisgünstige Importarzneimittel abzugeben. /

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