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Mutation

Resistent gegen Grippe

19.02.2014  09:50 Uhr

Von Hannelore Gießen / Bisherige Maßnahmen gegen Grippe wie Impfstoffe und Medikamente setzen beim Virus an, und haben deshalb einen Nachteil: Verändert sich das Virus, wird die Therapie oft wirkungslos. Helmholtz-Wissenschaftlern ist es nun gelungen, Mutationen bei den Wirtsorganismen aufzuzeigen, die vor Erkrankungen schützen – und somit neue therapeutische Ansätze beim Wirt eröffnen.

Influenza-Viren sind an ihrer Oberfläche dicht besetzt mit den Hüllproteinen Hämagglutinin und Neuraminidase, die immer wieder neu kombiniert werden. Mehr als hundert verschiedene Paarungen sind so möglich. Aber auch die Hüllproteine selbst ändern ständig durch Mutation ihre Struktur, sodass einmal gebildete spezifische Antikörper ihre Wirkung verlieren. Deshalb muss der Grippeimpfstoff jährlich modifiziert werden, damit er das Immunsystem möglichst gut auf die aktuell zirkulierenden Influenzstämme vorbereitet.

 

Die beiden Hüllproteine erfüllen unterschiedliche Aufgaben: Neuramini­dase katalysiert die letzte Phase der Virusvermehrung, wenn sich die neuen Virus-Kopien von der Wirtszelle ablösen. Wird dieser Schritt unterdrückt, wird die Vermehrung des Erregers behindert. Wirkstoffe wie Oseltamivir greifen hier ein, doch Mutationen der Neuraminidase begrenzen ihre Wirkung.

 

Hämagglutinin dient dem Virus als Schlüssel, um in die Wirtszellen hinein zu gelangen. Das Hüllprotein muss, um seine endgültige, aktive Form zu erhalten, durch eine molekulare Schere gespalten werden. Diese Aufgabe übernimmt ein Enzym des infizierten Wirtes. Welche Enzyme dies sind, ist noch nicht vollständig geklärt. In Untersuchungen mit Zellkulturen wurden mindestens acht verschiedene Kandidaten aus unterschiedlichen Protease-Familien identifiziert, die an dieser Spaltung beteiligt sein könnten.

 

Ein für den Infektionsverlauf wichtiges Enzym haben jetzt Wissenschaftler um Bastian Hatesuer des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung entdeckt: die Protease Tmprss2. Mäuse mit einer Mutation im Tmprss2-Gen erkranken nicht schwer, wenn sie mit Grippeviren mit einem Hämagglutinin vom Typ H1 infiziert werden. Sie zeigten deutlich weniger Krankheitssymptome wie Lungenschädigung und Gewichtsabnahme im Vergleich zu Kontrolltieren. Die Tiere waren somit resistent gegen Viren vom Typ H1N1, wie den Erreger der »Schweine-Grippe« aus dem Jahr 2009 oder gegen den der gefürchteten »Spanischen Grippe« aus dem Jahr 1918. Auch gegen Erreger mit dem Hüllprotein H3 zeigten die Mäuse einen partiellen Schutz, gegen andere Virustypen nicht. Vermutlich sind bei diesen andere Wirtsproteine für die Aktivierung des Hämagglutinins verantwortlich.

 

Den Wirt im Visier

 

Die Protease Tmprss2 wird auch in humanen Zellen gebildet, schreiben die Forscher im Fachjournal »PLOS Pathogens«. Eine kurzzeitige Blockierung der Protease könnte einen neuen Therapieansatz darstellen, der auch wenig Nebenwirkungen zu haben scheint. Denn bei den mutierten Mäusen konnten die Wissenschaftler keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder phänotypische Veränderungen feststellen. Auch wenn ein entsprechendes Medikament noch lange nicht in Sicht ist, hat die Beobachtung der Forscher noch eine andere Bedeutung: Die Forschungsergebnisse vertiefen das Verständnis für die Pathogenese einer Influenzainfektion. Vermutlich gibt es – analog zu den Mäusen – auch Menschen, die durch ein mutiertes Enzym resistent gegen bestimmte Grippe­viren sind und kaum oder gar nicht erkranken. Sind alle Enzyme entschlüsselt, die beim Menschen die Spaltung des Hämagglutinins katalysieren, könnten therapeutische Maßnahmen entwickelt werden. /

 

Literatur: 

Hatesuer, B., et al.: Tmprss2 is essential for influenza H1N1 virus pathogenesis in mice. PLOS Pathogens, 2013, doi: 10.1371/journal.ppat.1003774.

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