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Selektivverträge

Apotheker bleiben außen vor

09.03.2010  16:51 Uhr

Von Werner Kurzlechner, Berlin / Für Krankenkassen und Ärzte hat sich die Integrierte Versorgung in den vergangenen Jahren als lukrative Neuerung entpuppt. Apotheken profitieren von den Selektivverträgen bislang nicht. Daran dürfte sich auch im Spezialfeld der onkologischen Zubereitung wenig ändern.

Das mit den Selektivverträgen muss man sich in etwa so vorstellen wie den Wilden Westen auf der Autobahn: fröhliches Gasgeben ohne Tempolimit, Überholverbot oder Zwang zum Führerschein. So beschrieb es Rechtsanwalt Dr. Thomas Bohle beim 5. Kongress der Gesundheitsnetzwerker vorige Woche in Berlin.

 

»Die integrierte Versorgung ist das Experimentierfeld der Gesetzlichen Krankenversicherung, alles ist erlaubt«, so Bohle. Bohle sprach aus der Sicht der Krankenhäuser und schilderte eine Situation, in der eine Reihe sonst geltender Rechtswirkungen außer Kraft gesetzt seien und Kliniken neue Wege in der Versorgung beschreiten könnten.

 

Kein Platz für Pharmazeuten

 

Nach Bohle referierte sein Kollege Dr. Ulrich Grau im Namen der Apotheken, und er klang weit weniger zuversichtlich. »Die Apotheker können nicht ohne Geschwindigkeitsbegrenzung rechts auf der Avus überholen«, sagte Grau. Denn genau genommen sind sie bislang überhaupt nicht mit auf der Strecke, auf der sich die anderen Akteure des Gesundheitswesens mittlerweile sehr wohl fühlen.

Die Sektion zur Integrierten Versorgung glich ein wenig einem Rollenspiel, in dem die Partner der Berliner Kanzlei Dierks + Bohle den aktuellen Stand zum Thema Selektivverträge jeweils für eine bestimmte Gruppe beleuchteten – allein die Krankenkassen waren mit Professor Dr. Norbert Klusen, Vorstandsvorsitzen­der der Techniker Krankenkasse, selbst auf dem Podium vertreten. In dieser Riege blieb für Apothekervertreter Grau bezeichnenderweise die undankbarste Rolle. Sein Sozius Dr. Martin Stellpflug etwa konnte für die beteiligten Ärzte feststellen, dass die in der Öffentlichkeit oft kritisierten höheren Honorare ja bewusst so gewollt gewesen seien.

 

»Aus Sicht der Ärzte ist die Integrierte Versorgung zu einem zweiten Standbein jenseits der üblichen Fallpauschalen geworden«, so Stellpflug. »Es geht darum, ein Zusatzeinkommen zu akquirieren.« Erfreulich also für die Ärzte, erfreulich auch für die Gewieften unter den Krankenkassen. »Unsere Effizienzgewinne haben wir erzielt«, berichtete Klusen – mehrere 100 Millionen Euro. Erfreulich auch für Patienten, die vom neuen Versorgungskomfort profitieren. Dr. Grau konnte da zunächst nur daran erinnern, dass der Gesetzgeber ursprünglich auch eine Beteiligung der Apotheken an den innovativen Vertragsmodellen im Sinn gehabt haben dürfte. Denn immerhin sei im Sozialgesetzbuch nicht vorgesehen, dass niedergelassene Ärzte und Kliniken in ihren Kooperationen die Medikamentenbelieferung über sowieso zugehörige Krankenhausapotheken abwickelten. Allein gebe es in diesem Bereich keine freie Fahrt. weil der Geltungsbereich der Arzneimittelpreisverordnung anders als andere Regelungen eben nicht aufgehoben worden sei. Deshalb gebe es auch nach mehreren Jahren immer noch keine Apothekenbeteiligung, denn der Barmer Hausarzt- und Hausapothekenvertrag sei ja vom Bundessozialgericht für unzulässig erklärt worden.

 

Neue Entwicklung bei Zytostatika

 

Allerdings gebe es inzwischen eine aktuelle Entwicklung, die zu einer baldigen Beteiligung von bestimmten Apotheken in der Welt der Selektivverträge führen könne. Weil der Gesetzgeber die Preisbindung im Bereich der onkologischen Zubereitungen gelockert habe, könnten einige der 500 darauf spezialisierten Apotheken demnächst mit im Spiel sein, so Grau.

 

Vonseiten der AOK Berlin laufe seit Kurzem eine europaweite Ausschreibung in 13 Losen für Zytostatika herstellende Apotheken. Indes habe es in diesem Fall, wie so oft in der Integrierten Versorgung, bereits einige vergaberechtliche Probleme gegeben (siehe dazu Parenterale Rezepturen: AOK-Ausschreibung vorläufig gestoppt, PZ 09/2010). Alles in allem laufe es auch bei den onkologischen Zubereitungen darauf hinaus, dass alleine die Krankenkasse die Partner mit den niedrigsten Preisangeboten auswählen werde. »Ich bezweifle, dass der Gesetzgeber sich das so gedacht hat«, kommentierte Grau. Neue wirtschaftliche Spielräume eröffnen sich für Apotheken durch das Instrument der Selektivverträge wohl weiterhin nicht. Überhaupt sei der Erfolg der Reform bei den onkologischen Zubereitungen fraglich, bemerkte Grau. /

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