Ethanol in Dosieraerosolen |
18.02.2014 15:52 Uhr |
Von Eric Martin / »Trockene Alkoholiker« sollen Ethanol in jeder Form und Menge meiden. Dies betrifft auch Ethanol-haltige Arzneiformen. Der erste Gedanke gilt hier in der Regel Tropfen und Säften. Doch auch Dosieraerosole können Alkohol enthalten. Ist dies jedoch von Relevanz?
Mit dem Verbot von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) mussten Dosieraerosole auf andere Treibmittel umgestellt werden. Die neuen HFKW-basierten Zubereitungen (HFKW: Hydrofluoralkane) enthalten statt der früher üblichen Treibmittelgemische nur noch ein Treibmittel (134a oder 227). Ethanol wird als Lösungsmittel für den/die Wirkstoff(e) oder für Hilfsstoffe wie Ölsäure zugesetzt.
Pulverinhalatoren als Alternative
Waren FCKW-haltige Dosieraerosole früher ausschließlich Suspensionen, versprüht die weit überwiegende Mehrzahl der heutigen Dosieraerosole Lösungen. Ausnahmen sind Zubereitungen mit den Wirkstoffen Salbutamol, Salmeterol, Fluticason und DNCG einschließlich Kombinationen. Der Einsatz von Lösungen verbessert die pharmazeutisch-technologischen Eigenschaften und vor allem die therapeutische Eignung der Präparate. Die deutlich geringere Partikelgröße verbessert die Lungengängigkeit, die geringere kinetische Energie vermindert die Mund-Rachen-Deposition. Da der Patient das Inhalationsgerät vor Gebrauch nicht mehr schütteln muss, entfällt bei diesen Systemen eine früher häufige Fehlerquelle. Insofern bringt der Ethanolzusatz für den Patienten in erster Linie Vorteile.
Dennoch kann der Zusatz auch Nachteile oder Risiken bergen, etwa für Patienten mit der Anamnese eines Alkoholabusus, die nach einer erfolgreichen Entzugstherapie keinerlei Alkohol mehr konsumieren sollten. Die Menge des pro Sprühstoß freigesetzten Ethanols ist allerdings sehr gering. Sie bewegt sich im einstelligen Milligramm-Bereich. Dennoch ist der Alkoholzusatz olfaktorisch wahrnehmbar und insofern sicher kein hilfreiches Signal.
In diesem Fall kann der Apotheker prüfen, ob der Patient einen Pulverinhalator bekommen kann oder ob es für den konkreten Wirkstoff eine alkoholfreie Formulierung in Form eines Dosieraerosols gibt. Pulverinhalatoren sind vergleichbar gut einsetzbar. Problematisch kann eine zu geringe Atemstromstärke bei Senioren und Patienten mit sehr stark eingeschränkter Lungenfunktion sein. Doch gibt es Pulversysteme, die auch bei vergleichsweise geringem Atemfluss noch zuverlässig funktionieren (Beispiele: Handihaler, Novolizer, Aerolizer, Turbohaler). Ob das Inhalationssystem geeignet ist, sollte individuell geprüft werden und letztlich liegt die Entscheidung zur Therapieumstellung beim behandelnden Arzt.
Vorsicht bei Alkoholkontrolle
Übrigens: Prinzipiell können bei einer Alkoholkontrolle unmittelbar nach der Inhalation kurzzeitig forensisch relevante Konzentrationen erreicht werden (35 µg/100 ml), wobei die Konzentration innerhalb von zwei Minuten auf 5 Prozent des ursprünglichen Spitzenwerts abfällt. Betroffene sollten auf die medikamentöse Therapie hinweisen und darauf bestehen, dass der Alkoholtest zumindest wenige Minuten nach der Applikation erfolgt. /
Literatur
Kircher, W., Arzneiformen richtig anwenden. Dt. Apoth. Verlag Stuttgart, 3. Aufl. 2007, S. 274.